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1966
- 1967 |
Erinnerungen
an das
3.
Heeresflieger-Bataillon 300
in
Niedermendig/Eifel |
Nach
über 35 Jahren fielen mir Bilder und Aufzeichnun- gen in die Hände, die
mir die Wehrdienstzeit wieder in Erinnerung riefen. Ich
engagierte mich damals derart intensiv in der Truppenbetreuung, dass die
Wehrdienstzeit praktisch in mehrfachem Sinne wie im Flug verging.
Damals
verfasste ich eine Broschüre unter dem Titel Randnotizen
eines Vertrauensmannes, von
denen ich einige Passagen hier verwenden werde.
|
Zur
Einstimmung
Am
4. Januar 1966 rückte ich als Rekrut nach Andernach am Rhein zur
Grundausbildung ein. Andernach und Nagold galten in den Anfangsjahren der
Bundeswehr als die härtesten Ausbildungseinheiten der Bundeswehr, was ich
natürlich zu spüren bekam. Mit 8 Mann auf einer Stube in Baracken, die
noch mit einem Kohlenofen beheizt wurden, lernte ich es erstmals, in einer
Gruppe grundverschiedenster Menschen zu leben und zu bestehen.
Gemeinschaftssinn war angesagt, ohne den der Drill nur schwer zu
überstehen gewesen wäre. Individualität wurde heruntergebremst und
Gruppendenken in die Köpfe gehämmert. Entweder es kommen alle an oder keiner. So etwas kannte ich bisher nicht.
Gott
sei Dank hatten wir während der Grundausbildungszeit überwiegend Schnee.
Damit konnte man gut leben, denn man war nicht so dem Schlamm ausgesetzt.
Gegen Ende März 66 machten wir dann doch zunehmend mit der Panzerstraße
der Schmittenhöhe bei Koblenz Bekanntschaft. Schießunterricht, Märsche
von bis zu 30 Kilometern in den Weinbergen des Rheins und Bewegen im
Gelände sowie ein Nato-Manöver waren dann so ziemlich der Abschluss der
Schinderei, ehe wir unserer Bestimmungseinheit, dem 3.
Heeresflieger-Bataillon 300 in Niedermendig zugeteilt wurden.
In
Niedermendig sollte dann der Unterricht zum Bordmechaniker und die
Fahrschule einen breiten Raum einnehmen. So richtig militärisch ging es
eigentlich nur zu den Appellen und den Wachdiensten sowie den zahlreichen
Übungen zu. Der Rest war technische Arbeit und Flugdienst, bei dem es
recht locker und entspannt zuging. Als "Dienst mit der Waffe"
habe ich die Bundeswehrzeit eigentlich nur sehr selten erlebt.
Als
Wehrpflichtiger reichte es gerade mal zum Dienstgrad eines Gefreiten, was
mich aber auch gedanklich nie sonderlich beschäftigt hat. Es ging
lediglich darum, während meiner Wehrdienstzeit 18 Monate Dienst für
die Gemeinschaft zu leisten.
Wissenswertes
über die Heeresflieger aus der Sicht von 1966
Die
Heeresflieger sind eine Waffengattung der Führungstruppen des Heeres.
Ihre Hauptaufgabe ist die Unterstützung des Heeres durch Beobachtungs-,
Verbindungs- und Transportflüge. Die Beobachtungsflüge sind
Informationsflüge für Kommandeure oder Chefs selbständiger Einheiten
zur Beobachtung des Gefechtsverlaufes und des Kampfverlaufes, zur
Erkundung von Geländeräumen durch Luftbeobachter und zur Verbindung mit
der kämpfenden Truppe. Dieser Teil der Funktion wird heute teilweise
durch Satellitenaufklärung und Drohnen übernommen.
Verbindungsflüge
dienen der sofortigen persönlichen Fühlungnahme der Kommandeure
untereinander zum schnellein eingreifen in schwierigen Lagen. Mit Transportflügen
werden werden Truppen und Material in unwegsames Gelände verbracht,
Verwundete und Sanitätsmaterial transportiert und Luftlandeverbände zum
Sprung- und Absetzeinsatz gebracht.
Übungseinsatz
mit "Eintarnen" der H 21 C irgendwo in der Eifel
1966
verfügte die Bundeswehr in dieser Waffengattung über Hubschrauber S58(H34)
der Firma Sikorsky, ferner Maschinen des Types Alouette II
und schwere Transporthubschrauber Vertol H 21 C, die eine
Nutzlast von 2350 kg transportieren konnten.
Im
Übungseinsatz in Belgien - Luftlandetruppen gehen an Bord
Die
Heeresflieger in Niedermendig unterhielten 1966 Beobachtungs- und Verbindungsstaffeln,
die den Divisionen und Korps zur Verfügung standen. Als Maschinen waren
hier Flugzeuge D0 27 und Hubschrauber Alouette II im
Einsatz. Die Transportstaffeln kamen in allen Fällen zum Einsatz,
in denen es auf raschen Transport an Schwerpunkten des Kampfgeschehens
ankam. Der Transport von Blutkonserven, Verbandsmaterial,
Spezialeinrichtungen und Kranken und Verletzten waren einige der
vornehmlichen Aufgaben.
Wartungsdienst
"Motorlauf" |
Ich
selbst war einer der Instandsetzungsstaffeln zugeteilt, die
für die Instandsetzung und den Nachschub an fliegerischem Gerät
aller Heeresfliegereinheiten zuständig war. Nach einer
umfangreichen Ausbildung wurde ich einer Crew als 2. Wart zugeordnet
und war vornehmlich mit der Vorflug- und der Nachflugkontrolle und
den dazugehörigen Wartungsarbeiten betraut. In dieser Funktion gehörte ich bei zahlreichen Überlandflügen zur
Hubschrauberbesatzung einer Maschine.
Es
erscheint mir erwähnenswert, dass der Umgang der Piloten mit dem
technischen Personal besonders locker und vertrauensvoll war.
Schließlich saß man zusammen in einem Boot und war sehr
aufeinander angewiesen. Ein Fehler, wie zum Beispiel ein nicht vorschriftsmäßig geschlossener
Tankdeckel konnte allerdings mit 6 Wochen Flugverbot belegt werden oder man
fand sich bei Transportflügen als Absetzer oder
Lasteneinhänger wieder.
Das
bedeutete aber auch, dass nach abendlichem Eintreffen der Maschinen
noch 2- bis 3-stündige Wartungsaufgaben zu erledigen waren. Bei
Sturm- und Schlechtwetterwarnungen musste man mehrmals nachts die
ordnungsgemäße Verzurrung der Maschinen prüfen, die auf dem
Flugfeld standen.
Die
nachfolgenden Betrachtungen über meine Bundeswehrzeit beinhalten
weniger die vielfältigen flugtechnischen Erlebnisse während meiner
Dienstzeit, sondern hauptsächlich mein soziales Engagement, das ich
als Vertrauensmann der Mannschaften leistete. |
|
Die
Wahl zum Vertrauensmann
Am
27. September 1966 wurde ich zum Vertrauensmann der Mannschaften gewählt.
Eigentlich war ich mir nicht so recht im Klaren darüber, was auf mich
zukam. Nach neun Monaten Dienstzeit glaubte ich, einen guten Durchblick zu
haben und viele Dinge abstellen zu können, die meiner Meinung nach
"faul" waren. Wie bereits erwähnt, wurde während meiner
Militärzeit der Gemeinschaftssinn besonders geschärft. Das Amt des
Vertrauensmannes kam mir sehr gelegen, um der Gemeinschaft und nicht
zuletzt auch mir zu beweisen, dass es nur auf die nötige Initiative des
Einzelnen ankommt, um Dinge in die richtige Richtung zu lenken.
Am
Tag der Wahl war ich sehr nervös und hätte nur allzu gern gewusst, wie
es steht. Als das Ergebnis feststand, nahm ich es als besonderen
Vertrauensbeweis meiner Kameraden. Später musste ich ernüchtert
feststellen, dass meine Kameraden überhaupt nicht so recht wussten, welche
Aufgaben der Vertrauensmann überhaupt hat und für was sie mich gewählt
hatten. Damals (wie vielleicht heute auch noch) fehlte es an der nötigen
Aufklärung der Truppe. Das war für mich auch der Grund, etwas dagegen zu
tun, damit sich das in dieser Einheit nicht mehr wiederholt. Gefahren des
Missbrauches, aber auch viele Chancen stecken in der Funktion des
Vertrauensmannes, wie die weiteren Ausführungen verdeutlichen. |
Der
Mannschaftsraum
Jede
Truppe besitzt Gemeinschaftsräume für die Offiziere, die Unteroffiziere
und die Mannschaften, die in der Freizeit zur Verfügung stehen. In der
genannten Reihenfolge absteigend befindet sich in der Regel das Niveau der
Räumlichkeiten und der Ausstattung. Hierarchie ist bei der Bundeswehr
Alltag. Der Mannschaftsraum der Staffel war
früher einmal eine kleine Kapelle, eine Holzbaracke einfachster
Bauart, der innen im Stil einer Skihütte umgebaut worden war. Darin war
neben einer Theke, zwei Sofas, Tischen und Stühlen ein riesiger
Kanonenofen, der im Winter mächtig heizte. Der Bestand an Gläsern,
Bildern und Krimskrams war in einem jämmerlichen Zustand, da der Raum
schon wochenlang nicht mehr benutzt worden war. Der Raum war eine
"Truppenfürsorgeangelegenheit", jedoch den Mannschaften selbst
überlassen. Seit dem letzten Reservistenabend war der Raum nicht mehr
genutzt worden.
|
|
Beim
morgendlichen Appell (links), im
Hintergrund das Gebäude mit dem Mannschaftsraum, ferner
Bilder vom Mannschaftsraum |
Am
nächsten Tag stellte ich mich dem Staffelfeldwebel als neuer
Vertrauensmann vor und wurde von ihm - einem altgedienten Soldaten - mit
guten Ratschlägen versorgt. Gleichzeitig händigte er mir die
Mannschaftskasse aus, die mein Vorgänger dort deponiert hatte. Zu meinem
größten Erstaunen befanden sich darin ganze 7,-- DM, obwohl immer die
Rede von 150 bis 200 DM gewesen war. Ein Heft der Schriftenreihe
"Innere Führung, der Vertrauensmann" war meine einzige
Unterlage und Anleitung für meine Aufgabenstellung. Eine Schulung, wie es
in Betrieben üblich ist, gab es nicht.
Wegen
der Kasse rief ich meine Stellvertreter und den Mannschaftsältesten
zusammen. Nach und nach stellte es sich heraus, dass in den letzten
Wochen, in denen die Hütte in Betrieb war, angeschrieben worden war. An den
Tagen "vor dem Ersten" herrschte im Mannschaftsraum Hochbetrieb,
da es hier noch Bier gab, wenn das Geld längst all war.
Bedauerlicherweise hatte der vorhergehende Vertrauensmann in den letzten
Tagen vor seiner Entlassung die Schuldenliste verschwinden lassen, so dass
wir nun mit leeren Händen da standen. Meine Bemühungen, die Liste zu
rekonstruieren, blieb erfolglos. Ich war gezwungen, dem
Staffelkapitän die Angelegenheit vorzutragen. Natürlich war Empörung die einzige Reaktion
und der Ratschlag, mich schriftlich an den alten Vertrauensmann zu wenden.
Dass hier eine disziplinarische Verfehlung bzw. eine Unterschlagung
vorlag, kümmerte ihn wenig. Dermaßen ernüchtert verließ ich ihn und
griff zur Selbsthilfe.
Anfang
Oktober kamen wieder ca. 30 neue Soldaten aus der Grundausbildung zu uns.
Es war grundsätzlich so üblich, dass die Neuankömmlinge DM 2,50 pro
Mann und Nase für den Mannschaftsraum entrichteten. Meine ganze Hoffnung
bestand darin, mit dieser Gruppe den Mannschaftsraum neu zu betreiben.
Nach einer kurzen Vorstellung der inzwischen tadellos aufgeräumten
Einrichtung sammelten wir insgesamt DM 71,-- ein, auf denen wir aufbauen
konnten. Mein nächster Gedanke galt einer Kassen-
und Bestandsführung, die vor zukünftigem Missbrauch schützen sollte.
Das Kassenbuch enthielt neben den Umsätzen auch die Bestände und eine
Möglichkeit zum Quittieren der Übernahme und der Übergabe. So gerüstet
lief der Betrieb im Mannschaftsraum wieder an und der bescheidene Gewinn
führte innerhalb eines Monats bereits zur Verdreifachung unseres
Kassenbestandes. Regelmäßige Prüfungen der Kassenführung durch den
Staffelfeldwebel hielten das Verfahren in geordneten Bahnen. Schwierigkeiten
gab es nur, die richtigen "Wirte" zu finden, die bis spät in
die Nacht hinein ohne jede Vergünstigung "die Stellung"
hielten. Ein Opfer für die Gemeinschaft bringt halt nicht jeder Kamerad.
Bei einigen Wirten waren kleine Unregelmäßigkeiten an der Tagesordnung,
die entweder am eigenen Alkoholkonsum lagen oder einfach an der
Unfähigkeit, Geld zu wechseln. Einige Wirte bezahlten auch ihre eigenen
Getränke nicht. Darauf angesprochen glichen sie zwar die
Differenzbeträge aus, jedoch der Gewinn blieb auf der Strecke. Ein
größerer Anreiz bestand, als die Wirte am nächsten Morgen bis um 9 Uhr
dienstbefreit waren. Allerdings meldeten sich bis auf wenige Ausnahmen
lauter niedere Geister, die der Aufgabe nicht recht gewachsen waren. Im
Laufe der Zeit beunruhigte es mich, dass aus den anfänglichen
Kartenspielen im Mannschaftsraum lange Pokernächte wurden, bei denen sich
die Spielleidenschaft merklich erhöhte und die Einsätze immer höher
wurden. Einige Kameraden luden sich so hohe Spielschulden auf, dass man
mit Bestimmtheit sagen konnte, wer am Wochenende Dienst machen musste, um
wieder zu Geld zu kommen. Beim Versuch, die Spielsucht zu unterbinden,
stieß ich auf heftigen Widerstand mit dem Ergebnis, dass auf der Stube
weitergespielt wurde. Um
die Aktivitäten etwas zu verlagern, bemühte ich mich um einen Radio,
einen Verstärker und Boxen sowie einen Plattenspieler. Beim
Versorgungsunteroffizier grub ich derartige Geräte aus, die allerdings
komplett defekt waren. Sie stammten offenbar aus dem Offizierskasino, das
neu ausgerüstet worden war. Nach der teilweisen Reparatur in Selbsthilfe
war mehr Geselligkeit angesagt und die Spielerei nahm deutlich ab. |
Ende
November ging ich eine Woche in Urlaub. Während dieser Zeit übergab ich
die Kasse und den Dienst an einen Kameraden, der innerhalb einer Woche
einen Fehlbestand von 125 DM bewerkstelligte. Die Rekonstruktion der
Ereignisse ergab, dass aus der Kasse heraus Geld verliehen worden und
sogar eine Heimfahrt per Taxi finanziert worden war. Unter der Hand war
die Kasse und der Dienst weitergegeben worden ohne die nötigen
Aufzeichnungen zu führen. Die
Angelegenheit ging aus wie das Hornberger Schießen und auch die
Staffelführung erachtete es nicht für notwendig, einzugreifen. Die
Krönung war dann, als nach einer mehrtägigen Gefechtsübung die Kasse
aus dem Spind des letzten Wirtes plötzlich verschwunden war. Da der Spind
"aufgebrochen" war, verständigte ich die Polizei, die wegen
Einbruch und Diebstahl ermittelte. Später wurde das Verfahren
eingestellt.
Um
die Gelder wieder zu erlangen, ging ich zu einem Rechtsberater, der mich
aufklärte, dass die Mannschaftskasse wie eine Vereinskasse zu sehen sei,
für die der momentane Besitzer gemäß Übernahmequittung voll haftet.
Der Bestohlene selbst hat dann die Möglichkeit der Anzeige. Gegen Ende
meiner Bundeswehrzeit gelang es mir, einen Vertrag über die Rückzahlung
des fehlenden Geldes mit dem Betroffenen abzuschließen, da inzwischen
seine Beförderung auf Eis lag. |
Die
Staffelführung zeigte im Grunde genommen kaum Interesse an der
Einrichtung, die so wesentlich die Freizeitgestaltung der ansonsten nach
dem Dienst recht untätigen Wehrpflichtigen bestimmte.Ich
bin fest davon überzeugt, dass die Staffelführung auf die Frage, wie der
Mannschaftsraum zu bewerten sei, geantwortet hätte:
"Die
"Eifelhütte" ist der Mannschaftsraum der Staffel. Als Raum für
die Unterhaltung der Truppe ist er hervorragend geeignet. Neben den
Möglichkeiten von Spiel, Musik und Fernsehen ist vor Allem die
Möglichkeit des Gespräches von Mann zu Mann und im Besonderen der Gruppe
gegeben. Auch zur Durchführung von Wachbelehrungen,
Mannschaftsversammlungen und mannschaftsinternen Beratungen erfüllt sie
ihren Zweck. Sie ist ein Aushängeschild der Staffel bei Besichtigungen. Sie wurde mit unserer Hilfe und der Initiative der Mannschaften in
Selbsthilfe ausgebaut und wird von uns in jeder Weise gefördert."
Das
System fairer Diensteinteilung
Wer
bei der Bundeswehr war, weiß, welches Ärgernis mit den
Diensteinteilungen verbunden ist. In unserem Fall oblag die Aufgabe einem
höchst fragwürdigen Geschäftszimmerpersonals und einem
Fachgruppenleiter. In den Fachgruppen wurden keinerlei Dienstpläne
geführt und die Dienstschieberei war von Zufälligkeiten und den Launen
des Geschäftszimmerpersonals abhängig. Zweifellos zogen dabei die
"Neuen" eindeutig den Kürzeren, da sie noch unter dem Eindruck
der Grundausbildung standen. Laufend kam es zwischen den Diensten in den
Fachgruppen den Alarm- und den Wachdiensten zu Überschneidungen, die
wieder irgend jemand ausbügeln musste. Die älteren Soldaten glaubten,
keine Dienste mehr übernehmen zu müssen, da sie die gleiche Mühle
durchlaufen hatten. Den verantwortlichen Unteroffizieren mangelte es an
der nötigen Einsicht und Sorgfalt. So kam es oft vor, dass unter Aufsicht
des Zugführers der Dienst ausgeknobelt wurde. Es fehlte einfach ein
vernünftiges System.
Mein
System bestand darin, dass die ca. 80 Mannschaften in vier Gruppen
eingeteilt wurden, die jeweils eine Woche lang alle Dienste bestritten.
Dadurch brauchte jeder Soldat nur noch alle 4 Wochen mit Dienst zu
rechnen. Das bedeutete, dass auch nur alle 8 - 12 Wochen mit einem
Wochenenddienst gerechnet werden musste. Ältere Soldaten konnte man
besser als UvD oder als stellvertretende Wachhabende einteilen.
Interessant war, dass das System auch noch bei einem Ausfall von bis zu
40% des jeweiligen Personals funktionierte.
Eine
wesentlich schwierigere Mission war es, das System einzuführen, da sich
zwangsläufig die älteren Soldaten gegenüber der alten Regelung
benachteiligt fühlten. Gleichzeitig wurde die Aufgabe mir als dem
Vertrauensmann übertragen. Das war ein hartes Brot, bis auch der letzte
Mann von der fairen Anwendung überzeugt war. Die Fachgruppenleiter und
die Staffelführung hatte sich mit dem Vertrauensmann in Fragen der
Diensteinteilung abzustimmen.
Zum
fairen Umgang gehörte es auch, dass an Weihnachten und an Ostern die
Familienväter vornehmlich bei ihren Familien waren und dafür an
Fastnacht und zu anderen Gelegenheiten Dienst schoben.
Das
Kaufen und Verkaufen von Diensten
Neben
der korrekten Diensteinteilung gab es natürlich auch noch das Unwesen des
Kaufens und des Verkaufens von Diensten, das in einen regelrechten Handel
mit Diensten ausartete. Viele Autofahrer mit Zielen in Ballungsräume
verkauften ihrer Dienste, was sie mit 3 zahlenden Mitfahrern locker
finanzieren konnten. Die Käufer waren meistens Kameraden, die stark
verschuldet waren oder keine Lust hatten, nach Hause zu fahren. Ich
griff erst ein, als ein regelrechter Handel blühte und zahlreiche
Wochenenddienste "platzten", weil die Händler nicht rechtzeitig
Abnehmer fanden. Natürlich mussten die ursprünglich zum Dienst
eingeteilten Kameraden die Folgen ausbaden. Erst ein regelrechtes Verbot
durch die Staffelführung machte der Unsitte ein Ende.
Die
Zusammenarbeit zwischen Staffelführung und dem Vertrauensmann
Als
Vertrauensmann hat man das Recht der verantwortlichen Mitarbeit in Fragen
des inneren Dienstbetriebes, der Mitwirkung bei Belobigungen und
Bestrafungen sowie bei bestimmten Beschwerdeangelegenheiten. Leider wurde
der Vertrauensmann immer wieder für Sammlungen eingespannt, weil man das
scheinbar für seine primäre Aufgabe hielt. Bis auf Sammlungen des
Soldatenhilfswerkes betrachtete ich alle anderen Sammlungen für
unangebracht. Sammlungen, die nicht der Öffentlichkeit zufließen,
sollten auch nicht in der Bundeswehr stattfinden. Speziell für die Aktion
Sorgenkind ließ ich mir eine besondere Art der Sammlung einfallen.
Zusammen mit der Staffelführung wurde die Durchführung einer Tombola
besprochen, bei der als Hauptpreise Hubschrauberflüge ausgeschrieben
wurden, die in die nähere Heimat der Gewinner führen sollten. Nachdem
die Beteiligung vieler Kameraden den gewünschten Erfolg brachte, galt es,
die Hauptpreise einzulösen. Leider wurde dann ein großer Teil der Flüge
mangels sorgfältiger Planung nicht durchgeführt. Damit waren alle
nachfolgenden Sammel-Aktionen relativ erfolglos.
Das
Kapitel Mitwirkung bei Belobigung und Bestrafung war ein heikles Kapitel.
Während meiner Amtszeit kam es zu keinerlei Bestrafungen. Dafür aber zu
einer ganzen Reihe von Belobigungen. Abgesehen davon, dass ich zu den
Belobigungsentscheidungen generell nicht hinzugezogen wurde, hatten dei
Belobigungen teilweise recht seltsamen Charakter. Im Soldatengesetz ist
die Mitwirkung strikt vorgeschrieben, da die Belobigung nicht nur
einseitig gesehen, sondern auch aus der Sicht der Mannschaften oder der
Unteroffiziere gerecht sein soll.
Dem
Vertrauensmann oblag es auch, bei der Bearbeitung von Beschwerden
mitzuwirken. Praktisch sah das aber so aus, dass ich die Beschwerde mit
einem Vermittlungsauftrag übertragen bekam. Oft konnte ich die Sache
wieder aus der Welt schaffen. Ganz abgesehen davon, dass dieses Vorgehen
unzulässig war, gewann ich den Eindruck, dass die jeweilige Sache viel
tiefer lag und sich jederzeit wiederholen konnte. Es ging hier
vielfach nur um den
Schutz nächsthöherer Vorgesetzten, die ein Verfahren fürchteten. Es
war in Teileinheiten so üblich, dass Zugführer einem
Mannschaftsdienstgrad die personellen Dinge überließen, weil sie sich
nicht mit Menschenführung herumschlagen wollten. Es kam dadurch
zwangsläufig zu einer lockeren Führungsstruktur, in der der Ungehorsam
überhand nahm. Besonders die Festlegung von technischen
Bereitschaftsdiensten führten immer wieder zu gro0ßen Ungerechtigkeiten,
die nicht ins Gesamtbild passten.
Die
verantwortlichen Offiziere, die Ordnung hätten schaffen müssen, waren zu
sehr mit ihren fliegerischen Künsten beschäftigt, um im Sinne der
Truppenfürsorge tätig zu sein. Die Älteren waren allesamt tollkühne
Flieger mit teilweise interessanter Vergangenheit. Die Youngsters unter
ihnen waren eher Fliegerlehrlinge, die größtenteils mit sich
selbst beschäftigt waren. Außerdem ging es ja auch nur um ein paar
Wehrpflichtige, die sowieso bald wieder verschwunden sein würden.
Eine
Ausnahme bildete der damalige Staffelfeldwebel, der als ehemaliger
Fallschirmjäger des zweiten Weltkrieges, der seine Funktion äußerst
vorbildlich wahrnahm. Er vermittelte uns jungen Soldaten der
Nachkriegsgeneration mit vielen Fahrten zum Westwall, dem berüchtigten Hürtgenwald und in die Ardennen an Originalkriegsschauplätzen und
speziell auf dortigen Friedhöfen, was im zweiten Weltkrieg mit jungen
Soldaten unseres Alters geschehen ist. Durch ihn erfuhr ich erst, wie
friedenssichernd und im Grunde genommen pazifistisch geprägt Wehrdienst
sein kann. Der Wehrdienst sollte uns vor Gefahren schützen, gegen die
Zivilisten im Ernstfall machtlos sind.
Als
ich die Bundeswehr verließ, machten meine "Randnotizen eines
Vertrauensmannes" noch einige Zeit die Runde und es wurden einige
Missstände abgestellt. Ob irgend etwas der damals erarbeiteten
Errungenschaften heute noch praktiziert wird, ist höchst fraglich, würde
mich aber brennend interessieren.
Fazit
Meine
Bundeswehrzeit war eine interessante und abwechslungsreiche Zeit, von der
ich keine Stunde missen möchte. Trotz aller menschlichen Erfahrungen, die
ich machen musste, sind die Heeresflieger in meiner Erinnerung eine
eigenwillige Familie besonderer Typen geblieben. Wenn ich einen meiner
früheren Stubenkameraden gelegentlich treffe, dann schwingt heute noch
die gleiche Begeisterung für die Waffengattung mit, wie wir sie damals
empfanden.
Vielleicht
lässt sich einmal ein Wiedersehen mit Niedermendig mit einem
interessanten Flugerlebnis verbinden - wer weiß!
Anmerkung:
Inzwischen
ist der Flugplatz Niedermending
aufgelöst! - Schade!
Siehe
auch http://www.gemeinschaftmendigerheeresflieger.de/
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