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Hierbei werden auch menschliche Überreste und Erkennungsmarken gefunden. Es wäre
zur Klärung ungeklärter Kriegs- schicksale gut, wenn
der neben stehende Aufruf befolgt würde. |
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alle Militaria-Sucher im Raum Königsberg:
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Die Telefonnummer des Leiters der
Gefallenensucher vom Volksbund lautet
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906 2302651 So
können noch Schicksale geklärt werden!
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2302651 |
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FELDPOST-
Briefe
nach
60
Jahren
|
Achtung:
Besuchen Sie auch
KRIEGSBERICHTERSTATTUNG für eine spezielle
Heimat-Klientel
Eine
Exkursion
in die Vergangenheit
Auf
dieser Website möchte ich meine Leser mit einer Sache vertraut machen, die vielleicht
etwas seltsam anmutet, aber sie bewegt mich, seitdem ich mich damit
befasse. Beim Umzug meiner Eltern fielen mir 2006 mehr als
150 Feldpostbriefe eines nahen Verwandten in die Hände, der mit 18 Jahren
zum Militär kam, mit 20 Jahren in den Russland-Feldzug geschickt wurde
und im Alter von 23 Jahren wahrscheinlich in der Nähe von Königsberg -
genauer gesagt in Groß Hoppenbruch bei Heiligenbeil sein Leben verlor.
|
EUR
24,80 (D) / EUR 26,10 (A) / CHF 45,70
ISBN
978-3-939856-48-1
Das
Buch ist erhältlich
direkt beim
Buchverlag König,
unter klaus.klee@t-online.de
beim
Maintal Tagesanzeiger,
im
Online-Buchhandel oder beim
Buchhändler Ihrer Wahl
|
Zunächst
legte ich die Briefe zusammen mit einigen Bildern zur Seite, nahm sie mir
aber dann doch vor, weil ich so gar nichts von meinem Verwandten
wusste, denn er starb, als ich erst 1 Jahre alt war. Über Walter Michel
wurde in unserer Familie nicht viel geredet, denn man vermied das Thema im
Beisein seiner Eltern. Mir war nur bekannt,
wie sehr sich seine Eltern jahrelang bemühten, etwas über den Verbleib
ihres vermissten Sohnes zu erfahren, bis sie über den
Vermisstensuchdienst des Roten Kreuzes die Nachricht erhielten, dass ihr
Sohn vermutlich in der Nähe von Königsberg Kampfhandlungen zum Opfer
fiel. So richtig daran geglaubt haben beide jedoch nicht und hofften bis
an ihr Lebensende auf die Rückkehr ihres Sohnes. Die Feldpostbriefe waren für die Eltern die einzigen
Lebenszeichen, bis die Kette der Feldpostbriefe am 10. März
1945 plötzlich abriss. Geklärt ist das Schicksal von Walter Michel bis heute
definitiv nicht.
Walter
Michel
geboren
am 11.05.1922
vermisst
seit März 1945
letzte
Feldpost-Nummer
L
19146 (A) Lg.PA Berlin
|
Die
Briefsammlung führte mich zunächst in die Welt der Feldpostbriefe
mit ihren Feldpostnummern, die als Vorläufer der Postleitzahlen
angesehen werden können. Allerdings sind die zugeordneten
Feldpoststellen derart weit von den Orten des Geschehens entfernt,
dass ich annehmen muss, dass es sich um den jeweiligen zugewiesenen
Heimatstandort der Einheit handeln muss. Die Feldpostnummern ändern
sich mit dem Wechsel zu anderen Einheiten, auch wenn der Einsatzort
unverändert blieb. Das galt es erst einmal zu klären.
Meine
Recherchen führten mich auf die Website
Feldpostsammlung, auf der der Aufbau und die Abläufe
erklärt sind.
Nachdem
ich die Briefe geöffnet und geordnet hatte, wollte ich natürlich
auch wissen, was es zu berichten gab. Hierbei stieß ich auf ein
erhebliches Hindernis - die Sütterlin-Schrift. Außerdem wechselte
auch ständig - je nach Einsatzort und Versorgungslage - die
Briefunterlage, die im obigen Bild sogar aus einem Stück grauer
Pappe bestand. Auch konnte man feststellen, dass für manche
Nachricht nur sehr wenig Zeit zur Verfügung stand, weil der
Truppentransport gerade auf irgend einem Bahnhof in Russland hielt.
Dabei wurde mit allem geschrieben, was man gerade zur Verfügung
hatte. Selbst zusammengefaltete Zettel mit der Anschrift auf der
Rückseite erreichten - wenn auch erst nach Wochen - ihr Ziel, um
den Angehörigen zumindest ein Lebenszeichen zukommen zu
lassen.
Aus
den Briefen - besonders den Briefen an Weihnachten und an Ostern -
geht hervor, wie sehr die Trennung von der Familie schmerzte und wie
sich junge Menschen inmitten des irrsinnigen Krieges fühlten, der
nie zuende zu gehen schien. Nachdem
ich mich in die außergewöhnliche Lektüre vertiefte, passierte etwas ganz
seltsames. Über das Geschriebene nahm die Person Walter Michel, die mir
bisher absolut fremd war, Gestalt an und ich nehme bis zum heutigen Tag Anteil an seinen
Ängsten, Wünschen und Hoffnungen, die über 60 Jahre zurück liegen. Ich
versetzte mich in einen jungen Mann, dem man erst die Jugend und dann das Leben
raubte, weil er mit Millionen anderer Hoffnungsträger der damaligen Zeit
in einen sinnlosen Krieg geschickt wurde. |
Aus dem farblosen
schwarz/weißen Bild, das ich
in Händen hielt, tritt jetzt immer stärker ein junger Mann heraus, der
farbig und lebendig zu werden scheint, auch wenn nur noch eine Handvoll
Briefe und eine schwer lesbare Handschrift von seinem Leben zeugen.
Viele
seiner Briefe spiegelten den Angehörigen vor, es sei alles "in bester
Ordnung" und "alles gehe seinen normalen Gang". Dabei ging
aus den Lageberichten des OKW (Oberkommando der Wehrmacht) immer wieder hervor, dass die Front
stets bedenklich nahe war und
die Situationen ganz und gar nicht so harmlos waren, wie er sie in seinen
Briefen schilderte. So sollte jedoch den Angehörigen zuhause die Sorge genommen werden. Das
Nachhausesenden von Geld, um es aufs Sparbuch einzuzahlen, sollte
signalisieren, dass er die Zuversicht eine gute Zeit nach dem Krieg habe.
Paradox
war in jener Zeit, dass sich zuhause die wichtigsten Lebensgüter wegen des Bedarfs an
den Fronten immer stärker verknappten, die Frontsoldaten jedoch genau diese
Materialien nach Hause schickten. Der Austausch von Päckchen in und aus entlegendsten Winkeln des Kontinents war eine der wichtigsten Brücken
zwischen den Angehörigen und den Frontsoldaten, während beide einer ungewissen Zukunft
entgegen gingen.
Ich
veröffentliche die Briefe, damit unsere junge Generation erfährt, was das Leben
- das der Großväter oder Urgroßväter - für die damalige Generation bereit
hielt und wie dankbar man heute darüber sein muss, dass ein Teil der Menschheit
wirklich aus dem
Geschehenen gelernt hat. Dies ist umso wichtiger, da heute schon wieder
große Kriege auf der Tagesordnung stehen, die ähnliches Leid wie damals über
Menschen bringen. Das wird auch dadurch nicht abgemildert,
dass diese Kampfhandlungen politisch als Kreuzzüge gegen den Terror getarnt werden. Die
Auswirkungen und die Begleiterscheinungen sind für die Betroffenen die gleichen.
Sollte
es nach so vielen Jahren noch Kameraden von Walter Michel
oder deren Angehörige geben, die etwas
über den Verbleib und sein Schicksal wissen, dessen letzte
Feldpost-Nummer L 19146 (A) Lg.PA Berlin lautete, so würde sich endlich sein Schicksal
klären. Dazu gehörten namentlich bekannt Alfred Gottschlich
aus Herne, Fritz Schuhmann aus Gotha, Hans Schult
aus Harrisleefeld, Gerhard
Rohloff, 3 Rossin Post Ducherow, Vorpommern und Gottlob Burckhard aus Neidlingen.
|
Auf der Spurensuche nach Walter
Michel konnte über die Zeitzeugen Hermann Lohmann
und Karl-Heinz Schmeelke zumindest die Situation sehr plastisch
rekonstruiert werden, in der sich Walter Michel in den letzten Tagen seines Lebens
befand. Für die großzügige Unterstützung der beiden Herren mit
Informationsmaterial bedanke ich mich ganz außerordentlich.
Inzwischen
habe ich aus dem Kriegstagebuch von Karl-Heinz Schmeelke
eine weitere Dokumentation erstellt, welche die letzten 100 Tage
Ostpreußens als Deutsches Gebiet beschreibt. Auch wenn Walter
Michel während seiner Zeit in Neutief bei Pillau stationiert war,
so war er bereits zu diesem Zeitpunkt dem Kessel von Heiligenbeil sehr
nahe. Die von ihm gewarteten Maschinen flogen vorwiegend Verwundete aus
und führten Nachschub heran. Die Lage kann ihm nicht verborgen geblieben
sein.
Das
nebenstehende Logo führt Sie zu den zeitlichen Querinformationen
über die Kämpfe in Ostpreußen.
|
Die Feldpostbriefe
von Walter Michel wirken auch nach 65 Jahren noch so lebendig, als
sei alles erst gestern passiert. Was er in den letzten zwei Wochen seines
Lebens erleben
musste, ist nicht verbrieft. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass
er dafür in Briefen auch keine Worte gefunden hätte, weil es alles
sprengte, was er
bis dahin erlebte.
|
Der
sinnlose, verbrecherische Tod
Betrachtungen
zur Dokumentation der letzten dreieinhalb Jahre eines jungen
Menschen, der für sein Land, für Macht und Reichtum, für Ehre und Stolz
verblendeter Politiker völlig unsinnig sterben musste.
Auch
über 65 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges sind die
Wunden noch nicht verheilt, die den Menschen vieler Nationen
zugefügt wurden. 50 bis 55 Millionen Menschen fanden in diesem
Krieg den Tod. In den betroffenen Ländern rund
um den Globus war in diesem Zusammenhang immer wieder von "vaterländischen Kriegen" die Rede, die
jede Nation angeblich führte.
Was
sind das nur für "Vaterländer", die ihre jungen
Menschen an der Front und zuhause die Zivilbevölkerungen in
sinnlosen Kriegen verheizen?
-
Wie
verhalten sich Menschen, die in solch extremen Situationen versuchen, daraus jeweils
das Beste für sich zu machen?
-
Was
macht sie zu Menschen, die plötzlich andere Menschen umbringen?
-
Wie
ertragen sie es, wenn sie nur indirekt mit dem Kampfgeschehen zu tun
haben aber dennoch zu Tod und Verderben beitragen?
-
Wie
kommt es, dass sie verwundete Kameraden zurück lassen?
-
Warum
ist es so schwer, später die ungeschminkte Wahrheit über derartige Ereignisse
offen zu legen?
Die
letzten zwei Fragen sind schnell beantwortet:
Es
ist die Angst ums eigene Leben und die Scham, dass Andere ihr Leben ließen und
man selbst unverschämtes "Glück" hatte.
"Das
kurze Leben des Obergefreiten Walter Michel", das nachfolgend
dokumentiert ist, muss um die Vorgeschichte ergänzt werden, damit
begreifbar ist, was wirklich geschah und warum für die Eltern der Schmerz über den
Ausgang so unermesslich war.
Die
Eltern von Walter Michel
|
Walter
Michel wurde 1922 in Frankfurt am Main geboren, nachdem zwei
Jahre vorher das erste Kind von Margarethe (30) und
Wilhelm Michel (37) die
Geburt nicht lange überlebt hatte. Zur gleichen Zeit starb die
Schwester von Margarethe bei der Geburt ihres Sohnes.
Beides brachte über die Familie großes Leid.
Dementsprechend umsorgt und
behütet wuchs deshalb Walter Michel auf. Seine
schulische Ausbildung beendete er 1938 und es deutete alles darauf hin, dass
sein Beruf einmal Maschinenbauingenieur sein sollte. Er begann ein berufsvorbereitendes Praktikum bei der
Firma Heinrich Wörner in Frankfurt-Fechenheim, als ihn die
Einberufung zum Wehrdienst erreichte. |
Nach seiner Grundausbildung
wurde er dem technischen Personal der motorisierten leichten
Feldwerft I./60 der Luftflotte 60 zugeteilt, in der er umfangreich ausgebildet wurde. Mit
dem "Unternehmen Barbarossa" - dem Russlandfeldzug
- veränderte sich schlagartig
sein Leben und er diente ab Januar 1942 in Solzy/Nowgorod, von wo
aus die Städte Leningrad und Moskau bombardiert wurden. Das weitere Geschehen ist
nachfolgend beschrieben.
Welche
Eindrücke erzeugten bei mir welches Bild?
Zunächst
machten die Feldpostbriefe von Walter Michel auf mich den Eindruck,
als handele es sich nicht um Post, die aus der Nähe der Frontlinie
kam. Alles drehte sich um Briefe, Päckchen und
Pakete, das Wetter, die Arbeit und die Verpflegung. Es roch nach
"heiler Welt". Handelte es sich
um wahrheitsgetreue Schilderungen oder sollten die Zeilen nur
vermitteln "Seht - mir geht es gut"? und "Ich sorge
mich um euch". Die Inhalte der Briefe, die er aus der Heimat
erhielt, müssen den gleichen Tenor gehabt und darauf abgezielt
haben, von den Schwierigkeiten in der Heimat abzulenken. Dort stand
die Besorgnis um die Lage an der Front im Vordergrund. Auch hier die Reaktion: "Uns geht es gut" und
"wir machen uns Sorgen um dich".
War
es ein Wechselspiel unterdrückter Wahrheiten, eine Methode, um Hoffnung zu nähren oder einfach nur abhanden gekommener
Realitätssinn für die eigene Gefahrensituation? Alles zusammen
wird eine Rolle gespielt haben, denn beide Teile hörten ja im Radio
gespannt die Wehrmachtsberichte und waren hinlänglich darüber
informiert, was an den Fronten und in der Heimat geschah. Auch
lernten die Menschen, aus den pathosgeschwängerten Nachrichten die
wahren Botschaften herauszufiltern. Zugegeben wurde nur das, was
ohnehin bekannt war.
Gelegentlich
entsteht der Eindruck, dass Briefe auch verschwanden, wenn sie der
Zensur zum Opfer fielen. Auch davon ist später noch die Rede.
Zumindest durfte nicht alles geschrieben werden, was dem Feind
hätte dienen können, wenn er in den Besitz der Feldpost gekommen
wäre. Dazu gehören auch Berichte über die physische und
psychische Verfassung der Truppe. Es sollte nur das bekannt sein,
was das OKW im Rundfunk verbreitete.
Genau
dieser Überblick fehlte mir bei meiner Aufarbeitung der Feldpostbriefe, weswegen
ich mich erst einmal umfangreich über den Russlandfeldzug
informierte. Anhand der dort festgehaltenen Daten und Handlungen
erkannte ich schnell, wie nahe die Einheit von Walter Michel am
jeweiligen Frontgeschehen war. Bei der technischen Betreuung der
Kampfgeschwader, zu denen auch das legendäre
Kampfgeschwader 55 "Greif" gehörte, war man stets in
Frontnähe. Diese Geschwader waren meistens auf Feldflugplätzen
stationiert, die nur 15
- 50 km hinter der Front lagen und die häufig mitsamt der
angegliederten Feldwerft "verlegt" werden mussten, wenn es
die Feindlage erforderte. Es war ein ständiges Rochieren und die
Entfernungen, die bei der Verlegung zurückgelegt werden mussten, waren
aus Sicherheitsgründen manchmal recht groß.
Neben
den Alltagsgeschehnissen und den oft mitunter langweilig anmutenden Inhalten der
Briefe blitzen immer wieder stark empfundene Erlebnisse auf, bei
denen Walter Michel auch mal messerscharf folgerte, was
geschehen wird oder was
hier oder dort geschehen sein muss. Er hat aber auch einen Blick
für die Kultur des Landes und wie der Krieg darauf einwirkte. So berichtet er begeistert über
Stalino (heute Donezk) wie von einer Stadt mit
südfranzösischem Charakter und einige Wochen später davon, wie es dort nun wahrscheinlich
aussehen wird, weil er miterlebte, wie die Deutschen Truppen beim
Rückzug die Städte und die Infrastruktur verwüsteten, damit
der Feind nichts mehr damit anfangen konnte. Selbst war er aber ebenfalls betroffen, wenn
seine Einheit nach eigenen Offensiven wieder an den alten Ort zurückkehrte.
Dann stand kein Stein mehr auf dem anderen.
Das
Ende naht
Als
die Russen dann um Ostpreußen den Sack zu machten und die Soldaten
darüber informiert wurden, wie weit die Amerikaner bereits ins
Deutsche Reich eingedrungen waren, war nichts mehr von Zuversicht
auf eine gutes Ende zu spüren. Immer öfter schrieb Walter
Michel,
dass er das, was er sah, nicht in Worte fassen und erst später
darüber sprechen könne. Allzu schrecklich werden die Eindrücke
gewesen sein, wie wir später noch erkennen müssen.
Zuletzt
erfüllte sich seine Hoffnung nicht,
dass er als inzwischen qualifizierter Flugzeugmechaniker niemals
im sogenannten Erdkampf eingesetzt werden würde. Genährt wurde
dies lange Zeit durch die Fürsorge, die sein Flg. Ingenieur dem gesamten Zug
zuteil werden ließ. Er verhinderte nicht nur, dass die
erfolgssüchtigen jungen Soldaten als Begleitpersonal der
Schlachtflugzeuge verheizt wurden, er sorgte bei allen Verlegungen
auch immer wieder dafür, dass die Einheit gut am neuen Ort ankam und in
keine der berüchtigten Partisanenfallen oder in unvorhergesehene
Kampfhandlungen geriet. Bis auf wenige Ausnahmen ist ihm das auch
gelungen.
|
Schließlich
führte bei diesem Truppenteil die vermeintliche "Sicherheit" vor dem
Erdeinsatz in der Hauptkampflinie dazu,
dass die jungen Soldaten absolut unbedarft waren, was den
soldatischen Fronteinsatz betraf. Als ihre Einheiten dann
aufgelöst wurden, nachdem der Sprit ausgegangen war und die
letzen Maschinen aus dem Kessel ausgeflogen waren, war der
Erdkampfeinsatz unausweichlich gekommen. In den Wirren der
letzten Tage musste Walter Michel auf
vorgeschobenem Posten mit einer handvoll Kameraden einen
kleinen Frontabschnitt halten, dem eine große russische
Übermacht gegenüber stand. So war es dann auch der Kampf
Mann gegen Mann, den er einfach verlieren musste. Es wird der
kurze Moment gewesen sein, in dem man einfach schneller sein
muss als der Gegner. Es galt zu töten um nicht selbst
getötet zu werden. Hierbei war er vermutlich total
überfordert. Bezeichnend ist - wenn man den Schilderungen
Glauben schenkt - dass es nicht möglich gewesen sein soll,
ihn verletzt aus seiner Lage herauszuholen um ihn verarzten zu
lassen. Seine Kameraden müssen wie die Hasen gelaufen sein,
um ihr Leben zu retten. Auch beim Tod des Flg. Ing. Kirschner
ist davon die Rede, dass er schwerverletzt zurückgelassen wurde. |
Benutzten
die Augenzeugen in ihren späteren Berichten die hoffnungslose Lage und die
Schwere der Verwundung als Ausrede, warum sie den Kameraden ihre Hilfe versagten?
Waren sie sich selbst die Nächsten?
In
Kriegen verändern sich Menschen vornehmlich durch
-
die
permanente Angst,
-
das Gebot, schneller als der Gegner zu
sein,
-
die
Eindrücke an der Front infolge von Grausamkeiten,
-
die
permanente Konfrontation mit dem Tod,
-
das
Wissen um die fürchterliche Lage zuhause,
-
schwere
Verwundungen mit anschließender Genesung und
Wiedereinsatz,
-
durch
die Propaganda, die dazu führt, dass man an eine gerechte Sache
glaubt,
-
das
Besitzergreifen bisher unterdrückter Charakterzüge und
Abarten, die selbst zu Grausamkeiten verleiten.
Für
die Soldaten, die aus dem Krieg zurück kommen - auch in der
Folgezeit aus Korea, Vietnam, dem Golfkrieg, aus dem Balkan-Einsatz
oder aus Afghanistan - spielt die Entmenschlichung eine große Rolle und es ist für
Frontkämpfer schwierig, später wieder ein normales Leben zu
führen.
Die
Dokumentation zeigt gleich mehrere Seiten des Krieges, die am Ende zu einem
Ganzen verschmelzen, bei dem die Hinterbliebenen mit all ihren
Empfindungen allein gelassen werden. Dies wieder zu thematisieren,
das ist mein Anliegen.
Klaus
Klee
|
|
Ausdehnung
des Russlandfeldzuges
zu Beginn der Feldpostbrief-Dokumentation
Zu
Beginn des Unternehmens "Barbarossa" war die deutsche Armee
praktisch nicht aufzuhalten. Russland hatte die Wehrmacht und die
Luftwaffe gehörig unterschätzt. So blieb ihnen nur das mehr oder weniger
kontrollierte Zurückweichen. Russland
verlegte die gesamte Industrie hinter den Ural, so dass der Wehrmacht nur
wenig brauchbare Technik in die Hände fiel. In großen raumgreifenden
Bewegungen umschloss die Wehrmacht die russischen Truppenteile und rieb
sie in den so gebildeten Kesseln auf. Die Heeresgruppe B wurde in
Heeresgruppe Mitte umbenannt und trat nordöstlich der Pripjet-Sümpfe
als größte militärische Gruppe der Front zur Eroberung Moskaus
an. Im Südosten strebte die Wehrmacht in Richtung Stalingrad und
in die Kalmykensteppe mit der Stoßrichtung Baku bis der
Winter die Kampfhandlungen erschwerte. Zu diesem Zeitpunkt war der
Höhepunkt erreicht und es sollte mit Ausnahme verschiedener
Gegenoffensiven anschließend nur noch rückwärts gehen.
Die
Luftwaffe befasste sich im Nordosten mit Leningrad und Moskau
und ihre Operationsbasen wurden bis in die Nähe von Nowgorod
vorverlegt. Infolge der großen Entfernungen nutzte man verlassene
russische Flugplätze zur Verlängerung der Operationszeiten der Flugzeuge
oder man richtete Feldflugplätze ein. Dort wurde repariert, aufgetankt
und aufmunitioniert. Die Unterstützung durch mobile technische Einheiten
war dabei unerlässlich. Man stellte Einheiten auf, die man mobile
Feldwerften nannte. Eine dieser Einheiten war die leichte motorisierte
Feldwerft I./60, die der Luftflotte 60 zugeteilt wurde.
Die
Stammeinheit war zum Zeitpunkt des Beginns der Feldpostbriefe in Königsberg
zuhause. Der Operationsraum jedoch weit davon entfernt. Der Flieger Walter
Michel wurde nach Beginn des Russlandfeldzuges nach Solzy /
Oblast Nowgorod verlegt.
Die
Oblast (Verwaltungsbezirk) liegt auf dem Gebiet der osteuropäischen Ebene
südlich von Sankt Petersburg bzw. Leningrad nahe den
baltischen Staaten. Sümpfe und hügelige Gegenden prägen das Gebiet, in
dem auch der Ilmensee liegt. Im Südosten erstreckt sich die Oblast
bis an die Waldaihöhen. Verkehrstechnisch liegt die Oblast gut,
die Verbindung Moskau-Sankt Petersburg verläuft quer durch das Gebiet,
und es bestehen auch Verbindungen in Richtung Westen (nach Pskow
und in die baltischen Staaten) und Süden (Weißrussland).
|
|
Feldpostbriefe
von Walter Michel
|
|
Die
Sammlung der Feldpostbriefe beginnt am 10.01.1942 in Solzy bei Nowgorod.
Auf der unten stehenden Karte markiert die schwarze Linie den Frontverlauf
seit Dezember 1941, während die rote Linie die Veränderungen bis Mai
1942 verdeutlicht. Der mit der Fahne markierte Punkt ist Solzy.
Hieraus ist ersichtlich, wie nahe der Front sich Walter Michels Einheit
befand. Es ist davon auszugehen, dass der Flugplatz Solzy immer wieder
Ziel heftiger Luftangriffe war.
1942
Nachdem
Hitler im Winter 1941 einen Haltebefehl für alle Kräfte an der Ostfront
gegeben hatte, stabilisierte sich die Lage etwas. Die Rote Armee hatte
inzwischen gewaltige Kräfte aufgeboten, denen aber eine entscheidende
Schwächung der Deutschen noch nicht gelang. Die Schlammzeit im Frühjahr
1942 führte zu einer relativen Ruhe an der Front, da sämtliche
motorisierten Kräfte stillstanden. Hitler und das OKW kamen nun zu der
Einsicht, dass der Gegner noch lange nicht besiegt sei und man begann
Pläne für das weitere Vorgehen im Osten zu entwickeln. Der Plan, eine
möglichst defensive Haltung einzuschlagen, wurde bald verworfen; einzig
und allein eine weitere Offensive würde die Sowjets weiter schwächen
können. Aufgrund des langen Frontverlaufes und wegen der bisherigen hohen
personellen und materiellen Verluste der Wehrmacht war an eine
Großoffensive, die sich über die gesamte Front erstreckte, nicht zu
denken. Während im Bereich Mitte und Nord zur Verteidigung übergegangen
wurde, sollte mit allen gepanzerten und motorisierten Kräften die
Sommeroffensive mit Stoßrichtung in den Kaukasus durchgeführt werden.
Besonders die reichen Ölquellen in dem Gebiet standen dabei im
Mittelpunkt der deutschen Offensivbemühungen.
In
den Frühjahrsschlachten des neuen Jahres konnte am 28. Mai unter enorm
hohen Verlusten für die Rote Armee Charkow in einem Vernichtungssieg
erobert werden.
Nachdem
1941 die Krim bis auf die Halbinsel Kertsch und das Belagerungsgebiet um
Sewastopol in deutscher Hand war, sollte 1942 der restliche Raum als
Vorbereitung der Offensive in Richtung Kaukasus in Besitz genommen werden.
Vorbedingung war die Rückeroberung der Halbinsel Kertsch. Vom 15. bis 21.
Mai fanden die Kämpfe ihr Ende. Die Parpatsch-Stellung war durchbrochen
worden und Trümmer der zerschlagenen sowjetischen Verbände retteten sich
über die Straße von Kertsch auf die Taman-Halbinsel. Insgesamt 170.000
Rotarmisten, etwa 21 Divisionen, gerieten in deutsche
Gefangenschaft.
Am
2. Juni begann die eigentliche Schlacht auf der Krim um Sewastopol, dessen
Verteidiger sich erbittert wehrten und endete am 5. Juli. Hierbei wurde
erstmals Dora, das größte Eisenbahngeschütz aller Zeiten mit einem
Kaliber von 80 cm eingesetzt. Die Krim hatte knapp neun Monate lang eine
ganze Armee gebunden, auf einem zwar nicht nebensächlichen, doch
isolierten Kriegsschauplatz. Propagandistisch wurden mit diesem Sieg sowie
der fast gleichzeitigen Einnahme Tobruks in Nordafrika erneut große
Hoffnungen in der deutschen Bevölkerung geweckt.
Am
21. Juli überschritten deutsche Kräfte den Don, wodurch die ersten
Schritte für den Vormarsch auf Stalingrad eingeleitet wurden. Zwei Tage
später konnte Rostow am Don erobert werden. Nach der Teilung der
Heeresgruppe Süd in die Heeresgruppen A (Generalfeldmar- schall List, ab
November unter Generaloberst von Kleist) und B (Generaloberst Freiherr
Maximilian von Weichs) begann die Heeresgruppe A am 26. Juli den
konzentrischen Vormarsch in Richtung Kaukasus, während die Heeresgruppe B
auf die Wegnahme Stalingrads angesetzt wurde. An den Kämpfen im Kaukasus
beteiligten sich 20 von den späteren 90 Ostlegionen. Diese Aufstellungen
nationaler Minderheiten unter deutschem Kommando waren Ausdruck einer seit
dem Winter 1941/42 verstärkten Bemühung, die rein militärische
Kriegsführung im Osten mit einer Form politischer Kriegsführung zu
verbinden. Der Masseneintritt ehemaliger Rotarmisten in die deutschen
Streitkräfte war die Stalin bewusste „Achillessehne“ der russischen
Wehrkraft und wird in der Geschichtsschreibung des „Großen
Vaterländischen Kriegs“ bis heute gerne übergangen. In der Roten Armee
häuften sich Anzeichen von Disziplinlosigkeit, ganze Truppenverbände
liefen zu den Deutschen über. Beim Vormarsch wurde von stark
antibolschewistischer Einstellung russischer Bevölkerungsteile berichtet.
In
dieser Krisensituation befahl Stalin „Rückzugsstimmung der Truppe“
bedingungslos zu unterbinden. Nun entstanden die berüchtigten
Sperrverbände des NKWD. Unmittelbar hinter unzuverlässigen Divisionen
sollten sie im Fall eines ungeordneten Rückzugs jeden Flüchtenden
erschießen.
Insgesamt
liefen die Operationen, was den Raumgewinn im Kaukasus betrifft, innerhalb
weniger Wochen ab. Am 4. August wurde Stawropol eingenommen, am 9. August
Krasnodar- und der Kuban überschritten. Den rumänischen Verbündeten
gelang es die sowjetische Verteidigung an der Ostküste des Asowschen
Meeres von Norden her aufzurollen und die Taman-Halbinsel von „rückwärts“
her zu öffnen. Maikop fiel am 9. August in deutsche Hand und die Zugänge
zur Ossetischen- und Grusinischen Heerstraße wurden in Besitz gebracht.
Auch das Elbrus-Massiv selbst wurde genommen, am 21. August wehte auf dem
5.633 m hohen Gipfel die Reichskriegsflagge. Ein am 26. August beginnender
Angriff auf Tuapse wurde nach zwei Tagen angehalten, dafür wurden am 31.
August und am 6. September nach schweren Kämpfen die Hafenstädte Anapa
sowie Noworossijsk, wichtigster Stützpunkt der Schwarzmeerflotte,
genommen. Im Hochgebirge hatten deutsche Truppen die wichtigsten
Passübergänge eingenommen und vorübergehend auf breiter Front nach
Süden überschritten – sie standen 20 km vor der Küste des Schwarzen
Meeres bei Gudauta. Östlich des Elbrus standen die deutschen und
rumänischen Truppen in den Flussabschnitten des Baksan und des Terek bis
Naurskaja. Nördlich davon verlor sich die Front an der Kuma, in der
Nogajer Steppe und in der Kalmykensteppe.
Am
9. September enthob Hitler Feldmarschall List seines Kommandos als
Oberbefehlshaber der Heeresgruppe A. Bis zum 22. November 1942 übernahm
er die Führung der Heeresgruppe persönlich und beauftragte dann
Generaloberst v. Kleist mit dem Oberbefehl. Die Offensivbewegungen der
Heeresgruppe waren ohnehin bereits zum Abschluss gekommen, als durch die
Einkreisung der 6. Armee bei Stalingrad eine ernste Gefahr für die
südlich des Don stehenden Truppen heraufzog. Als die sowjetischen Truppen
am 27. Dezember die Stalingrader Front durchstießen, mussten die
besetzten Gebiete im Kaukasus von der Heeressgruppe A aufgegeben werden.
Die am 31. Dezember eingeleitete Rückzugsbewegung vollzog sich in drei
Etappen, wobei der Kuban-Brückenkopf trotz ständiger Einengung bis zum
9. Oktober 1943 behauptet werden konnte.
Zeitlich
parallel zur Schlacht von Stalingrad fand unter dem Decknamen Operation
Mars westlich von Moskau eine weitere Großoffensive gegen die deutsch
Front statt. Diese sowjetische Offensive gegen die deutschen Verteidiger
unter General Model geriet zu einem solchen Desaster, daß die Sowjets
alle Aufzeichnungen darüber unter Verschluß hielten. Daher war diese
Schlacht bis zur Veröffentlichung des Historikers David M. Glantz
praktisch in Vergessenheit geraten.
Von
dieser Zeit gibt es von Walter Michel nur wenige Briefe und es ist auch nicht
bekannt, welche Dienste er nahe Nowgorod verrichtete. Man kann jedoch davon
ausgehen, dass er in seiner Einheit Kraftfahrzeuge und Flugzeuge wartete.
Am 29.12.1942 wurde er parallel zur zurückweichenden Front nach Stalino in die Ukraine
verlegt.
|
Fahrt
nach
Solzy
|
10.01.1942
Feldpost-Nr. L 15987
L.G.P.A.: Königsberg
Russland
10.01.42
Liebe
Eltern!
Heute
sind wir den 14. Tag auf der Bahn und immer noch nicht am Ziel. Wir haben
bisher über 2500 km zurückgelegt. Kaum Menschen zu sehen. Es ist eine
furchtbar langweilige Landschaft und wir sind immer im Güterwagen. Die Fahrt
führt uns immer der Front entlang. Wie wir gefahren sind, kann ich Euch
erst später einmal schreiben, damit genug.
Übrigens
habe ich in Nowgorod b. Solzy auch einen Brief von Euch bekommen mit
Neujahrsgrüßen. Nun zu Euch. Wie ist es zuhause? Alles noch in Ordnung?
Nun muß ich schließen, denn wir fahren weiter.
Es
grüßt Euch herzlich
Euer
Walter.
|
Solzy
Oblast
Nowgorod
|
21.03.1942
Feldpost-Nr. L 15987(A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
31.03.1942 Brief Nr. 52
Liebe
Eltern!
Habe
vor einigen Tagen Euren Brief vom 9.1. erhalten. Ferner zudem den Luftfeldpostbrief vom 10.3., dieser war nicht abgestempelt, so konnte
ich fünf Mark für einen Luftfeldpostbrief bezahlen. Für beide Briefe
meinen allerbesten Dank. Über den ersten Brief ist nicht viel zu
schreiben, denn er ist sehr sehr veraltet. Pakete habe ich bis jetzt noch
nicht erhalten.
Im zweiten Brief seid Ihr der Meinung, dass durch die
Kampfhandlungen der Flugbetrieb beeinträchtigt sei, aber dies ist nicht
der Fall. Im Gegenteil, spürbarer als je. Es wird Großeinsatz geflogen.
Nach Aussagen der Flugzeugführer sei der Russe schwer im Laufen. Ihr
werdet in nächster Zeit im Wehrmachtsbericht hier unsren großen Erfolg
feiern. Damit ende ich für heute.
Es
grüßt Euch herzlich und hofft, dass bei euch alles in bester Ordnung und
gesund ist.
Euer
Walter
|
Solzy
Oblast
Nowgorod
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15.04.1942
Feldpost-Nr. L 15987(A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
15.04.1942 Brief Nr. 58
Liebe
Eltern!
Endlich
habe ich gestern wieder nach 17 Tagen von Euch die letzte Post und heute
wieder die zuerste erhalten. Für beide meinen sehr herzlichen Dank.
Erster
Brief vom 2. d. M. :
Mit
den Russen macht Euch mal keine Kopfschmerzen, denn vielen von uns ist es
genauso ergangen. Und von denjenigen, die noch unterwegs sind, müssen
auch welche entkommen. War eine Vermutung, die ich heute erhielt vom
10.1.42. Oder sie sind dem Russen in die Hände gefallen. Wir waren
schließlich über ¾ - telst eingeschlossen.
Anmerkung:
Mit
letzterem Hinweis war der russische Vorstoß über die Waldai-Höhen
gemeint, der südlich von Nowgorod durchgeführt wurde.
Ferner fragt Ihr wegen
Urlaub. Urlaub? Ist bei uns groß geschrieben. Von uns ist bis jetzt noch
niemand gefahren. Wie das so weiter gehen soll, ist fraglich. Die
Verpflegung geht einigermaßen. Aber nur mit einem großen Nachteil und
daher gibts jeden Tag Eintopf.
2.
Brief vom 9. d.M.:
Mit
Rauchereien ist es auch nicht gut für mich. Und von privat zu kaufen ist
einfach zu teuer. Zigaretten kosten 30-35 Rpf. Schickt mir bitte
Zigarettenpapier. Damit genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
|
Geschehen
an anderen Frontabschnitten
Die
Kämpfe um Charkow brachten für einige Einheiten Entlastung.
Der
Russlandfeldzug war entweder von grenzenlosem Staub
oder
knietiefem Schlamm gekennzeichnet |
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Solzy
Oblast
Nowgorod
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30.11.1942
Feldpost-Nr. L 37824(W) L.G.P.A.: Königsberg
Russland,
30.11.1942 Brief Nr. 36
Liebe
Eltern!
Habe
heute den Brief Nr. 20 vom 22. d. M. erhalten, dafür meinen besten Dank.
Ihr schreibt darin, dass Ihr 23 Obstbäume gepflanzt habt; ist das nicht
etwas viel?
Habe
ich heute noch Euer Paket vom 17. d.M. (Nr. 38) erhalten. Meinen besten
Dank hierfür.
Die Hausschuhe sehr gut. Kaffee prima.
Neues gibt es hier
nicht. Alles beim alten.
Es
grüßt euch herzlich
Euer
Walter
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Solzy
Oblast
Nowgorod
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04.12.1942
Feldpost-Nr. L 37824(W) L.G.P.A.: Königsberg
Russland,
4.12.1942
Liebe
Eltern!
Habe
gestern Abend Euren Brief vom 23.11. erhalten, wofür meine besten Dank.
Entschuldigt bitte, dass ich euch ganze 10 Tage nicht geschrieben habe.
Aber bei uns sind halt die hälfte Leute auf Schulung, sodass die einzigen
Leute, die noch da sind, dafür viel Arbeit machen. Ich bin daher abends
recht müde, dass ich nicht mehr Luft zum Schreiben habe.
Dass in
Stuttgart die Feindflieger waren, habe ich schon im Wehrmachtsbericht
gehört. Ihr zuhause auch. Hoffentlich kommt etwas derartiges nicht in
Frankfurt vor.
Heute
sind wir auch durch Flieger überrascht worden, es war 10 Uhr 15. Wir
arbeiteten an Maschinen. Auf einmal kommen 6 Flugzeuge im Tiefflug an.
(Martin-Bomber
und der eiserne Gustav). Ihre Bomben warfen sie auf das Rollfeld, und
uns belegten die Kerle mit Bordwaffen. Wir waren im ersten Augenblick sehr
überrascht und wussten nicht, was los ist. Aber als wir erst dem ersten
Sturm entkamen, in den Gräben, da weinten wir, wie es noch nie der Fall
war.
Es
sind dies nur Augenblicke, aber das lässt uns Deckung suchen, so gut und
so schlecht es geht. Unsere Jäger (die ganze Gruppe) starteten sofort im
Alarmstart. Und schon nach ca. 20 Minuten wurde gemeldet, dass alle 6
Maschinen abgeschossen sind. Unsere Jäger jagten denen hinterher und am
Abend hatte die Gruppe über 20 Abschüsse. Bei uns ist nichts passiert.
Das
mit dem Hunger habe ich zur Kenntnis genommen. Ich werde alles
versuchen.
Aber hier, wenn 14 Männer auf der Stube sind, kann man kaum
Pakete packen.
Damit
für heute genug. Morgen fahre ich auf Bergung. Wir sind ca. 3 Tage weg.
Es
grüßt Euch herzlich
Euer
Walter
|
Solzy
Oblast
Nowgorod
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16.12.1942
Feldpost-Nr. L 37824(W) L.G.P.A.: Königsberg
Russland,
16.12.1942
Liebe
Eltern,
Habe
gestern Abend Euren Brief Nr. 22 vom 3. d.M. und gestern den Brief vom
1.12. erhalten. Ferner ist heute das nette Weihnachtspaket angekommen.
Für alles miteinander meine allerbesten Dank. Über das Paket war ich
sehr erstaunt. Ihr habt Euch damit sehr angestrengt. Hoffentlich habt Ihr
Euch nicht weh getan. Im übrigen ist das Paket sehr gut angekommen.
Nun
zum 1. Brief vom 1.12.:
Du
schreibst hierin vom Metzger Bingemer mit Schwiegertochter ; so weit ist
es doch noch nicht?
Im übrigen Eure Hinweise
und Anleitungen habe ich zur
Kenntnis genommen. Ich werde mir die beste Mühe geben.
2.
Brief vom 3.12.:
Dass
meine 80 RM und mein Kaffee gut angekommen ist, freut mich. Onkel Fritz
hat mir geschrieben. Ihr schreibt, dass Fräulein L. Ewald sich nach
meiner Anschrift erkundigt hätte. Aus welchem Grund kommt sie dazu? Ist
sie noch BDM-Führerin?
Überraschende
Fliegerangriffe hatten wir in der letzten Zeit nicht mehr. Hoffentlich
werden wir in Zukunft davon verschont.
Ich
bitte Euch, meine gesamte Post jetzt - bis auf weiteres - auf die neue
Feldpost-Nr. L 37824(W) zu schicken, da die Truppe den ganzen Winter bei
uns bleibt.
Mit
den aufgegebenen Zigarren muss ich sicher auch noch etwas warten, da uns
im Augenblick schlecht geht. Drum es wird an Weihnacht wieder angespart.
Damit schließe ich für heute und wünsche Euch ein recht frohes
Weihnachtsfest.
Es
grüßt Euch herzlich
Euer
Walter
P.S.
Zu Weihnachten kann ich Euch wieder nichts schenken.
|
Solzy
Oblast
Nowgorod
|
20.12.1942
Feldpost-Nr. L 37824(W) L.G.P.A.: Königsberg
Russland,
20.12.1942
Liebe
Eltern,
Habe
heute ein 2. Weihnachtspaket erhalten, wofür meinen besten Dank. Die
Zigarettenspitze ist richtig, auch sind die übrigen Sachen zu gebrauchen.
Hier ist noch alles beim alten. Das Wetter ist zur Zeit auch sehr mild.
Wir haben nur 5-10° kalt.
Morgen früh fahre ich wieder auf Bergung und
zwar nach Starija-Rossa.
Liebe
Eltern, nun möchte ich Euch noch ein recht glückliches "Neues
Jahr" wünschen.
Hoffentlich bringt uns dieses Jahr alles Gute und
Frieden!?
Ihr habt die 2. Weihnachten allein verbracht? Hoffentlich gut.
Es
grüßt Euch herzlich
Euer
Walter
|
Solzy
Oblast
Nowgorod
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24.12.1942
Feldpost-Nr. L 15987 L.G.P.A.: Königsberg
Russland,
24.12.1942 Brief Nr. ? (nicht mitgezählt)
Liebe
Eltern,
Da
ich gerade heute am "Heiligen Abend" Wache habe, kann ich so
richtig über alles nachdenken. Wie schön es war, zuhause zusammen
Weihnachten zu feiern. Jetzt seid Ihr die ganzen Weihnachten allein
zuhause und ich stehe jetzt im 2. Jahr hier draußen. Hoffentlich sind wir
1943 beisammen.
Wir hier haben es uns auch etwas gemütlich gemacht und
eine kleine Feier und ein fröhliches Schneemann bauen auf den Bunkern
veranstaltet. Es ist sehr schön. Auch ist für das Nötigste gesorgt. So
hat jeder 1 Flasche Branntwein, 1 Flasche Likör, 1 Sekt. Ferner 114
Zigaretten, 7 Zigarren, 12 Zigarillos, 1 Stollen (1 ½ Pfund schwer) und
ein Teller Gebäck bekommen. Auch sind ein Teil Beförderungen heraus
gekommen. Hierbei war ich endlich auch dabei. Aber trotz allem - Weihnachten
zuhause ist doch schöner.
Hierzu
kommen noch die Pakete von zuhause. Das letzte Paket mit den Handschuhen
ist jetzt auch eingetroffen. Für all die schönen Pakete mit dem
wertvollen Inhalt meinen allerbesten Dank.
An
den beiden Feiertagen arbeiten wir bis 13 Uhr. Wir haben sehr viel Arbeit.
Und zwar stehen wir vor einer Verlegung ins Unbekannte.
Ich bin zur Zeit
bei den Kraftfahrern und helfe mit, die Fahrzeuge in Ordnung zu bringen.
Vielleicht bleibe ich dabei.
Nun bitte ich Euch aus diesem Grund meine
ganze Post nurmehr auf die alte Nummer L 15987 zu schicken.
Damit
für heute genug.
Es
grüßt Euch recht herzlich und wünscht Euch ein glückliches "Neues
Jahr"
Euer
Walter
|
|
Am
27. Dezember 1942 wurde die motorisierte leichte Feldwerft I.60 von Solzy/Nowgorod
nach Stalino verlegt und kam am 21. Januar 1943 dort an. Die
schwarze Linie zeigt den Frontverlauf Ende Dezember 1942. Die rote Linie
verdeutlicht die Geländegewinne der russischen Winteroffensive 1943,
wobei Stalino beinahe eingeschlossen worden wäre. Mit der blauen
Linie wurde die Fahrtroute gekennzeichnet, die kurz nach
unserer Passage teilweise wieder im Feindgebiet lag. Es ist davon auszugehen, dass es auf dem Flugplatz
STALINO sehr hektisch zuging, auch wenn Walter Michel stets
"Normalität" vermittelte.
1943
Die
Schlacht um Stalingrad markierte einen psychologischen Wendepunkt im
Krieg. Ab diesem Zeitpunkt war der Glauben an den „Endsieg“ in der
deutschen Bevölkerung kaum noch vorhanden.
Die
Stärke der nicht-deutschen Truppen betrug Anfang 1943 rund 176 Verbände
mit rund 150.000 Mann. Hinzugekommen waren Anfang 1943 noch zwei
Infanteriedivisionen.
Auf
dem Südflügel entwickelte sich im Raum Charkow-Belgorod die Lage sehr
kritisch. Am 9. Februar musste die Gebietshauptstadt Belgorod geräumt
werden.
Am
Morgen des 16. Februar musste die Stadt Charkow aufgegeben werden, um der
drohenden Einkesselung zu entgehen – die spektakulärste Niederlage in
den Wochen nach Stalingrad. Am 21. Februar begann die deutsche
Gegenoffensive. Manstein verfügte lediglich über 354 Panzer, wobei ihm
etwa 1.800 sowjetische Panzer gegenüberstanden. Bis zum 5. März wurde
das Gebiet bis zum mittleren Donec
zurückerobert. Es wurden erhebliche Geländegewinne erzielt, einem
völlig irritierten Gegner hohe Verluste beigebracht und wieder eine
geschlossene Front hergestellt, wodurch der völlige Zusammenbruch der
Ostfront im Frühjahr 1943 verhindert wurde. Charkow wurde am 14. März
zurückerobert.
Eine
weitere Offensive im Sommer, die Operation Zitadelle, sollte den
Frontbalkon bei Kursk ausräumen, musste jedoch auf dem Höhepunkt der
Schlacht wegen der Landung der Alliierten auf Sizilien abgebrochen werden.
Die Rote Armee konnte die Offensive unter hohen Verlusten zum Stehen
bringen (Panzerschlacht bei Kursk, genauer: Prochorowka).
Nach
mehreren sowjetischen Gegenoffensiven in den folgenden Monaten musste die
Wehrmacht an der ganzen Front den Rückzug antreten, wobei auch die
Halbinsel Krim bis April 1944 geräumt werden musste. Bis November 1943
war Kiew wieder in der Hand der Sowjets, Deutschland lief Gefahr, seine
Verbündeten zu verlieren und in Italien errichteten die Alliierten eine
zweite Front.
|
Fahrt
von Solzy
nach
Stalino
Donezk
|
01.01.1943
Feldpost-Nr. L 15987 L.G.P.A.: Königsberg
Russland,
01.01.43
Liebe
Eltern!
Heute,
seitdem wir seit Tagen unterwegs sind, komme ich endlich einmal dazu, euch
ein Paar Zeilen zu schreiben. Wir sind auf großer Fahrt. Fahren kreuz und
quer. Aber wohin wir fahren, wissen wir nicht. Jetzt sind wir nahe der
deutschen Grenze. Wohin wird es gehen?
Seid bitte nicht unglücklich, wenn
ich längere Zeit nicht schreibe, denn wir werden noch lange unterwegs
sein.
Damit
für heute genug.
Es
grüßt euch herzlich
Euer
Walter
|
|
Auf
der Bahn von Solzy (Nowgorod) nach Stalino
Bilder
von Walter Michel
2000
Km auf offenen und in geschlossenen Wagen unterwegs |
Die
Fahrt wird immer wieder unterbrochen... |
...weil
die Strecke geräumt werden muss |
Sturmgeschütze
auf dem Nebengleis |
Bahnhof
Kursk |
Soldatenfriedhof
an der Strecke |
Fabrikgebäude
an der Bahnline |
Großstadtbahnhof |
|
|
Zerstörtes
Bahnhofsgebäude in Kramatorskaya |
Bahnhofsgebäude
Kramatorskaya |
Zerstörter
Lokschuppen an der Strecke |
Bahnhof
Slawjansk (heute Slovians´k südl.Isjum) |
|
|
Die
1. und 3. KG 40 Stalino beginnt am 9. Januar 1943
von
Stalino aus mit ihren Versorgungsflügen nach Stalingrad
Die
Einheit bestand aus 18 Maschinen des Typs FW 200. Beim ersten Flug transportierte Major
Hans-Jürgen Williers 36 Tonnen Versorgungsgüter (Treibstoff, Munition,
Verpflegung, Medikamente) in den Kessel und brachte 156 verwundete
Soldaten mit zurück. Als der russische Druck auf den Kessel zu stark
wurde, wurde die Last mit dem Fallschirm abgeworfen, das in vier
Behältern unter den Flügeln angebracht war. Die Flüge wurden später
mit dem Zusammenbruch der Versorgung Stalingrads eingestellt.
Anschließend wurden 35 Einsätze über der Halbinsel Krim geflogen, ehe
die Einheit wieder nach Berlin/Staaken zurückverlegt wurde. Neun
Maschinen gingen in Russland verloren.
Focke-Wulf
Langstreckentransporter FW 200
Ferner
waren in Stalino Schlachtflugzeuge vom Typ HE 111 stationiert, die
zusammen mit anderen Kampfflugzeugen Stalingrad und andere Frontabschnitte
anflogen. Auch dieser Maschinentyp, der in Stalino wartete, war für die
motorisierte leichte Feldwerft I./60 völlig neu und verlangte der
Wartungstruppe alles ab.
Schlachtflugzeug
HE 111
|
Fahrt
von Solzy
nach
Stalino
Donezk
|
15.01.1943
Feldpost-Nr. L 15987 L.G.P.A.: Königsberg
Liebe
Eltern!
Heute
sind wir glücklich nach dem 19. Tag auf der Bahn und noch immer nicht am
Ziel. Zwar ja mehr wir uns der Front näher führen, geht es langsamer.
Wir mussten in den letzten Tagen auch öfter auf Bahnhöfen längere Zeit
stehen und warten auf Lok.- Wechsel und bis die Strecke frei ist. Zur Zeit
stehen wir in einer größeren Industriestadt. Hier ist mir auf einem
kleinen Heldenfriedhof in der Stadt ein Name aufgefallen.
Schütze
Hans Kirchhof
Geb.
31.1.23
Gest.
21.5.42
F.P.N.
42908 D.
Sucht
bitte im Adressbuch nach, ob dies der Fechenheimer ist. Damit genug für
heute.
Es
grüßt Euch herzlich
Euer
Walter
|
Stalino
Donezk
|
21.01.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
21.01.1943
Liebe
Eltern,
Heute
sind wir nach 24 Tagen endlich am Ziel angelangt. Dort sind wir mit
unserem Stab und den andern Zügen zusammen getroffen. Wir arbeiten
zusammen auf einem Platz. Es ist etwas neues: He 111. Dafür haben wir gute
Unterkünfte. Steinbauten. Aber ich glaube, wir bleiben nicht lange hier.
Den Namen Kirchhof fand ich in der Stadt Kromsomskaja.
Für heute genug.
Dass nächste mal schreibe ich mehr von der Fahrt.
Es
grüßt euch herzlich
Euer
Walter
19,
20, 1, 12, 9, 14, 15
(= STALINO nach durchnummeriertem Alphabet)
|
Stalino
heißt heute Donezk und liegt in der Ukraine.
Die
Truppenverlegung erfolgte praktisch von der Grenze zu Estland bis in die Nähe des
Schwarzen Meeres.
|
Stalino
Donezk
|
27.01.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
27.01.43
Liebe
Eltern!
Nachdem
wir schon eine Woche hier sind, haben wir unsere Unterkünfte wohlig
eingerichtet. Wir haben uns Betten und Tische gebaut, sodass es jetzt
etwas gemütlicher ist.
Die
Landschaft hier im Süden ist schöner als im Norden. Das Gelände ist
hügelig. Es gibt Berge und Täler. Allerdings Wald gibt es hier fast
keinen. Auch die Häuser der Bevölkerung sind besser. Man hat hier
Steinhäuser. Die Bevölkerung ist auch freundlicher. Die Felder sehen
gepflegt aus. Man findet sogar richtige Obstgärten.
Wir
waren sehr erstaunt (hatten uns verwundert) als wir her kamen, denn wir
dachten nicht daran, dass der Winter hier doch auch sehr kalt ist. Es ist
alles mit Schnee bedeckt. In den letzten Tagen hatten wir 30 -37° unter
0.
Arbeit
haben wir in Hülle und Fülle, das könnt Ihr Euch ja denken. Die
Arbeitszeit ist von 5 Uhr bis 18 Uhr. Dabei sind ½ stunde Mittag.
Damit
für heute genug.
Wie
ist es zuhause? Hoffentlich alles gesund und munter.
Wie klappt es mit dem
Radio? Ist er fertig. Wie hat Du ihn hingeschickt?
Und der
Füllfederhalter? Wie ist es unterwegs? Über Königsberg oder Breslau?
Briefmarken
kann ich im Augenblick nicht schicken.
Wir bekommen zur Zeit nur drei
Zigaretten pro Tag.
Ich habe Euch eine Luftpostmarke und zwei Paketmarken
beigelegt.
Nun bitte ich Euch, mir verschiedenes zu schicken.
Und zwar: 1.
Marmelade, 2. Zigarettenmaschine, 3. Wund-Salbe, 4. Russland-Karte, 5.
Tinte, 6. Drehbleistift mit Minen 1,2 mm.
Wenn
ihr keine zu kaufen bekommt, dann schickt mir Silberdrehstift.
Das
wäre für heute alles.
Es
grüßt Euch herzlich
Euer
Walter
|
Stalino
Donezk
|
04.02.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
04.02.43
Liebe
Eltern!
Seit
Tagen wartete ich sehr auf Post von Euch, aber vergebens. Es kommt keine.
In
diesen ernsten Tagen ist man besonders auf Post eingestellt. Bei uns ist
noch alles in bester Ordnung. Wir gehen unserer Arbeit in Ruhe und Frieden
nach. Hier haben wir furchtbar viel Arbeit. Es wird gearbeitet von früh
morgens bis spät in die Nacht hinein.
Nun zu etwas anderes. Hat
Karlheinz B. in der letzten Zeit nach Hause geschrieben. Ich habe sehr lange von ihm
wie auch von ..... keine Post mehr erhalten. Wie ist es zuhause. Noch
alles in Ordnung. Hoffentlich ja.
Es
grüßt euch herzlich
Euer
Walter
Anbei
eine Luftfeldpostmarke
|
Stalino
Donezk
|
09.02.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
09.02.43
Liebe
Eltern!
Gestern
habe ich Euren Brief Nr. 31 erhalten (vom 29.01.43), wofür meinen
allerbesten Dank. Die Briefe Nr. 25-30 sowie die Päckchen Nr. 42-44 habe
ich noch nicht erhalten. Hoffe sehr, dass ich sie noch bekomme. Auf die
Fahrt noch einmal zurück zu kommen: In den Güterwagen haben wir sehr wenig
gefroren, denn wir hatten uns einen Waggon Kohlen mitgenommen. Die Knochen
hat sich niemand verfroren.
Nun
zu Eurem Brief:
Wir sollten weiter nach
Kuban, aber es ging nicht mehr. Im
übrigen hat sich die Lage hier gebessert. Der Russe geht weiter zurück.
Auch sind von uns wieder Kessel gebildet worden. Ich bin der Meinung, dass
in diesem Frühjahr und Sommer hier die Entscheidung fällt. Denn es sind
mächtige Verstärkungen eingetroffen. Also hoffen wir das Beste.
Bei uns
ist es zur Zeit toll mit Arbeit. Wir stehen um 4 Uhr auf, um 4 Uhr 45
beginnt die Arbeit und endet um 18 Uhr. Oft geht es auch durch bis 22 Uhr.
Damit genug für heute. Nun bitte ich euch noch, schickt mir eine neue
Taschenlampe; meine ist nämlich bei der Fahrt kaputt gegangen. Damit
schließe ich für heute. Hoffentlich geht es Euch noch gut.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Stalino
Donezk
|
13.02.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
13.02.43
Liebe
Eltern!
Habe
vor einigen Tagen Euere Briefe vom 2.1. und 2.2. erhalten, wofür meinen
allerbesten Dank.
Robert, Wilhelm, Heinrich,
Hans, ferner Richard Ewald zur
Kenntnis genommen.
Im 2. Brief betrifft Radio:
Diesen benötige ich im
Augenblick nicht, weil wir auf der Stube jetzt einen Lautsprecher haben,
der an einem Apparat vom Feldwebel angeschlossen ist
(Wehrbetreuungsgerät). Die Lage hier ist immer noch ernst. Aber um uns
geht es noch. Im Übrigen werden wir in den nächsten Tagen verlegen.
Seid
bitte nicht beunruhigt, wenn ich längere Zeit nicht schreibe, aber ich
kann nicht.
Damit genug für heute. Ich hoffe, dass zuhause alles in
Ordnung ist.
Ich
bitte Euch, geht bei Fliegeralarm in den Keller und in Deckung. *
Es
grüßt Euch herzlich
Euer
Walter
|
|
*An
dieser Stelle ist eine Anmerkung angebracht.
Am 29.04.2010 wurde ich
von einem Leser angesprochen, der berichtete, dass es am 10.02.1943
einen Luftangriff auf den Flugplatz Stalino gab, bei dem es
Todesopfer gab. Eines der Opfer war sein Onkel. Auf einem der
nachfolgenden Bilder sind die Gräber der Opfer zu sehen. Im
Vordergrund ein Kreuz auf dem das Todesdatum 10.02.1943 ersichtlich
ist. Nur drei Tage später schrieb Walter Michel an seine
Eltern recht belanglose Dinge, wie man oben lesen kann. Kein Wort
schrieb er über die Luftangriffe, die sich über den ganzen Tag
erstreckten, sicher, weil er seine Eltern nicht beunruhigen wollte.
Vielleicht wurde aber auch ein Brief von der Zensur abgefangen. Erst am 15.06.1943
erwähnte er den Tod von Feldwebel Wedler, der am 10.02.43 ums Leben
kam. Interessant ist aber der Satz, dass die Einheit in den
nächsten Tagen verlegen würde und er längere Zeit nicht schreiben
könne. Entweder wurde die Einheit kurzfristig in Sicherheit
gebracht oder er war leicht verwundet. Den nächsten Brief schrieb
er erst 2 Wochen später. Am Ende
des Briefes befand sich allerdings ein Satz, der aus dem erlebten
Bombenangriff resultieren könnte und - in Sorge um die Angehörigen - den Luftangriffen
der Alliierten im Raum Frankfurt galt.
Der
Leser dieser Website stellte mir die Abschrift eines Briefes zur
Verfügung, aus dem hervorgeht, wie dessen Onkel ums Leben kam und
in welcher Gefahr sich auch Walter Michel befand. Im Gegensatz zu
den handschriftlichen Briefen von Walter Michel wurde den
Angehörigen eine Abschrift in Schreibmaschinenschrift
ausgehändigt. Das lässt den Schluss zu, dass eine Zensur im
heimatlichen Amt im Kreis Bigge stattgefunden hatte. Vermutlicht
handelt es sich um stark reduzierte Schilderungen, um den Grauen des
Krieges zu kaschieren und um eine Anreicherung mit Pathos zur
Heldenverehrung. Aus dem Brief geht indirekt hervor, dass die zuvor
übermittelte amtliche Todesnachricht ebenfalls nicht exakt der
Wahrheit entsprach, weil die ganze Wahrheit damals wahrscheinlich nicht ins Bild
passte.
Hier
ist der Text des Briefes:
|
A
b s c h r i f t
Osten,
1.6.43
Liebe Familie Spiekermann
Ihren
Brief, den ich heute erhielt, möchte ich gleich beantworten.
Die Annahme der Partei, dass Heinz durch Beschuss vom
Flugzeuge aus den Tod erlitt, ist irrig. Ich will versuchen,
Ihnen einigermaßen einen Bericht darüber zu geben. Am 10.
Februar 1943 hatte der Russe seit 6 Uhr früh fast
ununterbrochen mit zahlreichen Bombern angegriffen. Um 13.15
Uhr erfolgte ein besonders heftiger Angriff, der vor allem dem
Liegeplatz unserer Staffel galt. Heinz und sein Kamerad Arno
waren vor der Unterkunft, vor der sich ein Splittergraben zog,
und versuchten die Geräte in Gang zu bekommen. Als die erste
Bombe ein Haus nahe unserer Unterkunft zerstörte, sprangen
die Beiden, Heinz und Arno, mit noch 20 anderen Kameraden in
den Graben. Die zweite Bombe schlug 5 m vor mir ein und ich
hatte keine Zeit mehr, in den Graben zu laufen, doch da ich im
toten Winkel lag, gingen die Splitter über mich hinweg. Kurz
darauf erfolgte ein weiterer Einschlag und als ich mich
aufrichtete, sah ich, dass diese Unglücksbombe als
Volltreffer direkt in den Graben gehauen war, in dem Heinz und
Arno lagen. Sie waren sofort tot. Mit zwei anderen Kameraden
habe ich Heinz unter den anderen Toten hervorgezogen und wir
konnten ihm leider nur noch die Augen zudrücken. Mit allen
militärischen Ehren haben wir die Beiden auf dem
Heldenfriedhof von Stalino begraben. Den Stahlhelm, der ihn
vielleicht geschützt hätte, wenn er ihn aufgesetzt hätte,
und seinen geschnitzten Stock habe ich an das Holzkreuz
genagelt. Da Stalino
eingeschlossen wurde, mussten wir rausfliegen und sind
woanders hingekommen. In Kürze kommen wir wieder nach
vorn und es ist selbstverständlich, dass wir einen
Blumengruß ihm bringen, wenn wir durch Stalino kommen
sollten.
Ich
bedauere, dass Sie noch nicht den vollen Geldbetrag erhalten
haben, aber es war in den Wirren des Rückzuges schon ein
Kunststück, dass wir überhaupt Heinz seine Sachen
wegschicken konnten.
Es grüßt Sie
Ihr
gez. Jochen Matthies
Beglaubigungsstempel
Datum:
25. August 1943
|
|
Die
Passage mit dem schützenden Stahlhelm dürfte kaum so im Originalbrief gestanden
haben, denn die Wartungseinheiten arbeiteten nur mit einfachen
Kopfbedeckungen. Hier wurde Logik mit Unwissenheit gepaart zur
freien Dichtung, um Erklärungen für den ungeschützten Tod zu
finden. Auf dem Bild des gefallenen Wachoffiziers (weiter unten)
schmückt ein Stahlhelm das Kreuz, während auf allen anderen
Kreuzen keine Stahlhelme zu sehen sind. Der Leser besitzt
offensichtlich ebenfalls ein Bild mit Stahlhelm auf dem Kreuz. Es
ist davon auszugehen, dass hunderttausende Bilder von
Soldatengräbern so dekoriert wurden und es sich ganz selten um
authentische Stahlhelme handelte.
Am Ende der "Abschrift" unterliefen der Zensur
meiner Meinung nach weitere grobe Fehler, als man die spätere
militärische Lage zum
Zeitpunkt der Abschrift (Ende August 1943) mit der Schilderung vom
1.6.43 verwob. Die Einheit wurde tatsächlich erst Ende Juli 1943 von
Stalino
nach Smolensk verlegt. Zu diesem Zeitpunkt bestand kaum mehr die
Aussicht, das verlorene Donezbecken noch einmal zurück zu erobern. Es gab also am
1.6.43 noch keinen Grund für derartige Schilderungen und
Annahmen. Es handelt sich also um reine Trauer-Prosa.
Die erste russische Offensive im Bereich des Donez-Beckens war nach
Berichten des OKW am 23. Februar 43 endgültig gescheitert, weshalb bis Ende
Juni 43 in Stalino wieder Normalbetrieb herrschte und die Frontlinie
über 120 Kilometer weit weg war. Die Einheit wurde also keineswegs
ausgeflogen. Bis auf eine einzige Verlegung benutzte die
motorisierte leichte Feldwerft I./60 generell den Straßentransport
oder die Bahn. "Ausfliegen" und "Entsatz" stand
für Rettung in größter Not sowie wiedererlangte Sicherheit und absolute Kontrolle. Der Kriegsjargon schlug
also sogar im Trauerfall
durch.
Aus
heutiger Sicht kann man nur schwer verstehen, dass trauernde
Angehörige derart falsch benachrichtigt wurden, zumal die jungen Männer
für Volk und Vaterland gefallen sind. Im Trauerfall ist Zensur
absolut fehl am Platz. So wird aus einem tristen Friedhof am
Flugplatzrand kurzerhand ein "Heldenfriedhof" und man drückte
angeblich Augen von Toten zu, die von einem Volltreffer getroffen wahrscheinlich nahezu zur Unkenntlichkeit
zugerichtet waren. Man kann nur erahnen, wie realitätsnah der
Originalbrief an die Eltern des Toten geschrieben war, wenn man ihn bei der Abschrift derart
zensierte und kaschierte. Scheinbar blühte in manchen Schreibstuben der Heimatfront die
Phantasie im Dienste des Nationalsozialismus.
Für die Angehörigen ist diese späte Erkenntnis
jetzt sicherlich erschütternd und nur schwer zu verstehen..
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Bilder
von Walter Michel aufgenommen
Ju90
und zwei HE 111
Ju90
in Wartung
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Jagdflugzeug
vor dem Start
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Grab
von Wachoffizier Horst Weller
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HE
177 Greif bei der Abnahme
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Lastensegler
Gotha Go 242-0
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Trümmer
eines Jagdflugzeuges Fw 190
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Zugmaschine
und Werkstattwagen
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Motorwartung
eines Kampfflugzeuges
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Flieger-AS
bei Übernahme der Maschine
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Hauptmann
Corall
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Stalino
Donezk
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27.02.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
27.02.43
Liebe
Eltern!
Da
ich heute gerade Wache habe, komme ich endlich wieder einmal dazu, zu
schreiben. Ich habe zwar am 23.2. einen Brief ohne Luftfeldpost
geschrieben, aber den werdet Ihr noch nicht haben, denn in der letzten
Zeit wurde nur Luftfeldpost befördert. Die beiden Briefe vom 22.1 und
24.2. habe ich erhalten und im Brief vom 23.2. beantwortet. Für beide
Briefe meinen herzlichen Dank.
Hier hat sich die Lage sehr gebessert. Die
Eisenbahn ist wieder frei und verkehrt planmäßig. Die Alarmstufen sind
ganz aufgehoben. Wir hatten hier sogar nochmal Alarmstufe 3. Die Panzer
waren bis 20 km vor der Stadt durchgestoßen. Aber die Luftwaffe zerschlug
sie. Jetzt ist die Front wieder 120 - 150 km abgerückt. Natürlich lässt
die Arbeit bei uns nicht nach, wir haben mehr zu tun als je. Damit ist
mein Bericht zur Lage zu Ende.
Wie
sieht es zuhause aus mit Luftangriffen? Hoffentlich seid Ihr davon
verschont. Aber geht bei Fliegeralarm in Deckung. Denn bei Euch wird
rechtzeitig gewarnt. Und es ist nicht überraschend. Damit für heute
genug.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
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Stalino
Donezk
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23.03.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
23.03.43
Liebe
Eltern!
Habe
heute 3 Päckchen Nr. 51, 52 und 53 vom 9.2. erhalten, wofür meinen allerbesten Dank. Nach langer Zeit ist endlich das erste Päckchen
eingetroffen. Die andern werden hoffentlich auch noch eintreffen. Bei uns
ist alles in bester Ordnung.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
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Stalino
Donezk
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24.03.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
24.03.43
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euren Brief vom 16. d.M. erhalten. Ferner habe ich heute einen Brief
durch unser Nachkommando vom 27.12.1942 erhalten. Für beide Briefe meinen
allerbesten Dank. Weihnachts- und Neujahrsgrüße habe ich von allen
Bekannten und Freunden erhalten mit denen ich mich schreibe. Nur von Onkel
Reinhardt nicht. Auch hat er mir bis jetzt noch nicht geschrieben. Warum?
Weiß ich nicht. Über H. Arnold bin ich informiert. Und kann mir nicht
erklären was ein solch festes Verhältnis bedeuten soll.
Über
das Pakt vom 7.1.43 das zurück gegangen ist, bin ich beruhigt. Es ist
glücklicherweise nicht verloren gegangen.
Du sollst wieder zum
Ernährungsamt? Wer weiß, für was es gut ist!?
Ja, das Wetter macht uns
Sorgen, denn es will und will nicht Sommer werden. Gerade taut es mittags
sehr gut, aber nachts friert es immer noch. Auch pfeift ständig ein sehr
scharfer Wind. Unter Fliegerangriffen haben wir jetzt nicht mehr zu
leiden. Es ist jetzt gut zu ertragen. Damit für heute genug.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Stalino
Donezk
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27.03.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
27.03.43
Liebe
Eltern!
Habe
gestern Euer Päckchen Nr. 50 vom 6.3. mit Druckbleistift und Bonbons
erhalten, wofür meinen allerbesten Dank. Es ist sehr gut angekommen.
Liebe Eltern, heute habe ich wieder einmal Wache. Es ist heute ganz gut zu
ertragen. Wir haben Windstille und die Sonne scheint. Aber immer noch
nicht so warm, dass man den Mantel aus lassen kann.
Auf
den Brief vom 16.3. zurückzukommen. Soll Papa die alte Rolle im
Ernährungsamt wieder übernehmen oder weiter suchen?
Nun
habe ich noch eine Bitte an Euch. Und zwar bitte ich Euch, mir im
nächsten Brief einige Briefumschläge beizulegen.
Im Dienst gibt es
nichts neues. Auch ist alles in bester Ordnung.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
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Stalino
Donezk
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30.03.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
30.03.43
Liebe
Eltern,
Habe
gestern Euren Brief vom 24. d.M. erhalten, wofür meinen allerbesten Dank.
Ferner habe ich heute Euer Päckchen Nr. 54 vom 11.3. erhalten, auch
hierfür meinen allerbesten Dank.
Das
mit Christine Mi. ist mir wieder ein typischer Fall vom Fechenheimer
Bauamt. Größere Sachen zu bauen ohne Baugenehmigung. Wie wird unser
neuer Zaun. Wie arbeiten die Belgier? Und von wem und von welchem
Unternehmer? Mit Willi Fröhlich ist zwar auch bedauerlich, aber doch noch
gut.
Mit
dem Radio ist weiter nicht schlimm, denn, wie ich Euch schon geschrieben
habe, haben wir einen auf der Stube. Die Zigarettenmaschine, wie auch der
Druckbleistift ist schön und gut. Die Maschine ist wie die französische.
Hier ist noch alles beim alten und in bester Ordnung.
Nun
bitte ich Euch noch, mir Kopierminen 1,2 mm und Klebstoff zu schicken.
Anbei
1 Luftfeldpostmarke.
Es
grüßt Euch herzlich
Euer
Walter
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Wehrmachts-
bericht
vom
7.4.1943
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Das
Oberkommando der Wehrmacht berichtete am 7. April 1943 wie folgt:
(Aus
dokumentarischer Sicht wurde der Originaltext belassen, um die damalige
offizielle Sicht der Führung zu verdeutlichen)
Die
Wende des Winterkrieges
Als
der winterliche Oststurm die Horden der Steppe gegen die deutschen
Stellungen im Osten trieb, die deutsche Front am Donbogen
eingedrückt und Stalingrad abgeschnitten war, als deutsche
Verbände sich planmäßig vom Feinde absetzen mussten und es den Sowjets
in der Winterschlacht 1942/43 gelang, an anderen Abschnitten in die
deutschen Fronten und Stellungen einzudringen, glaubte der Herr dieser
Horden, den entscheidenden Sieg in der Tasche zu haben, und in den
Metropolen seiner Hilfsvölker in London und Washington sprach man von der
endgültigen Wende des Krieges im Osten.
Mit
dem Winteranfang begann dieser Steppensturm. Aber schon acht Wochen
später, am 23. Februar, konnte die Führung der Wehrmacht feststellen: In
der großen Winterschlacht im Südteil der Ostfront hat der Feind seine
weitgesteckten Ziele nicht erreicht; da es ihm nicht gelang, die am
Ostrand des Donez-Industriegebietes festgefügte Front der
deutschen Truppen zu durchbrechen, versuchte er sie, nordwestlich
ausholend, im Rücken zu fassen. Verbände, denen es gelang, in den
Rücken der deutschen Front zu kommen, wurden gefaßt, eingeschlossen und
vernichtet. Diesem Schicksal erlagen vor allem die sowjetischen Verbände,
die aus der Gegend südlich von Charkow gegen den Dnjepr
vorgetrieben wurden, also den Verbänden des Feindes, die am weitesten
nach Westen gelangt waren, den "Vorposten auf dem Marsch zur
Entscheidung".
Die
Feststellung des Oberkommandos der Wehrmacht bedeutete keineswegs das Ende
der Winterschlacht, und noch nicht einmal ihre Wende. In bisher kaum
erlebter Härte gingen die Kämpfe weiter. Aber zunächst war wenigstens
an den wichtigsten Teilen der Front der Feind zum Stehen gebracht. Die
Menschenwalze aus den Steppen des Ostens hatte Ihre Schwungkraft verloren
und war auf eine Bremsbahn gestoßen, hinter der sich ihre endgültigen
Ziele in den Schleiern der Schneestürme verloren. Unsere Kartenskizze
stellt in großen Zügen den Ablauf der Kämpfe seit dem Fall Stalingrads,
also seit Anfang Februar dieses Jahres, dar. Die großen Kampfräume sind,
da sich die Feind- und Eigenbewegungen nicht im einzelnen wiedergeben
lassen, in Vierecke zusammengefaßt, die ständigen Brennpunkte des
Winterkampfes durch Kreise gekennzeichnet.
Wenn
man die Skizze vom Süden nach Norden betrachtet, hat man zunächst das
Kaukasusgebiet vor sich. Die Pfeile, die die Bewegungen deutscher und
feindlicher Kräfte skizzenhaft wiedergeben, zeigen, daß sich die
östliche deutsche Kaukasusfront, die rerekfront, planmäßig vom Feinde
absetzen konnte und das der Feind den naheliegenden Versuch machte, die
sich nach Westen bewegenden deutschen Truppen zu umfassen. Das mißlang.
Die
Deutschen bildeten zunächst einen Brückenkopf, der Krasnodar
einschloß, gaben die Stadt aber etwa um die Mitte Februar auf, als der
Feind mit verstärkten und schwer überlegenen Kräften seine
Umfassungsversuche fortsetzte. Es entstand der vielgenannte Kuban-
brückenkopf, der die Mündung des Kubans
und die Stadt Noworossijsk ausholend umfaßte und den der Feind,
nachdem der Wettlauf mit den Deutschen zu seinen Ungunsten geendet hatte,
vergeblich von Norden her eindrücken zu können glaubte. Von Süden her
hatte er bereits in den Wochen vorher Noworossijsk angegriffen, in
dessen Hafen er auch immer wieder ohne Erfolg zu landen versuchte.
Nach
dem Einbruch in den Donbogen und der
westlichen Bewegung der deutschen Verbände drückte der Feind sowohl
frontal wie auch von Süden her (aus dem Kaukasus-Vorgebiet) gegen unsere
Fronten. Er erreichte den unteren Don,
überschritt ihn, scheiterte jedoch mit jedem Durchbruchsversuch, nachdem
die deutschen Verbände sich von dem gefährdeten Rostow
abgesetzt und am Mius eine
festgefügte Front errichtet hatten. Aber schon Mitte Februar setzten im
Raum von Charkow schwungvolle deutsche Gegenstöße ein. Das
Gesicht des Winterkampfes begann sich zu ändern. Der Feind setzte an die
Stelle des direkten Angriffs und Durchbruchs den Versuch, durch Umfassung
zur Entscheidung zu kommen. Die Kämpfe nördlich von Charkow und Kursk
hatten zunächst keine andere als diese Bedeutung, und daneben sollte
der Druck auf die Räume von Orel, Gchatsk, südlich des Ilmensees,
südlich des Ladogasees, vor Leningrad
usw. vor allem die Abziehung von Kräften zur Stärkung der deutschen
Südfront und der möglichen Umfassungs- und Durchbruchsstellen
verhindern. An diesen Brennpunkten (siehe die Kampfräume auf den Karten)
kämpften die deutschen Verbände teils elastisch, teils in erbitterter
Abwehr. Wie jähe Feuersbrünste loderten die Schlachten in den Räumen
von Orel und Kursk, vor dem Ladogasee,
bei Staraja Rußja auf, um nach einiger Zeit zu scheinbar ruhiger
Glut zuzusammenzusinken und dann wieder emporzuflammen, sich jeweils in
den Charakter der Gesamtoperationen der Ostfront fügend.
|
Dort,
wo die deutschen Verbände elastisch kämpften, wurden vor allem ungünstige
Frontziehungen (wie die "Grafschaft" von Demjansk)
korrigiert. Hier und an anderen Stellen, wie im Raume von Rschew,
Sytschewka und Gshatsk, setzten unsere Truppen sich
zum Teil sogar ohne Zwang vom Gegner ab.
Der
schwere Druck des Feindes führte am 17. Februar zur Räumung von Charkow,
der sowjetischen Hauptstadt der Ukraine. Aber nur scheinbar hatte
der Feind hier einen Erfolg erzielt, der ihn der erstrebten
Entscheidung näher brachte.
Die deutschen Truppen verstärkten ihre
eigenen Angriffe, vor allem am mittleren Donez, im Raum
südwestlich von Isjum. Während zwischen Charkow und Kursk
der Kampf elastisch weitergeführt wurde, mußte der Feind dem deutschen
Gegenstoß im Raum von Isjum nach Norden und Nordwesten
ausweichen.
Zum
erstenmal wieder konnte der deutsche Wehrmachtsbericht von der Erstürmung
verlorengegangener sowjetischer Städte und Ortschaffen im Donezraum
berichtenn. So wurden Kramatorskaja und Lossowaja Ende
Februar genommen.
Während
der Feind Anfang März an der Miusfront wiederum zum Angriff antrat,
wurde der deutsche Gegenstoß erfolgreich weitergetragen und
weiterer Geländegewinn erzielt, bis in den ersten Märztagen der
mittlere Donez wieder deutsche
Soldaten und Waffen an seinem Ufer sah. In Richtung Slawjansk
und nordwestlich an Charkow vorbei wich der Feind
zurück.
|
Trotz
Schlamm und Regen erreichten die deutschen Verbände auf einer Frontbreite
von 250 Kilometer den Donez, nahmen Slawjansk
und schlossen die Masse der 3. sowjetischen Panzerarmee südlich Charkow
ein.
Damit
begann ein Kampfabschnitt, der sogar Charkow selbst wieder in
unsere Hand zurückbrachte. Die Eroberung der Städte Walki und Ljubotin
sind Stationen unseres Marsches auf Charkow, auf das der Feind am
10. März zurückgedrückt wurde. Am Ende der ersten Märzhälfte drangen
deutsche Soldaten in Charkow ein und eroberten es in wenigen Tagen
zurück, während westlich Bjelgorod deutsche Truppen auf breiter
Front angriffen und trotz heftiger Gegenangriffe Raum gewannen. Das Blatt
hatte sich also gewendet, und an großen Teilen der Front, insbesondere
der Südfront, war aus der Abwehr ein Angriff geworden. Noch vorhandene
Lücken schlossen sich, fester fügten sich unsere Fronten, hinter uns lag
die schwere Krise, und als Herren der Lage nahmen wir dem Feind die
Initiative aus der Hand. Diese Entwicklung versuchen unsere Karten unter
Verzicht auf alle Einzelheiten wiederzugeben.
.............................
soweit der Bericht es Oberkommandos der Wehrmacht vom 7.4.1943 ..........................
Wie
man sieht, war Stalino ebenfalls gewaltig in Bedrängnis gekommen.
Die Flurzeuginstandhaltungseinheiten waren jedoch gezwungen, die Schlacht-
und Kampfflugzeuge aktiv in Frontnähe zu unterstützen und abgestürzte
oder notgelandete Maschinen zu bergen und wenn möglich teilweise zu
retten. Von alledem berichtete Walter Michel nur sehr
zögerlich. Es ist anzunehmen, dass er nur das nach Hause berichtete, was
ohnehin durch die Wehrmachtsberichte bekannt wurde. Dass die
Winteroffensive nur ein kurzes Zwischenspiel war, belegen die ständigen
Verlegungen der Einheit in der Folgezeit nach Westen und Südwesten.
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Stalino
Donezk
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09.04.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
9.4.43
Liebe
Eltern!
Heute
bin ich wieder von großer Fahrt zurück gekommen. Aber als ich nach Hause
kam, fand ich leider wieder keine Post vor.
Da ich nur 5 Tage unterwegs
mit dem LKW war. Ich fahre mit als Beifahrer. Wir mussten einen Wagen, der
unterwegs war und Motorschaden und Kühlerdefekt hatte, Ersatzteile
bringen und reparieren. Er war ca. 30 Km vorn Stalino entfernt. Also nur
etwas über 150 km zu fahren. Aber die Straßen! Keine Wege und ....! Denn
kurz hinter Stalino hört die Straße auf. Und es ging über Felder und
Steppe. Man fährt einfach den Spuren von anderen Fahrzeugen nach. Fahren
kann man nur im 1. ab und zu im 2. Gang . Die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt ungefähr 20 - 22 km/h.
Unterwegs, nachdem wir ca.
50 km gefahren waren, mussten wir Gleisketten auflegen (Schlamm), damit
man überhaupt noch weiter kam. Nachdem wir uns außerdem verfahren
hatten, fanden wir endlich gegen Abend den Wagen. Man kann hier wenig
fragen. Denn 1. ist nur alle 15 - 20 km ein Dorf, 2. gibt es wenig
deutsche Soldaten. 3. wissen noch viel weniger Menschen, wie die Wege
verlaufen.
Quartier
fanden wir sehr schnell bei einem Bauer. Natürlich unter russischen
Verhältnissen. Hier haben die Häuser eine Größe von 15 x 5 m. Und das
ist noch in drei Teilen unterteilt. Stall, Abstellraum (Futter, Getreide
und Essen) und Schlafraum. Im Stall befanden sich 2 Kühe und ca. 15
Hühner. Im Nebenraum schliefen 3 Russen (2 Frauen, 1 Mann) und 3 Kinder.
Die Frauen und die Kinder auf dem Herd, der Mann im Bett. Wir haben uns
auf den Boden gelegt und darauf gepennt.
In den nächsten Tagen
reparierten wir den Wagen und am 5. Tag begann die furchtbare Rückfahrt.
Der andere Wagen setzte seine befohlene Fahrt fort. Damit für heute
genug.
Es
grüßt euch herzlich
Euer
Walter
Anbei
2 Paketmarken und 1 Luftfeldpostmarke
Schickt
bitte eine Schachtel schwarze Schuhcreme
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Stalino
Donezk
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18.04.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
18.04.43
Liebe
Eltern,
Habe
heute Euch nach Hause auf Feldpostanweisung 150 RM geschickt. Lasst diese
bitte auf mein Sparbuch zu schreiben. Ferner habe ich heute ein Päckchen
mit 8 Zigarren abgeschickt. Diese habe ich von der Marketenderei gekauft
(2 RM). Hoffentlich kommen sie gut an. Sonst alles beim alten.
Es
grüßt Euch recht herzlich und wünscht Euch "Frohe Ostern"
Euer
Walter
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Stalino
Donezk
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20.04.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
20.04.43
Liebe
Eltern!
Schicke
Euch hiermit ein Paket mit dem Pullover, Nasenschützer, Rasier- und
Kernseife, Zahn- und Hautcreme, 2 Filme. Und für Inge ein Päckchen
Tabak. Damit für heute genug.
Es
grüßt euch herzlich
Euer
Walter
|
Stalino
Donezk
|
23.04.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
23.04.43
Liebe
Eltern!
Habe
gestern Euer großes Paket vom 5. d.M. erhalten, wofür meinen allerbesten
Dank. Es kam sehr gut an. Nun da ich jetzt eine Karte habe, möchte ich
Euch endlich einmal unseren Weg nach dem Süden beschreiben.
Die
Strecke war:
Solzy
(bei Nowgorod südlich von Leningrad), Dno, Porchow (heute Burkau),
Valka, Riga, Mitau (heute Jelgava), Schaulen (heute
Siauliai),
Wilna (heute Vilnius), Minsk, Gormel, Brjansk, Charkow (heute
Charkiw),
Slawiansk, Kramatorowka (heute Kramatosk), Stalino (heute Donezk).
Auf
der Strecke Brjansk - Charkow wurden wir durch Partisanen beschossen und
hatten dadurch einen Verletzten.
Sonst ging damals alles gut. Hier gibt es
nichts neues, alles in bester Ordnung.
Sind
meine beiden Päckchen und die 150 RM gut angekommen?
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
P.S.
Wir haben jetzt herrliches Sommerwetter. Die Sonne brennt herunter. Und
wir sind sehr sehr schön braun.
|
Stalino
Donezk
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26.04.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
26.04.43
Liebe
Eltern!
Habe
am Ostersonntag das Päckchen Nr. 60 vom 12.4. und am ersten Feiertag den
Brief Nr. 42 vom 14.4. erhalten, wofür meinen allerbesten Dank. Das
Päckchen ist sehr gut angekommen. Mit Luftangriffen ist zu Hause immer
das alte Lied. Angriff auf Städte. Hoffentlich bleibt bei Euch alles in
bester Ordnung.
Liebe
Eltern - Ostern!
Davon hat man hier nicht viel gemerkt. Bei uns hatte die
eine Hälfte am 2. Feiertagmittag frei. Ich habe erst heute frei. Am 20.
April hatten wir einen ganzen Tag dienstfrei. Daher war ich in Stalino und
habe mir die Stadt angesehen. Sonst ist hier noch alles in bester Ordnung.
Es
grüßt Euch herzlich
Euer
Walter
|
Stalino
Donezk
|
30.04.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
30.04.43
Liebe
Eltern!
Habe
gestern Euren Brief Nr. 43 vom 23. d. M. erhalten, wofür meine
allerbesten Dank. Besten Dank für Eure Ostergrüße, die ausdrücklich
ankamen.
Lb.
Eltern,
gestern, den 29.4. habe ich Euch ein Paket geschickt. Und zwar ist
darin enthalten: Ein Paar Strümpfe, ein Nasenschützer, ein Paar
Pulswärmer, ein Kopfschützer, meine Taschenuhr (die nicht mehr
funktioniert. Wenn meine Armbanduhr schon in Ordnung ist, dann schickt mir
diese.), 2 Stück Seife, 1 Stück Rasierseife, 8 Zigarren.
Wie
steht es um die anderen Pakete? Sind die gut angekommen? Und die 150 RM?
Hoffentlich kommt alles gut an.
Ist das Paket mit dem Füllhalter auch
schon zurückgekommen? Damit für heute genug.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Stalino
Donezk
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06.05.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
06.05.43
Liebe
Eltern!
Habe
heute Eure 2 Päckchen (ein großes vom 24.4. und ein kleines vom 19.4.)
erhalten, wofür meine allerbesten Dank. Beide sind sehr gut angekommen.
Von Onkel Fritz habe ich auch schon mein Geburtstagspaket erhalten. Meine
besten Dank für die Geburtstagsgrüße.
Habe
Euch am 3.5. wieder 100 RM geschickt. Der Grund für die beiden
Geldsendungen ist, dass wir in den letzten Tagen unsere Frontzulagen von
Dezember bis jetzt auf einmal ausgezahlt bekommen haben.
Bei uns ist alles
noch in bester Ordnung. Nur haben wir furchtbar viel Arbeit. In der
Hauptsache motorenmäßig. Aber mein Gebiet!
Wir
arbeiten jetzt von 5 Uhr bis abends 16 Uhr. Dabei ist nur eine Stunde
Mittag. Es ist dies eine sehr lange Zeit, aber es ist nicht zu ändern,
die Maschinen müssen fertig werden. Es ist nur gut, dass wir eine schöne
Montagehalle haben, in der man auch an der größten Maschine arbeiten
kann. Die Halle ist ca. 3 mal so groß, wie die der Firma Heinrich
Wörner. Sechs H 111 haben darin bequem Platz.
Das
Wetter ist jetzt sehr schön. Sehr warm. Nur ganz anders wie zu hause.
Frühling ist es nicht. Genau wie der Übergang von Tag zu Nacht
plötzlich vorgeht. Ist die Sonne da, dann ist es gleich drückend heiß.
Ist sie weg, ist es gleich wieder kalt.
Heute haben wir unsere
Sommeruniformen bekommen. Blaues Leinenzeug. Blauer Grund. Das trägt man
nur abends und bei kühlen Tagen. Im allgemeinen wird nur getragen: Lange
Hose und Blauhemd (offen getragen). Eine sehr sportliche Uniform.
Zum
Schluss möchte ich noch Mama zu ihrem kommenden Ehrentag gratulieren und
alles gute wünschen.
Es
grüßt Euch herzlich
Euer
Walter
|
Stalino
Donezk
|
15.05.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
15.05.43
Liebe
Eltern!
Habe
vorgestern Euren Brief Nr. 45 vom 4. d.M. erhalten, wofür allerbesten
Dank. Dass die beiden offenen Päckchen gut angekommen sind, freut mich
sehr. Hoffentlich kommen die andern Pakete und das Geld gut an. Im übrigen
habe ich bereits wieder ein Paket abgeschickt. Am 14.5. Nr. 12. Es ist
darin enthalten: 12 Zigarillos, 2 Zigarren, 2 Päckchen Tabak (allerdings
Krullschnitt, wenn Du ihn selber vielleicht nicht magst, kannst Du ihn
umtauschen), eine Tube Zahnpasta, ein Stück Feinseife und 10
Rasierklingen. Hoffentlich kommt auch dieses wertvolle Paket gut an. Gebt
mir bitte die Nummern der angekommenen Pakete bzw. Päckchen an. Diese
Sachen habe ich wieder von der Marketenderei gekauft.
Ferner
hat es dabei Zigaretten (180 Stück) gegeben, die ich natürlich für mich
behalten habe.
Die 12
Zigarillos kosten |
2,40
RM |
2 Päckchen
Tabak |
1,00
RM |
10
Rasierklingen |
1,00
RM |
1 Tube
Zahnpasta |
0,70
RM |
|
5,10
RM |
Also
unter uns ist das nicht teuer. Anbei schicke ich eine Luftfeldpostmarke
und 2 Paketmarken.
Bei
uns gibt es hier nichts Neues. Es geht alles seine alten, gewohnten Gang.
Ein Tag wie er andere.
Es
grüßt Euch herzlich
Euer Walter
|
Stalino
Donezk
|
09.05.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
09.05.43
Liebe
Eltern!
Habe
heute euren Brief vom 28.4. erhalten. Wofür meine allerbesten Dank.
Besonders für die Geburtstagsgrüße.
Mit
Geschenke machen, dürft Ihr euch keine Gedanken machen. Wir sind
schließlich im 4. Kriegsjahr und man kann nicht mehr wie man gern
möchte.
Mama
wünsche ich nochmals zu ihrem Ehrentag alles Gute. Schicken kann auch ihr
ich im Augenblick nichts.
Hier bei uns ist noch alles in Ordnung. Nur viel
Arbeit.
Es
grüßt euch herzlich
Euer
Walter
|
Stalino
Donezk
|
18.05.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
18.05.43
Liebe
Eltern!
Habe
gestern Euer Päckchen vom 3. d.M. erhalten, wofür meine allerbesten
Dank. Das Paket ist sehr gut angekommen. Einmal Pudding habe ich mir davon
schon gekocht. Er war sehr gut.
Wir
machen jetzt alle eine Kur gegen Malaria. Pro Tag eine Tablette ALTROPIN.
Die Kur dauert 6 Wochen.
Ferner wurden wir zwei mal geimpft. Und zwar
gegen Typhus und gegen Cholera.
Sonst
weiß ich im Augenblick nichts Neues um zu berichten.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Stalino
Donezk
|
23.05.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
23.05.43
Liebe
Eltern!
Habe
Euren Brief vom 11.5. erhalten, wofür meinen allerbesten Dank. Besonders
für die Geburtstagsgrüße. Das Paket ist ja rechtzeitig angekommen.
Meinen besten Dank.
Den Geburtstag haben wir hier auf der Stube am Abend
mit 10 Mann sehr gut verbracht. Ich habe am Nachmittag dienstfrei gehabt.
Habe vom Ingenieur eine Flasche Weinbrand bekommen. Ferner gab es an
diesem Tag gerade Marketenderware. Genügend Saufwaren (wenige haben auch
etwas abbekommen). Ferner bekam ich auch 2 Flaschen Schnaps zusätzlich.
Wie dann gefeiert wurde bis 24 Uhr, könnt Ihr euch ja denken.
Liebe
Eltern!
Jetzt
haben wir zur Zeit auf Arbeit etwas Ruhe. Wir haben dafür drei freie Tage
zur Erholung und Ausspannung bekommen. Tage der Ruhe. Dienstfrei! Dazu
gibt es auch eine Sonderverpflegung. Das, was es sonst in 10 Tagen an
Verpflegung gab, gibt es in diesen 3 Tagen. Morgens kann jeder so lange
schlafen, wie er will. Mittags fahren Wagen nach Stalino.
Zunächst
haben wir die Stadt besichtigt. Die Stadt ist überhaupt nicht zerstört.
Hier spürt man nichts vom Krieg. Nur das einzige ist, dass jetzt Militär
zu sehen ist. Die Stadt zählte im Frieden ca. 750 Tausend Einwohner. Auch
jetzt ist noch sehr sehr viel Zivilbevölkerung da. Außerhalb der Stadt
befinden sich die großen Fabriken und Zechen (Kohlebergwerke).
Rüstungsbetriebe - wofür noch. Und überall wird feste gearbeitet.
|
Wenn man
durch die Straßen von Stalino geht, fühlt man sich fast nicht mehr in
Russland. Man könnte annehmen, man sei in einer westlichen Stadt,
vielleicht wie in Frankreich. Die Stadt ist überhaupt nach
westländischem Muster gebaut. Jetzt fahren wieder Straßenbahn und
Trollibus (Elektrischer Autobus). Die Straßenbahn allerdings etwas
veraltet, dagegen die Trollibusse neu, aus Deutschland sehr
wahrscheinlich.
Man
kann in Gastwirtschaften gehen, allerdings sehr teuer. Ferner sind hier
für Soldaten 3 Kinos, eine "Bunte Bühne", ein Theater und eine
Oper. Außerdem schöne große Anlagen, mitten in der Stadt. Am ersten Tag
war ich mit ein paar Kameraden erst im Soldatenheim, dort spielte eine
Kapelle und ein Ballett machte Vorführungen. Am Abend waren wir in der
"Bunten Bühne". Es spielte eine K.D.F.-Gruppe. Es war sehr
schön. Es wurde gespielt "Zigeunerliebe" von Franz Lehar.
Am
nächsten Abend war ich in der Oper, und zwar wurde der
"Zigeunerbaron" von Johann Strauss gespielt. Ich war sehr
überrascht über die wunderbare Ausstattung der Bühne und die schönen
prunkvollen Kostüme. Auch das Gebäude ist innen, wie auch alle
Nebenräume gut und prunkvoll ausgebaut. Die Bühne ist sehr groß und
drehbar. Das Theater wird schätzungsweise 2000 - 2500 Besucher aufnehmen.
|
Nun
zum Stück: Die Darsteller - , Sänger und Sängerinnen, Chöre und
Kapellen spielten sehr sehr gut. Nur eines ist schade, dass fast alles in
ukrainischer Sprache gesprochen und gesungen wird. Das Theater mitsamt
Ausstattung und Künstlern kann sich mit den meisten Theatern in
Deutschland bestimmt messen.
Heute
bekam ich einen Brief aus Herne von Gottschlich. Er hat Urlaub. Glück
gehabt. Bei uns sieht es noch nicht so gut aus.
Heute am dritten Tag
findet zum Abschluss noch ein großer Kameradschaftsabend von unserer
Abteilung statt. Es werden von uns zunächst Vorträge sein. Aber dazu
kommt noch eine K. D. F.-Gruppe.
Per Mann sind bereitgestellt: 3 l Bier und
je 2 Mann eine Flasche Schnaps. Es wird wieder ein toller Abend. Damit
für heute genug.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
Anbei
eine Luftfeldpostbriefmarke.
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|
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Die
Maschinen wurden teilweise in der Halle, aber auch unter freiem
Himmel gewartet und repariert.
Auf
den Bildern sind Arbeiten an Stukas zu sehen, die in den vordersten
Kampflinien eine sehr große Rolle spielten.
Die
Arbeiten waren richtige Knochenarbeiten, denn oft standen kaum
Hebezeuge zur Verfügung und ein Motorwechsel war schon eine
kräftezehrende Angelegenheit. |
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Stalino
Donezk
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28.05.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
28.05.43
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euren Brief Nr. 48 vom 21. d.M. erhalten, wofür meinen allerbesten
Dank. Es freut mich, dass bis jetzt alle Päckchen, wie auch das Geld,
alles gut angekommen ist. Ich hoffe, dass Papa das Geld gut und vor allem
sicher angelegt hat. Das müsst Ihr ja am besten selber wissen, denn Ihr
habt ja vom letzten Krieg genug Erfahrung.
Dass ich den Brief an Onkel
Fritz an euch geschickt habe, ist ein Versehen meinerseits, was ich mir
nicht ganz erklären kann. Dieser Brief wurde von einem Urlauber
mitgenommen, der aus Kassel ist und durch die Katastrophe der
Edertalsperre fast alles verloren hat. Er ist verheiratet. Der Betreffende
liegt bei mir auf der Stube. Wenn eine derartige Katastrophe oder etwas
Ähnliches einmal zuhause vorkommen sollte, was ich ja nicht hoffe, und
ich nach hause kommen soll, so müsst Ihr Euch dies von der Partei und
Polizei und einer Behörde bestätigen lassen.
Mit
den Rauchwaren zuhause steht es ja sehr schlecht. Da ich werde auch immer
von Zeit zu Zeit etwas schicken, soweit es in meine Kräften steht.
Mit
Urlaub steht es noch immer bei uns sehr schlecht. Wenn ich auf Urlaub
einmal komme, kann ich überhaupt nicht sagen. Bei uns ist noch alles beim
alten. Mit Arbeit geht es. Wir haben zwar zur Zeit laufend Arbeit. Aber
so, dass man es ertragen kann. Damit für heute genug.
Ich
hoffe, dass zuhause alles gesund, wie auch ich bin, ist.
Es
grüßt euch herzlich
Euer
Walter
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Stalino
Donezk
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01.06.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
1.6.43
Liebe
Eltern!
Gestern
erhielt ich Euer Päckchen Nr. 65 vom 20.5., wofür meinen allerbesten
Dank. Es kam sehr gut an. Für alles gute Verwendung, bzw. gut geschmeckt.
Liebe
Eltern,
gestern
habe ich meinen ersten Werkstattflug mit einer HE 111 gemacht. Besatzung
war ein Flugzeugführer-Oberleutnant, ein Prüfmeister von uns und ich. Es war
ein Höhenflug. Wir flogen sofort auf 3500 m. Dort oben wurde die Maschine
auf alles geprüft. Steile Messerflüge, Sturz, Abfangen, wieder schneller
steigen und zum Abschluss stürzten wir auf ein Haus zu. Erst dicht über
dem Boden riss er die Maschine hoch und ging im Tiefflug über ein Wald-
und Wiesenstück weg. Dann eine glatte Landung mit nur einem Motor. (einer
stehenden Latte).
Ein ganz toller Flieger!
Der Flug dauerte eine gute
Stunde. Mit gefiel es sehr gut und vor allem war es interessant. Erstens
konnte ich einmal genau den Ausschlag der Instrumente beobachten. Zweitens
konnte ich mir von oben die Stadt und die weitere Umgebung ersehen. Es war
sehr schön. Das Wetter war auch gut. Vor allem klar und mit ganz wenigen
Wolken.
Ein schönes Bild ist das, wenn man über den Wolken ist und sieht
tief unten die Landschaft. Das Fliegen an und für sich ist in einer
solchen Maschine überhaupt nicht gefährlich. Besonders auch, wenn ein
guter bewährter Pilot mit Deutschem Kreuz am Steuer sitzt. Wie überhaupt
es alle sind, die Maschinen einfliegen. Damit genug für heute.
Es
grüßt Euch herzlich
Euer
Walter
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HE
111
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Stalino
Donezk
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05.06.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
05.06.43
Liebe
Eltern!
Habe
Euren Brief Nr. 49 vom 28.5. erhalten, wofür meinen allerbesten Dank.
Dass das wertvolle Paket Nr. 12 gut angekommen ist, freut mich sehr. Dass
derartige Sachen zuhause sehr knapp sind, glaube ich gern.
Bei
uns hat die Arbeit wieder derart zugenommen, dass man einfach nicht weiß,
wo man anfangen soll. Das noch auf allen Gebieten. Wir arbeiten jetzt pro
Tag 12 Stunden. Sonst geht es im allgemeinen. An die Sonne gewöhnt man
sich. Auch die Fliegerangriffe haben nachgelassen. Damit genug für heute.
Ich wünsche euch noch recht frohe Pfingsten.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
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Stalino
Donezk
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09.06.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
09.06.43
Liebe
Eltern!
Da
ich heute mal wieder meinen dienstfreien Tag habe, möchte ich Euch auch
ein paar Zeilen schreiben. Dienstfreien Tag habe ich bekommen mit noch 2
Kameraden zusammen, als Belohnung für geleistete Arbeit. Wir haben bei
dem starken Arbeitsanfall eine Reihe von Maschinen sehr schnell wieder
einsatzklar gemacht. Es war dies nicht gerade immer leicht, aber wenn man
stärker dafür entsprechend belohnt wird, freut es einem doch.
Nun
zu Euch. Hat Papa immer noch so viel zu tun?
Wie steht es mit
Fliegerangriffen und was ist zuhause beschädigt? Hoffentlich bleibt unser
Haus heil.
Anbei
noch 4 Luftfeldpostmarken und 2 Paketmarken.
Heute
erhielt ich noch einen Brief (Nr. 50 vom 1.6.) von Euch. Meinen besten
Dank. Ihr fragt an, wie weit unser Platz von der Stadt entfernt ist. Es
sind ca. 12 km.
Dass
ich die 100 RM geschickt habe, bereue ich keinesfalls. Denn wenn ich Geld
wegschicke, so habe ich immer noch genug Geld für mich. Karlheinz habe
ich bis jetzt nicht getroffen. Wie soll auch dies geschehen? Es besteht
nur die Möglichkeit, dass er nie wieder von Haus und Basis einmal den
Platz und besonders unsren großen Hangar besichtigt.
Dass es mit der
Kirschenernte schlecht steht, bedauere ich sehr. Hoffentlich steht es mit
dem anderen Obst besser. Du schreibst vom Urlaub. Viel Glück. Hoffentlich
erholst Du Dich gut. Bei uns steht es damit immer noch schlecht. Damit
genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
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Stalino
Donezk
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15.06.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Breslau
Russland,
15.06.43
Liebe
Eltern!
Habe
heute euer Paket mit Kuchen usw. erhalten, wofür meinen allerbesten Dank.
Dass die Bilder von den beiden Filmen zum größten Teil gut sind, freut
mich. Zumal wertvolle Aufnahmen dabei sind. Außerdem 2 Aufnahmen von
unserem Feldwebel Wedler, der hier am 10.2. gefallen ist. Das sind die
letzten Aufnahmen von ihm. Ich habe hier zwar noch 2 Filme, aber wenn Du
noch welche bekommen kannst, dann kaufe diese.
Pfingsten
haben wir gut verbracht. Sonst gibt es nichts neues.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
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Auf
Heimaturlaub
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12.07.1943
Brief von H. Puth, Warschau C1 an Walter Michel
Warschau,
den 12.7.43
Lieber
Walter,
Für
Deine Zeilen vom 9.7. besten Dank. Wie ich daraus ersehe, war Dir das
Glück hold und hast Du Urlaub bekommen. Nach 13 Monaten hat man es auch
verdient.
Wir
sind hier nach Warschau gekommen, um nochmals einen 28-tätigen Lehrgang
mitzunehmen. Hier sollen wir nochmals, bzw. bekommen wir nochmals eine
Geländeausbildung sowohl im Fahren als auch infanteristisch. Ferner haben
wir noch Unterricht und Störungssuchen am Kraftfahrzeug. Das Gelände ist
hier dem Osten angepasst, sodass es nicht so einfach ist, hier zu fahren (
Sand, Schlamm, schlechte Straße u.s.w.) . Man wird also wie Du hieraus
ersiehst, für den Osten vorbereitet.
Bis
jetzt sind wir hierher kommandiert worden und wir sollen dann
wieder nach Berlin zurückkommen, um dann von da aus versetzt zu werden. Das wäre
fein. Aber ich glaube nicht daran. Von hier ist es doch näher nach dem
Osten. Ja, es sind noch 20 Tage jetzt und dann werden wir es ja sehen, wie
alles kommt.
Sonst
gibt es hier nichts neues. Für heute nun genug.
Ich
wünsche dir recht viel Spaß in Deinem Urlaub und hoffe bald wieder etwas
von Dir zu hören.
Es
grüßt Dich recht herzlich sowie Deine Eltern
Dein
Freund Hermann
Was
macht eigentlich Karlheinz? Habe ihm vor 14 Tagen geschrieben, aber noch
keine Post von ihm bekommen.
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Verlegung
nach
Smolensk
Weißrussland
|
30.07.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
30.07.43
Liebe
Eltern!
Heute
am Freitag bin ich bei meiner Einheit eingetroffen. Die Stadt ist wie Frau
K. meinte. Es war eine tolle Fahrerei. Ich fuhr bis Kaschau, dort traf ich
einen Uffz. von uns. Dieser kam von der Grenze und wusste über
Fahrtstrecke und Ziel genau bescheid. Wir fuhren dann zusammen weiter nach
Warschau, dann Brest-Lit., Minsk, Zielstadt (Smolensk)
Aus
diesem Grunde bin ich sehr schnell hier gewesen.
Die
Fahrt ging immer sehr gut und flott, bis auf eins, das sehr traurig ist.
Mir wurde im Fronturlauberzug hinter Brest mein Foto gestohlen. Alles
Suchen und Aufspüren blieb erfolglos. Er ist weg.
Wir
wohnen hier mitten in der Stadt in einer Baracke, die weiteren Züge
außerhalb. Haufen Arbeit ist auch hier. Wir sind nämlich hier nur zur
Aufrüstung. An Fugzeugen wird nicht gearbeitet. Wir überholen unsere
Fahrzeuge gründlich. Und wenn dies fertig ist, geht es weiter. Damit
genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
Anbei
2 Luftfeldpostmarken
|
bei
Smolensk
Weißrussland
|
09.08.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
09.08.43
Liebe
Eltern!
Nachdem
ich in "S" 5 Tage war, verlegte ich mit meinem Zug nach vorn.
Wir jetzt 70 km nordöstlich auf einem Feldflugplatz. Wohnen in
Russenhäusern. Arbeiten unter freiem Himmel. Es ist wieder ein neues
Gebiet. Wieder müssen wir uns umstellen, neu hinzu gekommen sind FW
Jäger. Diese sind sehr gut. Vor allem die Piloten.
Täglich
werden viele Russen abgeschossen. Schon in der ersten halben Stunde, als
wir hier waren, kamen 13 Russen. Aber sofort starteten die Jäger und
schon 7 - 8 Minuten später hatten sie 11 Maschinen abgeschossen. Es ist
schön und sehr spannend, wenn man den Iwan kommen sieht und wie er
abgeschossen wird. Ja, dies geht alles sehr rasch.
Die
Hauptkampflinie ist ca. 8-10 km entfernt. Den ganzen Tag über hört man
die Artillerie schießen. Damit genug für heute.
Wir
haben noch kein Licht und ich sehe bald nichts mehr. Das übrige werde ich
morgen berichten.
Es
grüßt euch herzlich
Euer
Walter
|
bei
Smolensk
Russland
|
14.08.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
14.08.43
Liebe
Eltern!
Etwas
ganz besonderes ist vorgekommen. Und zwar sind heute die beiden Weihnachtspäckchen
(v. 8.12.42 und 28.12.42) angekommen. Kleines ist sehr gut, unversehrt
angelangt. Aber das 2. große ist kaputt und vielleicht aufgebrochen
worden. Denn der Stollen ist unversehrt, gut und noch genießbar
angekommen ( nur sehr hart, trocken, schmeckt aber noch). Aber
Begleitschreiben, Füllfederhalter u.s.w. fehlen. Schade. Meinen besten
Dank. Es war für den Zug ein großer Sack Weihnachtspost da. Auch hatte
ich noch 4 Briefe. Unter anderem einen von Ewald. Ferner ist heute auch
der Luftfeldpostbrief vom 7.8.43 angekommen. Vielen Dank.
Einen
Bericht über S. kann ich heute nicht geben, da ich zu müde bin., denn
wir arbeiten von morgens 4 Uhr bis abends 20 Uhr. Den Namen des Mittels
gegen Halsschmerzen kann ich Euch nicht mitteilen, da ich alles noch nicht
angepackt habe, da wir bald wieder verlegen müssen.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Smolensk
Russland
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19.08.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
19.08.43
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich Euren Brief vom 14. d.M. . Meinen allerbesten Dank. Eure
Vermutung über Verlegung stimmt. Das habe ich Euch ja schon im letzten
Brief geschrieben. Wir sind jetzt in der Nähe von Hagenow (ca. 20 km
entfernt) . An der Front sind sehr schwere Kämpfe. Gestern haben wir vom
Platz aus einen Angriff unserer Stukas mitangesehen. Man konnte sehr gut
die Einschläge mitbekommen. Es war auf ganz kurzem Abschnitt Einschlag
auf Einschlag. Ca. 50 Maschinen waren daran beteiligt. Auf unserem Platz
haben wir auf keinen Angriff gesetzt. Wir können in aller Ruhe arbeiten.
Über
Nix und Kopp zur Kenntnis genommen. Immer noch besser als in russischer
Gefangenschaft.
Schlechtes
Wetter haben wir. kalt, Regen. Damit für heute genug.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Smolensk
Russland
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29.08.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
29.08.43
Liebe
Eltern!
Wir
haben heute wieder verlegt und zwar wieder zurück auf S. Was hier werden
soll, ist bis zur Stunde unbekannt. Man hofft, dass wieder die ganze
Abteilung verlegt. Wollen wir abwarten.
Euren
Brief vom 22.8. habe ich kurz vor unserer Abfahrt erhalten. Meinen
allerbesten Dank. Aber ich bin der Meinung, dass Eure Besorgnis um mich
etwas übertrieben ist. Daß Ihr Euch bei Frau K. erkundigt habt, habe ich
vom Zugführer erfahren. Frau Ewald soll es bloß nicht zu sehr
übertreiben. Lasst Euch nur nicht auch noch verrückt machen. Was wollen
wir denn sagen. Von dem Platz aus, auf dem wir waren, konnte man Tag und
Nacht die Ari hören, oft sehr nahe.
Mein
schlechtes Papier und meine schlechte Schrift bitte ich zu entschuldigen.
Wir sind nur notdürftig untergebracht. Ich habe daher auch nichts
ausgepackt. Auf der Stube sind nur 70 Mann. Damit genug für heute.
Es
grüßt euch sehr herzlich
Euer
Walter
Anbei
4 Luftfeldpostbriefmarken und 2 Paketmarken
|
|
Im
Zeitraum von September bis Dezember 1943 lief die russische Offensive auf
vollen Touren. Im Mittelabschnitt wurde heftigst gekämpft und im Dezember
wurde Smolensk von den Russen endgültig eingenommen. Zwar
rochierte die Feldwerft einige Male zwischen Minsk und Smolensk
hin und her, Ende November 1943 wurde sie nach Minsk
zurückverlegt. Die rote Linie zeigt die von Russland diktierten
Frontverläufe. Erstaunlicherweise hielt die Front um Leningrad. Die Stadt
war über 900 Tage belagert.
|
|
Smolensk
heute
Bericht
von Kriegberichter Bernd E.H. Overhues
(Originaltext
"Die Wehrmacht")
Als
wir im Rundfunk die Sondermeldungen von der Beendigung der Schlacht im
Raume von Smolensk hören, sind wir - es ist der 6. August -
wieder bei der motorisierten Infanterie-Division, mit der wir am 16. Juli
in Smolensk eindrangen. Die Aufklärungsabteilung dieser Division hatte am
äußersten südöstlichen Rande dieses vielgenannten Kessels ihren
Gefechtsstand bezogen. Sechs Sicherungen hielten an diesem Kesselabschnitt
den Ring um den eingeschlossenen Feind. Sie wehrten Tag und Nacht die
ununterbrochenen Ausbruchs- versuche der Bolschewisten in diesem
Kampfabschnitt erfolgreich ab und machten täglich mehr und mehr
Gefangene. Die Kämpfe im Kessel von Smolensk sind zum Abschluß gekommen.
Sie waren hart, verbissen und blutig. Blutig vor allem für die Sowjets.
Doch zeigen auch die frischen Gräber mit dem Kreuz und dem grauen
Stahlhelm, wo so mancher tapfere deutsche Soldat den ewigen Schlaf in
russischer Erde schläft.
Als
der Ring um die feindlichen Divisionen im Raume von Smolensk
geschlossen war, setzte die Sowjetführung alles auf eine Karte, um die
Umklammerung zu durchbrechen. Verbissen spielte sie diese Karte aus. Die
brutalsten Methoden ihrer politischen Kommissare taten das übrige. War
der Sowjetsoldat schon wankelmütig oder im Feuer unserer Maschinengewehre
mürbe geworden, dann zwangen ihn die Kommissare zu hoffnungslosem
Ansturm. Als wir zum ersten Male davon hörten, die Besatzungen
sowjetischer Panzerkampfwagen würden vor dem Angriff von ihren
Kommissaren eingeschlossen, hielten wir das für eine Legende. Im Kessel
von Smolensk haben wir dann solche Panzer, die nur von außen zu
verschließen sind, selbst gesehen. Diese Panzer versuchten vergeblich,
aus den unmöglichsten Situationen heraus, ihrem Schicksal zu entgehen.
Russische
Truppen, die sich ergeben hatten
Drei
Wochen lang wiederholte der Gegner an den verschiedensten Punkten seine
Durchbruchsversuche. Es blieb alles vergebens. Die deutsche Zange hatte zu
fest zugepackt. Sturzkampf-, Kampf- und Zerstörerflugzeuge, Artillerie
und Infanterie verengten den Raum der in der Falle sitzenden Bolschewiken
von Tag zu Tag mehr. Dann kam die Stunde, da der Feind nicht mehr aus noch
ein noch aus wußte. Seine Kolonnen fuhren plan- und ziellos von rechts
nach links, von Nord nach Süd, auseinander und durcheinander. In dieses
Chaos warfen unsere Bomber ihre todbringende Last, dazwischen krepierten
die Granaten unserer Artilleriegeschütze.
Ein
Wirrwarr von Kriegmaterial, das unbrauchbar war
Der
Kommandeur der Aufklärungsabteilung, dessen Männer einen Teil des
Kesselrandes zu halten hatten, führt uns zu seinen tapferen Soldaten, die
in Badehosen am Ufer des Dnjepr die
letzten Tage des russischen Hochsommers nach all den Strapazen in vollen
Zügen auskosten wollen. Der Kommandeur und seine Männer waren auch bei
Dünkirchen dabei. Ein z e h n f a c h e s Dünkirchen, hören wir,
bedeute diese Vernichtung, diese Zahl an Gefangenen, erbeuteten
Fahrzeugen, Geschützen, Panzern, Fähren, Wagen und überhaupt an all
dem, womit keine Divisionen, womit, ganze Armeen ausgerüstet sind.
|
Im Kampf um
Smolensk
kamen auch
Frauenbataillone zum Einsatz
links Gefangene
mit ihrem Kommandeur,
die von einem
deutschen Fahrer
ins
Gefangenenlager abtransportiert wurden
|
|
bei
Smolensk
Russland
|
05.09.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
05.09.43
Liebe
Eltern!
Wir
haben wieder einmal verlegt und zwar von S. wieder 70 km südlich. Auf
einen großen Flugplatz. Hier haben wir wieder sehr viel Arbeit. Alle
Sorten von Maschinen. Wir haben hier wieder wie in Stalino eine große
Halle. Untergebracht sind wir in einer Baracke. Alle Mann in einem Raum.
Liebe
Eltern, ich wollte zwar schon früher schreiben, aber ich wartete auf Post
von Euch, aber es kam keine. Aus diesem Grund bitte ich
das Ausbleiben der Post zu entschuldigen . Im übrigen weiß ich nicht, was ich schreiben
soll. Hier wird es bereits kalt. Wenn man morgens aufsteht, ist es weiß (Rauhreif).
Damit genug für heute.
Heute
habe ich 100 RM abgeschickt. Mir geht es gut, was ich von Euch auch hoffe.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
P.S.
Liebe Eltern, heute am Sonntag haben wir ein wunderbares Mittagessen
gehabt. Und zwar Hase, Salzkartoffeln und Kompott.
|
bei
Smolensk
Russland
|
08.09.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
08.09.43
Liebe
Eltern!
Habe
Euren Brief vom 29.8. erhalten, wofür meinen allerbesten Dank.
Über
die Kämpfe kann ich nicht viel berichten, denke, Ihr wisst ja besser
darüber Bescheid, wie wir.
Damit
Papa nicht den ganzen d. Tabak von Mama verbraucht, habe ich ein Päckchen
Tabak und ca. 10 Stumpen geschickt. (6.9.) . Lass ihn Dir gut schmecken.
Leider kann ich dir im Augenblick nicht mehr schicken, denn bei uns sieht
es damit auch schlecht aus.
Nun
seid bitte nicht beunruhigt zuhause, wenn Ihr einige Tage keine Post
bekommt, denn wir werden bald wieder verlegen.
Damit
für heute genug.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Smolensk
Russland
|
14.09.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
14.09.43
Liebe
Eltern!
Habe
gestern Euren Brief vom 7. d,M. erhalten, wofür meinen allerbesten
Dank.
Wir
sind wieder nach S. zurück verlegt. Jetzt haben wir hier die Werft.
Unsere Unterkunft ist unmittelbar dabei. Die Unterkunft ist gut. Fester
Steinbau. Aber, wie lange werden wir hier wieder bleiben?
Wir
haben am Freitag verlegt und ich fuhr am Sonnabend wieder als Beifahrer im
Büssing 4 Tage weg, um Teile von einem andern Flugplatz zu holen, der
geräumt wird. Es war ca. 160 km südlich, aber gute Straßen.
Dass
mich mein Ing. besucht hat, wundert mich sehr. Nun seid Ihr ja über alles
im genauesten informiert. Damit für heute genug.
Es
grüßt euch sehr herzlich
Euer
Walter
|
bei
Smolensk
Russland
|
18.09.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
18.09.43
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euren Brief Nr. 6 vom 14.9. erhalten, wofür meinen allerbesten
Dank. So muss es mit der Post jetzt auch nach meiner Ansicht klappen.
Ja,
von Stalino wird nicht mehr viel stehen. Die Stadt ist heute bestimmt nur
noch ein Trümmerfeld. Denn da wo wir planmäßig zurückgehen, steht
nichts mehr. Nicht einmal ein einzelnes Haus. Nichts wie Schutt findet man
mehr. Nur ödes totes Land, das dem Feind auch gar nichts nützen
kann.
Über
die Verhältnisse in Italien sind wir im genauesten orientiert.
Die
doch noch verhältnismäßig gute Birnenernte freut mich. Nur bisher habe
ich nichts davon. Zum Schluss möchte ich noch Papa recht herzlich zu
seinem Geburtstag gratulieren und ihm für die kommende Zeit alles Gute
wünschen.
Auch
habe ich ihm zu seinem Geburtstag ein Paket geschickt. Nur leider etwas zu
früh. Aber Du wirst es auch so noch gern entgegen nehmen. (10 Zigarillos,
1 Paket Tabak, 15 Zigarren, 3 Tuben Zahnpasta). Damit genug für heute.
Es
grüßt Euch sehr herzlich
Euer
Walter.
|
bei
Smolensk
Russland
|
02.10.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
02.10.43
Liebe
Eltern!
Habe
Euch heute ein Paket (Nr. 4) geschickt. Es betrifft in der Hauptsache
Papa. Und zwar ist der Inhalt: 6 Päckchen Tabak, 10 Zigarillos und 4
Tuben Zahnpasta. Ich bitte nur hierzu Mama, mir 2 Päckchen für den
kommenden Urlaub und für schlechte Zeiten aufzuheben. Ich hoffe, dass
Papa hiermit wieder eine Zeit lang auskommt.
Wir
haben jetzt nochmals reichlich Kaufwaren zu kaufen bekommen, da in
Smolensk die Lager geräumt werden mussten. Ich werde euch in nächster
Zeit wieder ein Paket schicken. Damit genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Smolensk
Russland
|
15.10.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
15.10.43
Liebe
Eltern!
Gestern
habe ich Eure beiden Karten vom 5. u. 7.10. und heute Euren Brief Nr. 11
vom 7.10. erhalten, wofür meine besten Dank.
Es
freut mich, dass Euch und unserem Haus nichts passiert ist. Ich hatte die
ganze Zeit schwere Befürchtungen. Hoffentlich folgen nicht noch mehrere
Luftangriffe.
Dass
die Kaufwaren gut angekommen sind, freut mich. Aber warum schreibt Ihr
nicht die Nummer und das Datum dabei?
Nun
hat Karlheinz glücklich Urlaub bekommen.
Habe
die beiden .... erhalten. Zum Abschluss möchte ich Mama noch zum
kommenden Geburtstag gratulieren und alles Gute wünschen.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Smolensk
Russland
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20.10.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
20.10.43
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euren Brief vom 12.10. erhalten, wofür meine recht herzlichen Dank.
Der
Angriff auf Frankfurt ist sehr bedauerlich. Das was Du schreibst vom
Osturlauber, mag schon stimmen. Wir sind ja auch froh, dass der Iwan nicht
so gut wirft wie der Tommy.
Habe
Euch heute ein Paket mit 3 Päckchen Tabak und etwas Seife geschickt. Ich
bitte Euch, mir einige Hosenträger zu schicken (mit Bändern).
Gotschlich
ist zur Zeit in Deutschland in einem Lazarett. Er wird an einem Bruch
operiert.
Adresse:
Rus. Laz. Bad ........... Teil Laz. Hauensburg/ K……. Zimmer 23
Macht
bitte Alfred eine Freude durch Brief und vielleicht mit Obst u. etwas
Saft, denn ich habe erst von ihm Kaufwaren bekommen. So z.B. habe ich
heute ein Paket von ihm bekommen mit 600 Zigaretten. Ich werde Dir
natürlich beizeiten etwas schicken. Damit genug für heute.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Smolensk
Russland
|
24.10.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
24.10.43
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich Eure beiden Päckchen Nr. 3 u. 4 vom 6.10. u. 30.9., sie sind
beide sehr gut angekommen. Meinen allerbesten Dank dafür.
Ich
habe heute 2 Päckchen an Papa abgeschickt. Im Päckchen Nr, 7 sind 60
Zigaretten enthalten. Im Päckchen Nr. 8 sind 200 Zigaretten und ca. 10-12
Zigarren. Ich bitte Euch darum, mir 100 Stück davon zurück zu behalten.
Ferner habe ich am 20.10. ein Päckchen (Nr.6) mit 100 Zigaretten
abgeschickt.
Ich
hoffe dass Dir diese Kaufwarensendungen über eine Zeit hinweghelfen
werden.
Hier
ist noch alles beim alten und in bester Ordnung, was ich von Euch auch
hoffe.
Anbei
4 Luftfeldpostmarken und 2 Paketmarken.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Smolensk
Russland
|
27.10.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
27.10.43
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich Euren Brief vom 17. d.M. Meinen allerbesten Dank dafür.
Nun
die Antwort auf Deine Fragen im Brief Nr. 13: Die zwei Winkel sind
natürlich für mich, da ich sehr stark mit Beförderung am 1.11. oder
9.11. rechne. Die übrigen sind für Kameraden. Man bekommt nicht überall
solche Sachen zu kaufen.
Zu
dem Fliegerangriff auf Frankfurt kann ich nicht viel sagen. Aber ich kann
mir ungefähr vorstellen, wie es dort aussieht. Na, ich werde es mir im
nächsten Urlaub ansehen. Mit Drescher, das kann ich eigentlich weniger
verstehen, denn als Mann darf man doch nicht gleich den Kopf verlieren.
Dass ihr jetzt sehr lange arbeiten müsst, kann ich mir denken. Aber auch
dieses ist nur vorübergehend.
Bei
uns ist es im Augenblick ruhig mit Arbeit und Fliegerangriffen. Aber ich
glaube, dies ist nur die Ruhe vor dem Sturm.
Damit
genug für heute.
Ich
hoffe, dass ihr beide Mamas Geburtstag gut verlebt und auch gefeiert habt.
Es
grüßt Euch recht herzlich und hofft, dass Ihr splitterfreie Nächte habt
und gesund und munter seid
Euer
Walter
|
|
|
Die Vielfalt der
Maschinen war groß
und es
benötigte schon sehr großer Erfahrung |
|
bei
Smolensk
Russland
|
31.10.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
31.10.43
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich Euren Brief Nr. 14 vom 20.10., wofür meinen herzlichsten
Dank.
Zu
Eurer Frage, ob wir im nächsten Winter im Einsatz sind oder ob ich zu
einem anderen Truppenteil versetzt werde, möchte ich Euch antworten. Im
Winter werden wir nach wie vor im Einsatz bleiben. Aber es besteht
immerhin die Möglichkeit, dass wir bei genug kritischer Lage, wie es oft
hier zur Zeit ist, einmal im Erdkampf eingesetzt werden.
Zur
zweiten Frage "besteht die Möglichkeit, dass ich versetzt werde":
Und
zwar habe ich mich mit 12 Mann zusammen zum fliegenden Personal gemeldet.
Diesem
meinem Entschluss liegen verschieden Gründe vor.
1.
besteht hier überhaupt keine Beförderungsmöglichkeit. Was Dir in dieser
Hinsicht Ing. K. erzählt hat, ist mir unerklärlich. Wenn wirklich mal
einer zum Uffz.-Lg. geschickt wird, dann hat er mindestens 3 - 4
Dienstjahre. Und dazu muss man noch ein ¼ jährige Frontbewährung machen
(in der HKL).
2.
Wird bei uns, gegen andere Einheiten, die Arbeit überhaupt nicht
anerkannt. Man arbeitet von morgens bis abends und dann wird man auch noch
angeschissen. Zur Zeit hat Gottschlich mit 3 Kameraden, die zusammen mit in
Wiesbaden waren, am 1.9. das K.V.K. II. Klasse bekommen. Außerdem wurden
sie planmäßig zu Obergefreiten befördert. Und bei uns haben jetzt diese
Auszeichnung noch 7 Mann, obwohl alle schon über 2 Jahre hier draußen im
Einsatz sind.
3.
Wird bei uns alle Schlag der Einheitsführer gewechselt, könnt Ihr Euch
auch denken.
4.
Dauert der Krieg bestimmt noch eine ganze Zeit und ich möchte nicht ewig
diese Arbeit machen.
Aus
diesen Gründen werdet Ihr mein Melden zum Fliegenden verstehen. Bis ich
dies endgültig bin, dauert das auch eine Zeit. Ich muss zunächst nach
Deutschland auf Schule. Die Ausbildung dauert ca. ein ¼ - ½ Jahr. Und
bis wir hier wegkommen, wird noch eine Zeit dauern. Nun damit genug -
abwarten!
Mit
Heinz Willi Weil ist sehr bedauerlich. Aber, wo ist er gestorben?
Bei
uns ist noch alles in Ordnung, hoffentlich bei euch auch.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Smolensk
Russland
|
02.11.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
02.11.43
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euren Brief Nr. 15 vom 25.10. erhalten, wofür meinen allerbesten
Dank. Es freut mich, dass das Paket mit den Kaufsachen gut angekommen ist.
Was
habt Ihr nur für eine Angst vor der L-Feldeinheit. Diese befindet sich
doch in der Auflösung. Und ein dortiger Einsatz kommt nur in den
äußersten Fällen vor.
Schicke
Euch hiermit 20 RM mit. Werde Hampel noch etwas mitgeben. Aber allzu viel
kann ich im Augenblick nicht abtreten, da ich durch die größeren
Marketenderwaren sehr geschröpft bin.
Der
wiederholte Angriff auf Frankfurt ist sehr bedauerlich. Aber ich hoffe, in
Aussicht der neuen Waffen der Luftwaffe, dass dem Engländer bald das
Gehirn ausgebombt wird. Bei uns ist alles in Ordnung.
Walter
Hampel fährt in den nächsten Tagen auf Urlaub. Dann werde ich ihm eine
Kiste mit Zigarren und 100 Zigaretten mitgeben. Die Zigaretten gehen
wieder halbe-halbe. Die Zigarren sind eigentlich für Weihnachten
bestimmt.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Smolensk
Russland
|
05.11.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
05.11.43
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich Euren Brief Nr. 16 vom 30.10. (abgest. 2.11.). Dass Papa
sofort Alfred geschrieben hat, freut mich. Dass Ihr ihm nichts zukommen
lassen könnt, ist sehr bedauerlich, aber nicht zu ändern.
Dass
Du abends sehr fertig bist, kann ich mir lebhaft vorstellen. Dass die
Kaufwarensendungen jetzt endlich eintreffen, freut mich. Solange ich über
habe, werde ich Euch mit Kaufwaren versorgen. Beigefügt sind 4
Paketmarken. Aber ich weiß nicht, was Ihr mir schicken sollt. Möglichst
ein Paar Äpfel. Wintersachen benötige ich keine, da ich hier genug
bekomme.
Hampel
fährt hier voraussichtlich am 7.11. ab. Ich habe ihm außer den 41
Zigarren und 100 Zigaretten noch 30 Mark mir gegeben.
Hier ist noch alles in Ordnung. Mit Arbeit geht es. Damit genug.
Es
grüßt euch sehr herzlich
Euer
Walter
|
bei
Smolensk
Russland
|
06.11.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
06.11.43
Liebe
Eltern!
Da
morgen Walter Hampel in Urlaub fährt, muss ich euch kurz noch einige
Zeilen schreiben und diesem mitgeben.
Euren
Brief Nr. 16 habe ich gestern erhalten und im Brief Nr. 22 beantwortet.
Für
Papa habe ich ihm 41 Zigarren und 50 + 50 = 100 Zigaretten mitgegeben. Die
Zigaretten hatte ich eigentlich für Weihnachten bestimmt. Aber nun konnte
ich sie gerade mitgeben. Und so soll es ein vernünftiges
Weihnachtsgeschenk sein. Ferner habe ich 30 Mark mit beigelegt.
Was
hier los ist und wie es mir geht, könnt Ihr am besten von ihm erfahren.
Damit genug für heute.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
|
07.11.1943
Obgfr. M. Gottschlich, Petersberg
Lazarett
Waldschlösschen, 07.11.1943
Liebe
Familie Michel!
Ihren
Brief habe ich dankend gestern erhalten. Ja Sie werden erstaunt gewesen
sein, wie Walter Ihnen meinen Lazarettaufenthalt mitteilte. Aber es ist
nicht so schlimm, denn es war schon ein älteres Leiden, was sich nur in
letzter Zeit arg verschlimmert hatte. Die Operation habe ich nun schon gut
überstanden und darf schon wieder aufstehen, mache nun noch täglich zwei
Liegekuren, da bei größeren Anstrengungen noch Schmerzen auftreten, aber
sonst geht es mir schon wieder sehr gut.
Habe auch schon das Lazarett
wechseln müssen und liege jetzt im Lazarett unmittelbar im Rsgb. in dem
wir aufstehen dürfen. Meinen Eltern und meiner Schwester geht es noch
gut. Sie sind bis jetzt von größeren Fliegerschäden bewahrt worden.
Ja, es ist ein furchtbares Kreuz, oftmals schlimmer als im Osten. Uns alle
bewegt nur der eine Wunsch, dass es recht bald ein Ende nehme.
Sonst
darf ich ja auch annehmen, dass es Ihnen noch gut geht, mit Walter stehe
ich ja noch in laufendem Briefkontakt, ich bedauere nur immer wieder, dass
man uns auseinandergerissen hat. Aber das mit dem Paket ist doch wirklich
nicht nötig. Ich weiß sehr gut, wie wenig ein jeder jetzt hat. Ich hatte
meinen Eltern auch gleich geschrieben, dass ich nichts brauche und dass
ich sogar bei jeder Löhnung einige Kuchenmarken bekomme. Also Sie sehen,
dass für den Soldaten schon gesorgt wird.
Nochmals
für Ihren Brief besten Dank.
Es
grüßt sie vielmals
Alfred
Gottschlich
|
bei
Smolensk
Russland
|
12.11.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
12.11.43
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euer Paket vom 26. d.M. Nr. 7 erhalten. Es ist sehr gut angekommen.
Meinen allerbesten Dank.
Viel
weiß ich nicht zu berichten. Wir haben zur Zeit sehr viel Arbeit. Die
Lage ist sehr ernst. Wir werden wieder bald verlegen. Darum seid nicht
beunruhigt, wenn Ihr mehrere Tage keine Post bekommt.
Wie
ist es eigentlich? Ist der Verpflegungssatz erhöht worden? Damit genug
für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Smolensk
Russland
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20.11.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
20.11.43
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euer Paket Nr. 8 vom 3. d.M. erhalten, wofür meinen allerbesten
Dank. Es kam sehr gut an. Die Handschuhe sind schön und gut. Die Äpfel
schmecken gut und auch sehr. An Wintersachen benötige ich nichts.
Wir
sind noch immer in W. , werden aber nicht sehr lange hier sein. Die
meisten Maschinen sind schon weg. Wir haben fast überhaupt keine Arbeit.
Mich haben sie jetzt zum ersten Wart vom Chef einer Maschine (Fieseler
Storch) gemacht. Bin daher natürlich immer beschäftigt.
Mit
Beförderung wird es möglicherweise erst am 1.12. etwas werden. Wir haben
einen neuen Chef (Olt. Fähner) bekommen. Dieser konnte am 1.11. auch
keine Beförderung aussprechen, da er noch keine 4 Wochen da war.
Was
ist denn eigentlich los? Ich habe die letzten 14 Tage überhaupt keine
Briefpost mehr bekommen. Geht die Post so schlecht? Oder schreibt Ihr
nicht? Damit für heute genug.
Es
grüßt Euch recht herzlich und wünscht Euch alles Gute
Euer
Walter
|
bei
Smolensk
Russland
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23.11.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
23.11.43
Liebe
Eltern!
Habe
vorgestern Eure beiden Briefe Nr. 17 und 18 vom 8. und 14. d.M. erhalten.
Ferner das Päckchen Nr. 9 vom 9. d.M. erhalten. Für alles meine
allerbesten Dank.
Ich
habe heute ein Paket für Weihnachten an Papa abgesandt. Es ist darin
enthalten: 4 ½ Pakete Tabak (325 g, 225 g Krollschnitt, das übrige
Feinschnitt), ca. 75 Zigaretten, 10 Zigarren und 4 Päckchen
Zigarettenpapier.
Nun
zur Beantwortung Eurer Schreiben:
Ihr
habt mein Schreiben vom 31.10. erhalten, ich bin über Eure Antwort
erstaunt. Ob es mir gelingen wird, ist allerdings eine 2. Frage. Herr K.
hat den Brief erhalten. Anmerken hat er sich noch nichts lassen.. Der
Brief, den Papa geschrieben hat, ist richtig. Ganz nach meinem Wunsch.
Damit genug.
Anbei
schicke ich Euch 6 Paketmarken.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Smolensk
Russland
|
26.11.1943
Fl.Ing.aK Clemens Kirschner Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Im
Osten, 26.11,43
Sehr
geehrter Herr Michel!
Vor
einigen Tagen erhielt ich Ihre Zeilen. Haben Sie Dank für die offene
Berichterstattung.
Zunächst
will ich Ihnen mitteilen, was Sie am meisten interessieren dürfte. Wenn
die Männer, die sich freiwillig melden, abberufen werden, so haben wir
keine Möglichkeit, die Männer zurück zu halten. Nach meiner Ansicht
werden diese Männer auch irgendwie zum Einsatz kommen.
Wenn
nun dieser oder jener entbehrlich ist, so hat er vielleicht Glück. Mich
hat es geärgert, dass sich der ganze Verein während meiner Kommandierung
meldete. Eine telefonische Rücksprache hätte über manches Klarheit
gebracht. Die Beweggründe zur Meldung waren mir bekannt, auch um die
Beseitigung dieser ungünstigen Umstände setze ich mich dauern ein. Teils
mit mehr, teils mit weniger Erfolg. So hatte ich vor kurzem erreicht, dass
sich jeder freiwillig zum Uffz.-Lehrgang melden könne. Das Ergebnis
dieser freiwilligen Meldungen war erschütternd. Es meldete sich sage und
schreibe ein (1) Mann.
Bei
solchen Ergebnissen könnte man verzweifeln. Meine Behauptung war vorher,
es würden sich mindestens 10 Mann melden. Zuvor hatte man mir immer die
Ohren vorgeheult. Die Sache mit der Frontbewährung in der HKL stimmt
nicht. Durch die gegebene Kriegslage hat man solche Lehrgänge
vorübergehend eingesetzt, aber es ist nicht die Regel.
Leider
glückte eine Kommandierung zum Wintersemester 1943 für Walter nicht
mehr. Doch hätte ich ihn zum Wintersemester 1944 bestimmt frei bekommen.
Ich würde lieber 10 Jahre Obergefreiter sein und könnte im Winter
pausieren, als dass ich die Leiden ertragen würde. Mir sind heile Knochen
lieber als große Kriegsauszeichnungen.
Letztenendes
kommt es auf die Leistungen an. Mit Stolz kann ich behaupten, dass mein
Zug einer der besten im Osten eingesetzten Züge ist. Nur wenige meiner
Männer haben eine Kriegsauszeichnung! Der im Kampfe stehende Soldat kann
seine Leistung augenfälliger nachweisen, als der Techniker, der still
seine Pflicht tut. Mit seinen Leistungen macht man auch nicht gern
Geschrei und Reklame machen, wir sollen kämpfen wenn es sein muss und
ansonsten still und leise unsere Pflicht erfüllen, damit unsere Wehrmacht
den Endsieg erringen kann.
Der
letzte Abteilungsführerwechsel war für die ganze Abteilung nur ein
Vorteil. Ein Wechsel ist für mich viel unangenehmer als für den
einzelnen Mann. Es geht ja schlecht, an jeden Landser meine Sorgen
mitzuteilen. Leider muss man bei einem Haufen von 70 bis 80 Mann immer mal
mit dem Knüppel dazwischen schlagen. Mir wäre es viel lieber, es gäbe
keine Drückeberger und jeder würde so arbeiten, wie es sich gehört.
Dann könnte man manches überflüssiges Aufsichtpersonal einsparen. Es
gibt eben im Leben nicht nur Engel. Ein Schlechter versaut mehr, als 10 Gute
aufbauen können.
Im
Radio hörte ich eben die erschütternde Nachricht von einem erneuten
-angriff auf Frankfurt. Ich hoffe, Sie sind ohne Schaden zu nehmen mit dem
Leben davon gekommen. Jetzt wartet man voll banger Sorgen auf die Post der
Lieben. Möge bald die Vergeltung kommen, damit man die Heimat in
Sicherheit weiß.
Im
Glauben an den Endsieg grüße ich Sie auch und allerbester Dank nochmals
für Ihre Zeilen.
Heil
Hitler!
Ihr
Clemens Kirschner
|
bei
Smolensk
Russland
|
29.11.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
29.11.43
Liebe
Eltern!
Da
ich wieder 7 Tage keine Post von Euch erhalten habe, musste ich schreiben.
Die Postverbindung hier nach W. ist sehr schlecht. Für Papa habe ich am.
25.11. ein Päckchen mit 60 franz. Zigaretten und heute eines mit 14
französischen Zigaretten und 3 Zigarillos losgeschickt.
Mit
unserer Verlegung zieht es sich noch einige Tage hin. Unser Stab und 2.
Zug hat bereits verlegt. Unser Zug ist nur noch hier als Nachkommando.
Viel haben wir nicht zu tun.
Die
Wetterlage ist für die Jahreszeit noch gut. Bisher haben wir schon 15 -
20 cm Schnee, aber vom Winter abgesehen, ist es noch mild (0° bis - 2°).
Ich habe durch den Rundfunk erfahren, dass wieder ein schwerer Angriff auf
Frankfurt war. Was ist dort wieder passiert? Hoffentlich nichts bei Euch
zu Hause! Damit Schluss für heute.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
P.S.
Karlheinz ist nur 14 km von uns entfernt. Leider können wir uns nicht
treffen!
|
|
Smolensk
wird geräumt - zurück bleiben zerstörte Häuser,
Fabriken,
Brücken, Eisenbahngleise und Rollbahnen
Die
Taktik der "verbrannten Erde" wurde auf beiden Seiten angewandt,
um den Gegner am schnellen Nachrücken zu hindern und ihm jede
Unterkunftsmöglichkeit zu nehmen. Vielfach wandte sich diese Taktik auch
gegen die eigenen Truppen, die bei Offensiven ebenso behindert waren. In
allen Teilen Europas erlebten die wenigen verblieben Bürger, dass ihre
Städte mehrmals den Besitzer wechselte. Die Sinnlosigkeit des Krieges
kannte keine Grenzen.
|
Sprengbomben
warten darauf,
"scharf"
gemacht und gezündet zu werden |
Eisenbahngleise
werden
in kurzen
Abständen gesprengt
rechts:
Die Rollbahnen
des Fugplatzes Smolensk
werden zur
Sprengung vorbereitet |
|
|
bei
Minsk
Weißrussland
|
03.12.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
03.12.43
Liebe
Eltern!
Wir
sind jetzt endlich auf Verlegung. Wohin es geht, ist noch nicht genau
raus. Auf alle Fälle kommen wir ein schönes Stück zurück. Ich fahre
allerdings nicht mit dem Auto, sondern ich fliege mit dem Storch. Wir
konnten nicht bis zum vorläufigen Ziel durchfliegen, da es das Wetter
nicht zuließ. So warten wir hier im Osten halt zuerst ab und warten auf
besser Wetter. Damit genug für heute.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Minsk
Weißrussland
|
05.12.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
05.12.43
Liebe
Eltern!
Nachdem
wir am Freitag einen Pausentag durch schlechtes Wetter einlegen mussten,
sind wir am Samstag bei gutem Wetter weiter geflogen. Nach einer Flugzeit
von 2 Stunden und 25 Minuten (insgesamt sind wir 280 km in 2 3/4 Stunden
geflogen) hatten wir unser Ziel erreicht.. Ca. 230 Km hinter Minsk (der
Heimat zu).
Hier
sind wir ca. 250 km hinter der HKL. Aber dafür in Bandengebieten.
Hier
auf dem Platz ist überhaupt nichts los. Auch nicht mal eine Halle ist da.
Was wir hier machen sollen, ist einfach rätselhaft. Furchtbar eng
zusammen. Gegen unseren letzten Platz ist das ein schlechter Tausch.
Wollen wir abwarten, was kommt. Damit genug für heute.
Schreibt
bitte, wie lange dieser Brief unterwegs war. Eigentlich soll unsere ganze
Post mit der Maschine transportiert werden.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Minsk
Weißrussland
|
06.12.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
6.12.43
Liebe
Eltern!
Heute
ist hier bei uns Walter Hampel eingetroffen. Ich habe jetzt durch ihn das
Paket wie auch den Brief mit Geld erhalten. Hierfür meine allerbesten
Dank. Das Paket mit Obst und Stollen ist sehr schön. Zu Deinem Brief ist
nicht viel zu sagen. Über die Schäden hat mich Hampel eingehend
unterrichtet. Auch über das, über was Ihr Euch mit ihm unterhalten habt.
Die
Spielzeuge, wenn sie anderweitig gut gebraucht werden, könnt ihr ruhig
weiter geben. Auch andere Sachen wie z.B. Spielsachen - außer
Metallbaukästen - könnt Ihr weitergeben. Sonst habe ich im Augenblick
nichts Beunruhigendes.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Minsk
Weißrussland
|
08.12.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
08.12.43
Liebe
Eltern!
Habe
gestern Euren Brief Nr. 21 vom 26.11. mit Nasenschützer erhalten, wofür
meine allerbesten Dank. Dass die Zigarren gerade im rechten Augenblick
angekommen sind, kann ich mir denken. Hoffentlich haben sie Papa gut
geschmeckt. Ich werde in den nächsten Tagen wieder 8 Zigarren und einen
Film schicken.
Gestern
Abend sind wir wieder von Bergung zurück gekommen. Es war eine schwere
Arbeit. Wir waren 2 Tage unterwegs. Die Maschine lag in der Nähe von Schinsk.
Es sind ungefähr 50 km zu fahren gewesen. Durch die ständigen
Schneeverwehungen wird eine solche Fahrt furchtbar erschwert. Auf der
Rückfahrt sind wir unterwegs im Schnee stecken geblieben. Sonst gibt es
nichts neues.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Minsk
Weißrussland
|
09.12.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
09.12.43
Liebe
Eltern!
Nachdem
wir uns hier ungefähr in unser neues Quartier zurecht gefunden haben,
möchte ich Euch einen kurzen Bericht geben. Wir wohnen hier in einem
Dorf. Sind einquartiert bei Russen. In jedem Haus 6 - 10 Mann. Ich wohne
zur Zeit mit 8 Mann zusammen bei einem alten Ehepaar. Alles in einem Raum.
Wir 8 schlafen auf dem Fußboden (auf Stroh). Der Mann im Bett, die Frau
auf dem Herd. Es ist furchtbar eng. Der Raum ist nur 7 - 8 m groß. Die nötigen Haustiere
werden hier auch versorgt.
Technische
Arbeit haben wir zur Zeit keine. Wir bauen uns eine große Baracke in der
Nähe des Flugplatzes, damit wir eine vernünftige Unterkunft bekommen.
Der Flugplatz wird noch ausgebaut. Das dauert noch einige Zeit.
Anbei
schicke ich Euch noch 3 Luftfeldpostbriefmarken.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Minsk
Weißrussland
|
11.12.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
11.12.43
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euren Brief vom 4. d.M. erhalten. Wofür meinen allerbesten Dank. Es
freut mich, dass das Paket Nr. 8 angekommen ist. Jetzt fehlen noch die
Luftsendungen Nr. 7 und 9 bis 11.
Mit
der Beförderung ist bis jetzt noch nichts raus. Allerdings ist der
Abteilungsbefehl von diesem Monat noch nicht raus. An das fliegende Personal glaube ich bald nicht mehr, denn man hört nichts mehr.
Über
Walter Bingemer bin ich erstaunt. Aber dies sind ja andere Verhältnisse
wie bei mir. Bei uns gibt es zur Zeit nichts Neues.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Minsk
Weißrussland
|
14.12.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
14.12.43
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euren Brief vom 1.12. und 23.11. erhalten, wofür meinen allerbesten
Dank.
Der
Brief Nr. 20 vom 23.11. ist bereits veraltet. Hampel ist bereits wieder da.
Das Geld habe ich von ihm erhalten, ebenfalls das Paket. Ferner haben wir
uns über alles unterhalten.
Der
andere Brief Nr. 22 vom 1.12. ist auch bereits reichlich veraltet. Mit der
Post hoffe ich, dass es jetzt besser klappt. Aber ich nehme an, dass wir
nicht mehr allzu lange hier sind, denn gewisse Anzeichen dazu haben wir
dafür.
Dass
in Frankreich kein Frontgeld mehr gilt, habe ich zur Kenntnis genommen.
Über Fritz bin ich erstaunt. Ich werde ihm Weihnachtsgrüße zukommen
lassen. Über Karlheinz und Alfred bin ich genau unterrichtet.
Dass
das Paket Nr. 9 gut und schnell angekommen ist, freut mich. Aber über das
2. Päckchen Nr. 7 vom 24.11. habe ich noch keine Bestätigung. Ich glaube
es waren ca. 100 Zigaretten drin. Damit genug für heute. Bei uns ist noch
alles in Ordnung.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Minsk
Weißrussland
|
17.12.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
17.12.43
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euren Brief vom 10. d.M. erhalten, wofür meine allerbesten Dank.
Winter haben wir hier auch. Aber es ist noch nicht toll. Wir haben hier
sehr wenig Schnee. Auch haben wir nur wenige Grad C unter 0.
Über
Hermann bin ich erstaunt, dass er gerade an Weinachten zuhause ist. Dies
Glück habe ich bisher noch nicht. Aber weit bin ich vom Urlaub nicht mehr
entfernt. Daher bitt ich Euch im neuen Jahr vorerst kein Paket mehr zu
schicken.
Ferner
habe ich heute Euer Paket vom 23.11. erhalten. Meinen allerbesten Dank
hierfür. Es kam sehr gut an. Und die Äpfel und das übrige habe ich mich
gefreut.
Hier
gehrt es immer seine alten Trott. Aber Gott sei Dank habe ich mit
Holzfällen und Buddeln nichts zu tun, denn ich habe ja immer am Storch zu
tun.
Ich
bitte Euch, im nächsten Brief, wenn es möglich ist, mir zwei
Tätigkeitsabzeichen zu schicken (das eine gewöhnlich, das andere mit
einer Goldkordel). Ferner mir 2 ½ m Goldkordel zu schicken. Damit genug.
Es
grüßt Euch recht herzlich und wünscht Euch "Frohe Weihnacht"
und ein glückliches "Neues Jahr".
Wollen
wir hoffen dies uns mehr Glück bringt.
Euer
Walter
|
|
Der
Fieseler Storch des Einheitsführers wurde stets gut bewacht |
, |
|
bei
Minsk
Weißrussland
|
18.12.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
18.12.43
Liebe
Eltern!
Heute
wurde mit Wirkung vom 1.12. meine Beförderung zum Obergefreiten
ausgesprochen. Damit habe ich es endlich erreicht.
Ich
bitte euch, aus diesem Anlass mir meine Steuerkarte zu schicken. Diese
wird für den Gehalt benötigt. Ferner bitte ich Euch, die Nummer und
Anschrift meines Sparbuches anzugeben. Wegen der Gehaltsüberweisung.
Diese beträgt soweit mir bekannt ist 75,50 RM monatlich. Damit genug
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Minsk
Weißrussland
|
23.12.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
23.12.43
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euren Luftfeldpostbrief vom 15. d.M. erhalten, wofür meinen
allerbesten Dank.
Heute
haben wir einen Tag vor Weihnachten. Ich möchte Euch daher noch einmal
schreiben. Es ist die dritte Weihnacht, die wir nicht zusammen sind.
Hoffentlich ist die vierte anders.
Wir
werden morgen Weihnachten feiern. Wie diese natürlich unter Soldaten
gefeiert wird, besonders wenn es eine vernünftige Marketenderware gerade
gab, kann sich Papa ja bestimmt vorstellen.
Ferner
habe ich eich zu berichten, dass das Paket von Onkel Fritz gut angekommen
ist. Außerdem ist das Paket von Heinrich Wörner gut angekommen. Es war
drin: Ein Kuchen (ca. 250-300 g), Schachspiel, Fußpuder, Tabletten gegen
Husten und Hals, Hansaplast, Briefpapier und ein Buch. War der Firma
anzuerkennen.
Anbei
6 Luftfeldpostmarken.
Der
Winter ist bis jetzt noch nicht toll. Wir haben Schnee (ca. 20 - 25 cm)
und 5 bis 10 ° unter O. Damit genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich und wünscht euch ein gutes "Neues
Jahr" .
Hoffentlich
bringt es uns mehr Glück
Euer
Walter
|
bei
Minsk
Weißrussland
|
27.12.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
27.12.43
Liebe
Eltern!
Habe
gestern Euren Brief Nr. 19 vom 19.11. erhalten. Er hat scheinbar lange
irgendwo gelegen. Meinen besten Dank. Der Brief ist zwar schon sehr
veraltet, denn Hampel ist schon wieder 3 Wochen aus dem Urlaub zurück.
Aber sag bloß mal, wie viel Bäume willst du noch in den kleinen Garten
pflanzen? Ich schätze, wenn Du noch Gemüse ziehen willst, musst Du
diesen bald vergrößern.
Die
Feiertage haben wir gut und ruhig verlebt, hoffentlich Ihr auch. Am 24.
hatten wir noch eine Weihnachtsfeier. Anschließend vernünftiges Essen.
Und darauf Geschenkverteilung durch den Weihnachtsmann. (dies machte der
spieß). Es hat gegeben 2 Fl. Sekt, 320 Zigaretten, 5 Zigarillos, 2 Pakete
Tabak, 1 Tafel Schokolade, 10 Rollen Drops, Briefpapier, Tube Zahnpasta,
10 Rasierklingen, 1 Paar ...., 20 Schachtel Streichhölzer und ca. 2 Pfund
Lebkuchen. Dann feierten wir auf Stube bis 24 Uhr. Am 1. Feiertag hatten
wir dienstfrei.
Nun
habe ich geschrieben, wie es hier war. Aber, wie war es bei Euch? Habt Ihr
mit Bekannten wieder zusammen gefeiert? Nun damit genug für heute.
Es
grüßt Eich recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Minsk
Weißrussland
|
30.12.1943
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
30.12.43
Liebe
Eltern!
Gestern
erhielt ich noch ein Weihnachtspaket von Euch, vom 30.11.. Meinen
allerbesten Dank. Es kam sehr gut an. Kuchen und Gebäck schmeckt einfach
prima.
Ferner
erhielt ich heute Euren langersehnten Brief vom 2.. d.M. (Nr. 27). Meinen
allerbesten Dank. Vor allem freut es mich, dass Euch und dem hause nichts
passiert ist. Auf diese Nachricht, was in Frankfurt passiert ist, waren
wir alle drei sehr gespannt wie ein Regenschirm. Dass die Schäden sehr
groß sind und das Unheil, das angerichtet wurde, furchtbar war, glaube
ich gern. Es gibt einfach nichts furchtbareres als Fliegerbomben, dies
haben wir hier schon sehr oft festgestellt. Selbst Artillerie ist nicht so
schlimm. Dies stellte ich fest, als uns diese in Witebsk mehrmals
beharkte.
Wir
sind daher hier froh, dass wir im Augenblick Ruhe haben. Aber wie lange
wird dies sein? Ich bin ja mal gespannt, was von Frankfurt noch steht,
wenn ich demnächst auf Urlaub komme. Dann können wir uns über alles
auch mal wieder richtig aussprechen.
Wollen
wir hoffen, dass es auch weiterhin gut für uns abgeht. Anbei noch 4
Luftfeldpostbriefmarken.
Bei
uns gibt es zur Zeit nichts Neues. Alles unverändert. Morgen ist
Silvester. Da wird wieder mal bei uns ordentlich gefeiert. "Prost
Neujahr!" Damit genug für heute.
Es
grüßt euch recht herzlich und wünscht euch alles Gute und viel
Glück
Euer
Walter
|
|
1944
Am
14. Januar begann der sowjetische Angriff auf den deutschen
Belagerungsring um Leningrad. 900 Tage hatte die Stadt ausgeharrt
und konnte nur im Winter über den zugefrorenen Ladogasee mit Nachschub
versorgt werden. Die Sowjets setzten nach: ihre Frühjahrsoffensive
brachte weitere Gebietsgewinne, und die Wehrmacht musste sich weiter
zurückziehen bis zum Peipus-See. Hitler befahl wie Stalin zu Beginn des
Krieges die Taktik der verbrannten Erde, durch die den Sowjets keine
kriegswichtigen Einrichtungen hinterlassen werden sollte.
Vom
9. April an konzentrierten sich die sowjetischen Anstrengungen auf die
Rückeroberung der Halbinsel Krim, die am 12. Mai wieder fest in
sowjetischer Hand war. Die deutschen und rumänischen Einheiten retteten
sich großenteils über das Schwarze Meer.
Nach
einer kurzen Ruhephase während der schlammigen Frühjahrszeit griffen die
Rotarmisten im Juni wieder an. Am 9. Juni begann die Offensive an der
finnischen Front auf der karelischen Landenge. Ende Juni kam dieser
Angriff auf Höhe der alten Grenze von 1940 zum Stehen.
Ziel
der Sowjets war die Zerschlagung der Heeresgruppe Mitte. Am 23. Juni (Operation
Bagration) brachen die Angreifer durch die Verteidigungsfront
und kesselten große deutsche Verbände bei Witebsk und Bobruisk ein. Am
29. Juni kapitulierten diese Truppen, worauf die Heeresgruppe Mitte
praktisch aufgelöst war und die Rote Armee bis kurz vor Warschau und an
die Grenzen von Ostpreußen vorstoßen konnte. Diese Niederlage der
Deutschen Wehrmacht war verheerender und folgenreicher als die Schlacht um
Stalingrad eineinhalb Jahre vorher: denn die Wehrmacht verlor mehr
Soldaten (schätzungsweise 500.000 Tote und 400.000 Gefangene) und Gerät,
die ganze Ostfront geriet ins Wanken.
Am
3. Juli eroberte die Rote Armee Minsk zurück und kesselte die Reste der
deutschen 4. Armee ein, die bald kapitulierte. Weiter südlich drang ab
dem 13. Juli in Galizien eine weitere sowjetische Offensive bis Lemberg
zur Weichsel vor.
Am
20. Juli 1944 versuchten deutsche Widerständler im Hauptquartier in
Ostpreußen ein Attentat auf Hitler, das aber ebenso scheitert wie der
anschließende Versuch eines Staatsstreiches in Berlin. Die Attentäter
wurden hingerichtet.
Am
1. August begann der Warschauer Aufstand der Polnischen Heimatarmee. Die
traditionelle Sicht der sowjetischen Haltung zu diesem Aufstand (die unter
anderem von Churchill selbst vermittelt wurde) wirft Stalins Regierung
vor, mit Absicht die Zerschlagung des Aufstands durch die Wehrmacht nicht
verhindert zu haben um antikommunistische Kräfte zu schwächen.
Demgegenüber weist etwa der britische Historiker Richard Overy (Russlands
Krieg. Rowohlt 2003. ISBN 349805032X) jüngst darauf hin, dass die
Möglichkeiten der Roten Armee zu diesem Zeitpunkt (nach einer
umfangreichen und raumgreifenden Offensive gegen die Heeresgruppe Mitte)
begrenzt waren, Entlastungsangriffe am deutschen Widerstand scheiterten
und die polnische Heimatarmee es ablehnte ihre Aktivitäten mit
sowjetischen und polnisch-kommunistischen Einheiten zu koordinieren.
Mit
dem Beginn der Operation Jassy-Kischinew im August marschierte die Rote
Armee in Rumänien ein und vernichtete die (neue) deutsche 6. Armee bei Chisina(u. Am 23. August wechselte König Michael von Rumänien die
Fronten und erklärte Deutschland den Krieg. Die Erfolge der Sowjets
zwangen die Wehrmacht zum Rückzug aus Griechenland, am 13. Oktober
rückten britische Einheiten in Athen ein.
Am
5. September nahm die Rote Armee Bulgarien ein; dort inszenierten die
Sowjets am 9. September einen kommunistischen Staatsstreich und
marschierten am 19. September in Sofia ein. Ein weiterer Verbündeter
Deutschlands fiel an diesem 19. September weg, als Finnland einen
Waffenstillstand mit der Sowjetunion schloss.
Am
20. Oktober eroberten sowjetische Einheiten und jugoslawische Partisanen
unter Tito die Hauptstadt Belgrad und zwangen die deutsche Heeresgruppe E
zum Rückzug bis zur Drina.
Im
Norden zog sich die Heeresgruppe Nord am 13. Oktober aus Riga nach
Kurland
zurück. Ab dem 20. Oktober, als die Rote Armee zur Mündung der Memel
vorstieß, war sie vom Rest der Ostfront abgeschnitten, konnte aber von
der Roten Armee in zahlreichen Kämpfen nicht vernichtet werden.
Auch
in Ostpreußen kam die Offensive der Sowjets im Oktober nach anfänglichen
Erfolgen zum Erliegen. Punktuell konnte die Wehrmacht Boden gutmachen.
In
der ungarischen Hauptstadt Budapest wurden am 24. Dezember 70.000 deutsche
und ungarische Soldaten eingeschlossen, die Stadt konnte am 11. Februar
1945 von der Roten Armee eingenommen werden.
|
bei
Minsk
Weißrussland
|
02.01.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
02.01.44
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich Euren Brief vom 26.12., wofür meinen allerbesten Dank. Nun
schreiben wir 1944. Wieder liegt ein Jahr schweren Kampfes hinter uns. Was
wird uns dieses Jahr bringen? Hoffentlich den lang ersehnten Frieden!
Wir
haben hier auch wieder sehr schön und gut Neujahr gefeiert. Wir hatten
vor allem Ruhe. Hoffentlich hattet Ihr das auch!
Dass
Ihr den Heiligabend zu viert gut verlebt habt, freut mich. Was das
Hauptgespräch war, habe ich mir schon gedacht. Auch bei uns wurde
darüber gesprochen. Dies könnt Ihr Euch wohl denken, zumal wir
verschieden Familienväter unter uns haben. Man verbringt natürlich nicht
den ganzen Abend damit, denn dann gäbe es überhaupt keine Stimmung.
Dass
Ihr Euch gegenseitig kleine Geschenke machen konntet, freut mich. Bei uns
ist alles unverändert.
Es
grüßt Euch recht herzlich und wünscht euch alles Gute
Euer
Walter
Auch
soll ich Euch Grüße von Walter Hampel ausrichten
|
bei
Minsk
Weißrussland
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04.01.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland
04.01.44
Liebe
Eltern!
Gestern
erhielt ich Eure beiden Briefe Nr. 26 und 29 vom 21.12. (von Mama) und vom
28.12. . Für beide Briefe meinen besten Dank.
Der
Brief von Mama über den Terrorangriff auf Frankfurt ist durch die beiden
letzten Briefe von Papa bereits erledigt. Dass der Brief Nr. 32 vom 14.12.
noch nicht angekommen ist, ist bedauerlich. Ich weiß leider nicht mehr,
was ich darin geschrieben habe. Aber ich hoffe, dass es durch die letzten
Briefe erledigt ist. Aber noch viel mehr würde es mich ärgern, wenn das
Päckchen nicht ankäme. Es ist das Nr. 11 vom 29.11.. Ihr müsst also im
letzten Jahr mit diesem 11 Päckchen erhalten haben (das heißt, von
meinem Urlaub ab).
Die
Schnur und die beiden Abzeichen sind richtig. Hier bei uns herrscht im
Moment Tauwetter und dazu noch starker Wind und Regen. Sonst nichts Neues.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Rückreise
vom
Heimaturlaub
|
08.02.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Insterburg,
08.02.44
Liebe
Eltern!
Bin
hier am Montag kurz nach 13 Uhr gut angekommen. Habe mich dann auf dem
Fliegerhorst gemeldet. Alles gut gegangen. Die Übrigen sind gegen 17 Uhr
eingetroffen. Wir werden voraussichtlich am Mittag im Transport
weiterfahren. Hier in Insterburg merkt man noch nichts, außer den
üblichen Einschränkungen, vom Krieg. Man kann hier noch in Kino und Cafe
gehen ohne durch Alarm gestört zu werden. Das genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Rückreise
vom
Heimaturlaub
|
09.02.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Insterburg,
09.02.44
Liebe
Eltern!
Da
wir heute nun von hier aus losfahren, möchte ich Euch noch die Marken
schicken.
Sonst
habe ich für heute nichts zu berichten.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
15.02.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
15.02.44
Liebe
Eltern!
Gestern
Abend bei Dunkelheit kam ich bei meiner Einheit an. In Insterburg
sind wir erst am 11.2. weggefahren. Und waren in nur 22 Stunden in Minsk.
Es war ein Eiltransport mit Kraftfahrzeugen. Von dort sind wir dann zu
unserem Haufen gefahren. Er siegt dort wie Rohloff geschrieben hatte. Wir
wohnen in Russenhäusern. Es geht aber einigermaßen. Auf dem Platz ist
wieder viel Arbeit. Wir haben eine Halle.
Was
ist bei den letzten Angriffen wieder alles passiert? Es ist einfach
furchtbar, kaum ist man von zuhause weg und schon ist wieder der Teufel
dazwischen. Hoffentlich ist zuhause alles gut abgegangen.
Das
Wetter geht einigermaßen. Wir haben einige Grad unter 0. Auch liegt hier
noch Schnee.
Anbei
4 Luftfeldpostbriefmarken und 2 Paketmarken.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
17.02.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
17.02.44
Liebe
Eltern,
Heute
erhielt ich euren Brief Nr. 1 vom 8.2., wofür meinen allerbesten Dank. Es
beruhigte mich schon sehr, dass Ihr beim 6. Großangriff gut davon
gekommen seid. Hoffentlich habt Ihr auch beim 7. Glück gehabt.
Liebe
Eltern!
Mit
meinem Urlaub habe ich sehr sehr viel Glück gehabt. Und zwar sind nach
mir noch 5 Mann gefahren. Jetzt soll sogar eine neue Urlaubsregelung
herausgekommen sein, wonach man jetzt nur noch einmal im Jahr in Urlaub
fahren soll. Dies wäre gerade nicht schön. Sonst habe ich heute nichts.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
22.02.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
22.02.44
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich Euren Brief vom 13. , wofür meinen allerbesten Dank. Habe
euch heute ein Paket mit 3 Päckchen Tabak, 4 Zigarren, Zigarettenpapier
und eine Zahnbürste mit einer Tube Zahncreme abgeschickt. Hoffentlich
kommt es an.
Es
freut und beruhigt mich, dass bei Euch zuhause nichts passiert ist. Dass
die Leute immer unsicherer werden, kann ich mir denken. Hoffentlich hat
das alles bald ein Ende. Bei uns gibt es nichts besonderes. Über Alfred
weiß ich bescheid.
Anbei
2 Bilder und ein Negativ, das eine ist auf der Verlegung nach P., das
andere ist an einer Maschine FW 190.
Das
3. ist eine Großbildaufnahme. Genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
28.02.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
28.02.44
Liebe
Eltern!
Habe
Euren Brief Nr. 3 vom 18.2. erhalten, wofür meinen allerbesten Dank.
Bei
uns ist es noch einmal Winter geworden. Es sind noch einmal 10 cm Schnee
und nachts ist es 10 - 12 ° unter Null. Am Tag ist es oft sehr schön.
Die Sonne hat schon wieder etwas Kraft.
Hier
auf dem Platz haben wir nicht sehr viel zu tun. Wir sehen es bald wieder
rollen. Hier auf dem Platz ist ein Kino, in das wir jede Woche 2-3 mal
gehen. Ferner haben wir jetzt, wo wenig zu tun ist, 2 x in der Woche
Sport. Dieser besteht aus Fußballspielen. Heute haben wir ein Spiel gegen
den 2. Zug gehabt. 4 zu 5 für uns. Es ging feste zu. Damit für heute
genug.
Es
grüßt Euch herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
08.03.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
08.03.44
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euren Brief Nr. 6 vom 22.3. erhalten, wofür meinen allerbesten
Dank. Zwar habe ich diesen Brief erst mit einem kl. Schreck gelesen. Aber
zum Glück musste ich feststellen, dass ihr noch gut durchgekommen seid.
Hoffentlich steht unser Haus noch und ihr seid gesund, wenn ich wieder in
einem halben Jahr nach Hause komme.
Von
hier ist wenig zu berichten. Der Sturm mit der Arbeit hat wieder
nachgelassen und wir haben wieder unsere normale Arbeitszeit.
Nun
habe ich noch eine Bitte, dass Ihr mir im nächsten Paket ein Schnapsglas
schickt. Damit genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
12.03.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
12.03.44
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euren Brief Nr. 7 vom 8.3. erhalten, wofür meinen allerbesten Dank.
Nach
Euren Schilderungen über den Fliegerangriff auf Frankfurt zu folgen, muss
dieser furchtbar gewesen sein. Hoffentlich habt Ihr weiterhin großes
Glück.
Die
Wetterlage ist zur Zeit hier sehr mild. Wir haben regelrechtes Tauwetter.
Arbeit haben wir sehr wenig. Heute, am Sonntag, hatten wir
Heldengedenkfeier mit der Horstkompanie zu feiern. Der Horstkommandeur
hielt eine Ansprache. Er ist von Beruf Pfarrer. Kann daher natürlich gut
reden.
Nun
habe ich Euch wegen dem Füllhalter noch etwas zu schreiben. Schickt
diesen in einem Päckchen an Fritz Schuhmann. Dieser ist vorgestern in
Urlaub gefahren und will mir ein Paket mitbringen. Schickt es aber bald
los, da er nur 14 Tage zuhause ist.
Ferner
bitte ich Euch um ein Schnapsglas, denn unser Glas ist kaputt und aus der
Flasche schmeckt das Zeug nicht so. Damit genug für heute.
Es
grüßt euch recht herzlich und wünscht euch alles Gute
Euer
Walter
|
|
Luftabwehr
in der Heimat
Währenddem
die Soldaten an der Front auf ganz andere Art gefordert wurden, ertrug die
Bevölkerung die immer stärker werdenden Luftangriffe der Alliierten, die
all das wieder zurück zahlten, was die Deutsche Luftwaffe angerichtet
hatte. In den Briefen von Walter Michel ist immer öfters die Sorge um die
Bombenangriffe auf Frankfurt am Main die Rede. Hier muss man sagen, dass
Frankfurt-Fechenheim nur zwei nennenswerte Angriffe zu verzeichnen hatte,
die allerdings auch starke Verwüstungen hinterließen. Über die
Flugleitzentralen hatte dei Bevölkerung jedoch ausreichend Zeit, die
Bunker aufzusuchen.
Für
Menschen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad täglich nach Frankfurt
mussten, war die Situation ungleich gefährlicher, denn sie erreichten
nicht immer den rettenden Schutz. Viele junge Frauen waren zudem in den
Flugüberwachungen beschäftigt, die ständig mit den
Luftbeobachtungsposten, den Flakstellungen und den Jagdflugzeugstaffeln
verbunden waren. Ihre aufopfernde Arbeit wird heute mit keinem Wort mehr
erwähnt. Dennoch konnten alle Flugabwehrmaßnahmen nicht verhindern, dass
dei Bomberverbände ihre Ziele erreichten.
Für
die Frontsoldaten war der Zeitraum zwischen Wehrmachtsbericht und der
nächsten Post aus der Heimat eine bange Hängepartie und Fronturlauber
standen nicht selten vor einem Trümmerhaufen und mussten erst ihre
Angehörigen suchen - wenn sie überhaupt noch lebten.
Die
Fahrt zurück zur Front glich oft einer Fahrt "nach Hause", denn
das wirkliche Zuhause gab es oft nicht mehr.
Flugleitzentrale
zur Organisierung der Fliegerabwehr
Nachtjäger greifen ein
rechts dei Flakabwehr |
|
Dennoch
waren die Bombenangriffe wesentlich erfolgreicher als deren Abwehr
|
bei
Polozk
Witebsk
|
18.03.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
18.03.44
Liebe
Eltern!
Habe
heute euren Brief vom 13.3. erhalten, wofür meinen allerbesten Dank. Ich
bin sehr froh, dass unser Haus wieder in Ordnung ist. Hoffentlich passiert
nichts mehr.
Mit
der Urlaubsfrage hat es sich sehr geändert. Und zwar ist es jetzt auf 7
Monate zurückgesetzt worden. Aber es ist durchaus möglich, dass ich vor
der Zeit zu Hause einige Tage bin. Zu der Frage mit dem Kriegsende kann
ich nur sagen, dass der Zeitpunkt etwas zu früh ist. Schön wäre es,
aber ich glaube nicht daran. Aber mit Bestimmtheit sage ich, dass der
Krieg in diesem Jahr entschieden wird.
Ich
bin sehr erstaunt, dass Du noch gemustert wurdest. Aber es freut mich,
dass Du NK gestellt bist, denn ich wünsche dir nicht, noch zu dieser Zeit
eingezogen zu werden. Dass Hans überhaupt noch einmal nach Frankfurt
gekommen ist, wundert mich.
Ich
muss nun Schluss machen, denn wir haben heute eine kleine Feier. Es
wünschen Euch alle Kameraden der Stube alles Gute.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
19.03.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
19.03.44
Liebe
Eltern!
Der
Brief ist leider heute morgen liegen geblieben, geht daher einen Tag zu
spät los.
Liebe
Eltern!
Gerade
habe ich durch den Wehrmachtsbericht vernommen, dass Frankfurt schon
wieder angegriffen wurde. Einfach furchtbar. Hoffentlich ist nichts bei
Euch passiert. Damit genug.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
24.03.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
24.03.44
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euren Brief vom 20.3. erhalten, wofür meinen allerbesten Dank. Seit
Tagen warte ich mit großer Spannung auf Post und frage mich immer wieder,
was ist passiert. Heute der Brief war für mich eine kleine Beruhigung.
Aber leider habt Ihr schon wieder zwei Angriffe gehabt. Alle Stunde höre
ich mit Spannung die Luftlagemeldung. Und immer wenn wieder feindliche
Maschinen über dem Reichsgebiet gemeldet sind, fängt alles an zu
schimpfen und hofft, dass recht viele abgeschossen werden.
Aber
nun zum Angriff vom 18. auf den 19.; dabei seid Ihr mit einem blauen Auge
davon gekommen. Hoffentlich geht es immer gut ab. In Frankfurt und den
Vororten muss es jetzt furchtbar aussehen. Ich glaube, man kennt Frankfurt
nicht mehr. Sollte doch einmal etwas Schlimmeres bei euch vorkommen, so
schickt außer einem Telegramm auch ein Einschreiben, vielleicht geht auch
ein Fernschreiben schneller. Nun damit Schluss.
Habt
Ihr den Füllhalter an Fritz Schuhmann abgeschickt? Damit genug für
heute.
Es
grüßt euch recht herzlich und wünscht euch alles Gute
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
29.03.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
29.03.44
Liebe
Eltern!
Heute
habe ich euren Brief vom 24. d.M. erhalten, wofür meinen allerbesten
Dank. Er beruhigte mich in großem Maße, dass Euch nichts passiert ist.
Aber umso mehr bedauere ich das Schicksal, das Frankfurt getroffen hat.
Was ist denn überhaupt noch heil? Oder, was steht noch? Da bin ich mal
gespannt, wenn ich mal nach Hause komme, was überhaupt übrig geblieben
ist. Hoffentlich passiert Euch und unserem Haus nichts. Walter Hampel hat
vom 24. noch keine Nachricht. Er ist auch in schwerer Sorge. Wir liegen
nämlich in einem Haus und unterhalten uns oft abends.
Unser
Ing. Kirchner ist vom Urlaub noch nicht zurück. Er wird aber ende des
Monats zurück kommen. Von ihm werden wir ja Näheres hören.
Mit
Urlaub geht es jetzt planmäßig nach 7 Monaten. Arbeit haben wir immer
laufend, aber nicht übermäßig. Damit für heute genug.
Es
grüßt euch recht herzlich und wünscht euch alles Gute
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
31.03.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
31.03.44
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich Euren Brief vom 22. d.M. , wofür meinen allerbesten Dank.
Aber sagt mal, ist in Frankfurt kein Postamt mehr ganz, denn dieser Brief
wurde am 25.3. in Gießen abgestempelt.
Es
freut mich, dass das Paket mit Kaufsachen gut angekommen ist.
Wie
ich aus Eurem Schreiben und dem Zeitungsausschnitt ersehe, muss dieser
Angriff furchtbar gewesen sein. Da hat sich Frankfurt seit meinem Urlaub
leider schwer verändert. Hoffentlich passiert Euch nichts.
Wo
arbeitest du jetzt, Papa? Noch im Rathaus?
Bei
uns ist alles unverändert. Damit genug.
Zum
Schluß wünsche ich euch noch frohe Ostern.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
05.04.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
05.04.44
Liebe
Eltern!
Habe
heute euer Paket Nr. 1 erhalten, wofür meinen allerbesten Dank. Das Paket
ist sehr gut angekommen. Ich hatte noch Glück es gerade heute noch zu
bekommen, denn morgen verlegt mal wieder unser Zug. Wir gehen mal wieder
50 km südlich. Den Ort hatte ich schon einmal in meinem Urlaub erwähnt.
Ich
bin wieder mal Beifahrer in einem schweren Skoda. Der Ing. ist bis jetzt
noch nicht hier. Haben sie ihm vielleicht auch die Möbel entstaubt? Denn
er müsste schon längst hier sein. Damit genug für heute.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
13.04.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
13.04.44
Liebe
Eltern!
Da
jetzt zu uns hier ein furchtbar schlechter Postverkehr herrscht, muss ich
Euch trotz allem wieder einmal schreiben. Mit der Post das kommt daher, 1.
dass wir jetzt vom Stab weg sind und 2. dass auch unser Stab woanders hin
verlegt hat. Wir sind jetzt von unserem Stab über 500 km entfernt. Daher
bekommen wir noch alle 8 - 10 Tage, manchmal noch länger, keine Post.
Auch die Post zu euch wird länger unterwegs sein, da wir jetzt keine Post
mehr auf dem Luftweg abschicken können. Denn durch die
Schlammverhältnisse können hier keine Maschinen mehr starten und landen.
Liebe
Eltern!
Ich
war wieder mal drei tage wegkommandiert zu einem anderen Platz um dort
einen Motorwechsel zu machen. Wir waren vier Mann. Der Platz lag nur 30 km
weg. Aber 60 km mussten wir fahren. Wir hatten einen schweren Büssing und
Werkzeug und Kran mit. Die Straße dorthin war furchtbar schlecht. Auf der
Hinfahrt ging es noch einigermaßen, weil der Lehm gefroren war und man
durch die Gräben durch kam. Ich schreibe Gräben, das wird Euch sehr
wundern, wie auf eine Straße Gräben kommen. Auf einer Strecke von ca. 15
km ist alle 40 - 50 m ein Graben von 2 m breit von den Partisanen gezogen
worden. Dadurch konnte man natürlich nur im Schritttempo fahren. Die
Hinfahrt dauerte 3 Stunden. Auf dem Flugplatz angekommen war es nicht viel
besser. Flugplatz ist auch übertrieben zu sagen, denn es ist eine Wiese
mit 2 Kraftwagen, in dem sich die Flugleitung befindet. Eine Startbahn
konnte man in dem Morast nicht erkennen. Wenn man sich über den Platz
bewegte, musste man acht geben, dass einem nicht die Stiefel verloren
gingen.
|
Der
Motorwechsel an der Ju ging einigermaßen. Nur wenn wir den Kran schicken
wollten, mussten wir erst die Flugleitung fortfahren, um das Ding mit 10 -
12 Mann vorwärts zu bekommen. Nachdem wir die Maschine fertig gemacht
hatten, haben wir auch einen schönen Werkstattflug von 25 Min.
mitgemacht. Kurz darauf startete die Maschine mit einem alten Motor und 10
Urlaubern. Aber bei diesem Start hatte der Flugzeugführer zu würgen, bis
die Maschine wegkam. Sekundenlang sah man die Maschine nicht vor Dreck.
Als
wir dann am 3. Tag wieder zurück fuhren, war die Straße aufgetaut. Die
ersten 35 km gingen einigermaßen. Aber dann wurde es furchtbar. Kaum
hatte man den Wagen mit 15 - 20 Mann frei bekommen, saß er wenigen
Minuten später schon wieder fest. Bis wir von der Stelle kamen, wo wir
angehalten wurden. Hier ging es mit eigener Kraft nicht mehr. Alle
Fahrzeuge wurden auf einer Strecke von 1,5 km von ZKW (Raupenschlepper)
durchgeschleppt. Hier war der Schlamm 50 - 60 cm tief. Oft bleib ein ZKW
selber stecken, dann musste ihm erst wieder ein anderer helfen. Als wir
dann wieder mit eigener Kraft fahren mussten, ging es dann bis auf einige
Schwierigkeiten ganz gut.
Nach
einer Fahrt von über 6 Stunden sind wir dann schließlich in unserer
Unterkunft angekommen. |
Die Strecke, die wir mit dem Auto in 6 stunden
gefahren sind, sind wir beim Werkstattflug in 8 Minuten geflogen.
Damit
genug für heute.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
|
|
Die
einfachen Feldflugplätze bestanden aus eingetarnten Zelten für die
Piloten und die Mannschaften, mehreren Flugabwehrstellungen und die
Maschinen waren auf dem freien Feld so abgestellt, dass man sie bei
einem Luftangriff nicht in direkter Linie vernichten konnte.
In
den "nassen" Monaten verwandelten sich diese Plätze in
morastige Landschaften, auf denen keine Maschinen mehr starten und
landen konnten.
Sobald
wieder Flugbetrieb möglich war, wurde oft mehr als 14 Stunden pro
Tag gearbeitet. Bei "Verlegung" galt es, den Platz
innerhalb kürzester Zeit zu räumen und alle Werkzeuge und
Ersatzteile an den neuen Einsatzort zu überführen. |
Befehlsstand einer
Nahaufklärertruppe |
|
|
bei
Polozk
Witebsk
|
14.04.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
14.04.44
Liebe
Eltern!
Heute,
nachdem wir hier jetzt wieder eingeräumt haben, will ich noch kurz einige
Zeilen schreiben. Wir sind jetzt in Ulla. Haben prima Unterkünfte.
Das Essen ist auch gut. Wir leben mit 12 Mann auf einer Stube. Arbeit
haben wir hier genug. In der Hauptsache motormäßige Arbeit. Aber wollen
wir heute nicht von der Arbeit sprechen.
Was
ist zuhause los? Wie steht es mit Alarm? Habt Ihr schon Gehalt überwiesen
bekommen? Habt Ihr damals den Füllfederhalter auch abgeschickt? Denn
Schumann ist schon wieder aus dem Urlaub zurück. Wenn nicht, so lasst ihn
zuhause. Ferner habt Ihr schon den Wecker von Schuhmann erhalten?
Damit
für heute genug.
Habt
Ihr die Feiertage gut verbracht?
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
16.04.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
16.04.44
Liebe
Eltern!
Wie
immer, so ist es auch hier, wenn es einem gefällt, bleibt man nicht
lange. Nach der langen Ruhezeit von 14 Tage verlegen wir morgen schon
wieder. Und zwar weiter südlich. Bleiben glücklicherweise aber im
Reichsgebiet.
Mit
dem Paket ist es auch wieder so einen Sache. Ist es schon unterwegs? Wenn
ja, was ich sowieso mache. Ich lasse hier den Leuten meine Anschrift da
und werde ferner von meinem neuen Standort den Leuten sofort schreiben,
damit sie es nachschicken können.
Heute
war unser Stabsing. M. da und hat 8 Männern das Kriegsverdienstkreuz II.
Klasse ausgehändigt. Bei dem Akt bin ich auch dabei gewesen. Das
KVK haben wir besonders für den Einsatz auf dem Flughafen Wilna
bekommen. Und zwar war ich dort mit einem Kamerad hingeflogen, als W.
schon eingekesselt war. Wir haben dort in knapp 2 Tagen reihenweise
Maschinen repariert und sind dann als eine der letzten mit einer Hu 52
gestartet. Damit für heute genug.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
18.04.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
18.04.44
Liebe
Eltern!
Heute
am Sonntag erhielt ich Euren Brief Nr. 12 vom 2. d.M., wofür meinen
allerbesten Dank. Dass in Frankfurt furchtbare Zustände herrschen, habe
ich jetzt von meinem Ing. erfahren. Denn dieser ist gestern vom Urlaub
zurück gekommen. Er hatte 21 Tage Fronturlaub, denn er wurde auch total
bombengeschädigt. Jetzt, wie ich im Wehrmachtsbericht gehört habe, sind
die Feindflieger schon wieder bei euch gewesen. Einfach furchtbar,
hoffentlich ist das bald zuende. Wie ist es denn jetzt, muss Papa mit dem
Fahrrad zum Dienst fahren?
Bei
uns gibt es nichts mehr zu berichten.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
22.04.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
22.04.44
Liebe
Eltern!
Zwar
haben wir heute wieder Post bekommen, aber wieder war von Euch kein Brief
dabei. Ich hatte nur einen Brief von Herrmann aus Athen. Trotz allem
möchte ich Euch doch wieder einige Zeilen zukommen lassen.
Bei
uns ist nun auch der Frühling eingetreten und damit aber leider auch die
Schlammperiode. Wir stehen jetzt wieder vor einer Verlegung. Können aber
wegen den schlechten Straßenverhältnissen nicht, sodass wir warten
müssen. Die Arbeit muss aber weitergehen. Uns so werden wir mit der
Hälfte der Jungens mit der alten Tante Ju verlegen. Wenn dann die
Straßen passierbar sind, kommen die Wagen und Fahrzeuge nach. Bei dem
Vorkommando bin ich auch dabei. Damit für heute genug.
Wie
geht es Euch? Doch hoffentlich noch gut. Ist mein Gehalt von Insterburg
schon überwiesen worden?
Habt
Ihr das Seifenpäckchen vom 17.3. erhalten? Sonst weiß ich heute nichts
mehr.
|
|
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
|
Verlegung
mit der Ju 52
|
bei
Polozk
Witebsk
|
25.04.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
25.04.44
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euren Brief vom 28.3. erst erhalten, wofür meinen allerbesten Dank.
Die
Ansicht über Frankfurt ist für mich alles andere als erfreulich. Auch
habe ich heute einen Zeitungsausschnitt von Walter Hampel gelesen, in dem
alle Einzelheiten, was in Frankfurt zerstört ist, aufgeführt. Wie lange
soll das so weiter gehen?
Ich
bin einmal gespannt, wenn ich auf Urlaub komme, was überhaupt noch steht.
Hoffentlich passiert Euch und dem Haus nichts.
Liebe
Eltern!
Heute
haben wir mit dem Verband Ju zurück nach P. verlegt. Die Flugzeit war nur
20 Min. Ein schöner Flug. Morgen geht die Arbeit wieder los. Hier könne
wir ständig Fische fangen in der ... . Dazu bitte ich Euch, mir im Brief
einige Gramm .... schicken. Damit genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
27.04.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
27.04.44
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich eure Briefe Nr. 13 und 14 vom 9.4. u. 14.4.. Für beide Briefe
meinen allerbesten Dank. Dass von Fritz Schuhmann der Wecker angekommen
ist, freut mich. Wenn erhalt nicht mehr gemacht werden kann, ist auch
nicht so schlimm. Schuhmann hat auch einen Brief von Papa von seinen
Eltern geschickt bekommen. Er bedankt sich vielmals und grüßt Euch recht
herzlich.
Mama
kann ich leider keine Paketmarken schicken, da wir schon lange keine mehr
bekommen haben. Im übrigen sind die Marken für min. 100 g Päckchen auch
zu schade. Den Füllhalter lasst bitte einmal zuhause, bis ich einmal
komme.
Alfred
Gottschlich befindet sich bereits wieder in .... . Und zwar ist er mit
seiner Einheit dort zur Aufrüstung. Seine Anschrift ist F.W.A. I/40 19
Eschwege (Werra) Flg. Horst
Hier
gibt es zur Zeit nichts Neues. Wir haben furchtbar viel Arbeit. Arbeiten
am Tag 13 - 14 Stunden. Damit für heute genug.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
02.05.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
02.05.44
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich Euren Brief Nr. 18 vom 21.4., wofür meinen allerbesten Dank.
Dass meine Briefe bis auf den vom 8.4 angekommen sind, freut mich. Nun
seht Ihr wenigstens, dass es nicht an mir gelegen hat. Auch bin ich froh,
dass das Päckchen mit Seife gut angekommen ist. Dass Ing. Kirchner total
ausgebombt ist, habe ich Euch schon berichtet. Bei Hampels ist noch alles
in Ordnung. Dass Wolfgang Kuhl gefallen ist, habe ich zur Kenntnis
genommen. Schade um ihn. Wo Alfred jetzt ist, habe ich euch bereits
geschrieben. Der Karl hat das Glück schon wieder, in Deutschland
(Erholung) zu sein. Wir haben leider solches Glück nicht. Wir haben nur
die Auszeichnung für den ganzen Zug bekommen und zwar lautet diese, dass
wir der beste Zug im ganzen Osten sind.
Na,
Du scheinst wieder viel Arbeit im Garten zu haben. Hoffentlich ist auch
der Ertrag entsprechend. Dass unsere Obstbäume schweren Schaden durch die
Fliederangriffe erlitten haben, ist schade.
Wir
sind jetzt wieder in Polozk. Habe fast alles mit der Ju her
gebracht. Tolle Verlegung. Hier auf dem Platz haben wir furchtbar viel zu
tun. Es erinnert mit der Arbeit an Winter im Januar und Februar. Aber auch
diese Zeit geht vorüber. Nun muss ich für heute schließen, denn ich
weiß einfach nichts mehr.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
09.05.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
09.05.44
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich euren Brief vom 27.4., wofür meine allerbesten Dank. Meinen
allerbesten Dank auch für Eure Geburtstagsgrüße. Schön wäre es, wenn
ich meinen Geburtstag mit Euch zuhause feiern könnte.
Ja,
wie lange wird das noch dauern? Dass Ihr mir nichts schicken könnt, ist
nicht schlimm. Aber das angekündigte 2 kg Paket ist noch nicht
angekommen. Die Schlammverhältnisse haben sich bis jetzt noch nicht
gebessert, dadurch, dass es jeden Tag regnet.
Das
über die Frankfurter Sparkasse habe ich zur Kenntnis genommen. Mit dem
Gehalt wird es schon ins rollen kommen. Dass jetzt der 2.Garten Freude
macht, kann ich mir sehr wohl denken. Hier gibt es so etwas nicht. Es ist
immer noch kalt und Nebel, wie im November. Leider gibt es hier keinen
Frühling. Ein furchtbares Land.
Dass
in den letzten Tagen keine Angriffe mehr auf Frankfurt waren, freut mich.
Nun
möchte ich Euch kurz noch eine Mitteilung machen, bevor Euch mein Ing. K.
wieder einmal schreibt. Und zwar ist die Sache mit dem fliegenden Personal
wieder ins rollen gekommen. In den nächsten Tagen sollen wir zur
Hauptuntersuchung nach Minsk fahren. Dort wird es sich entscheiden.
Damit
genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
Anbei
2 Paketmarken, 6 Luftfeldpostmarken
|
bei
Polozk
Witebsk
|
12.05.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
12.5.44
Liebe
Mama!
Zu
Deinem kommenden Ehrentag möchte ich Dir kurz noch gratulieren und Dir
alles, alles Gute wünschen.
Meinen
Geburtstag habe ich gestern im Kreise meiner Kameraden gründlich
gefeiert.
Bei
uns gibt es im Augenblick nichts Neues. Das Wetter wird jetzt allmählich
besser.
Es
grüßt Dich und Papa recht herzlich
Euer
Walter
|
in
Minsk
|
15.05.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
15.05.44
Liebe
Eltern!
Heute
möchte ich Euch kurz einige Zeilen von Minsk, von meiner
Hauptuntersuchung auf Fliegertauglichkeit schreiben. Ich bin hier her mit
3 Mann zusammen geschickt worden. Von Pelozk bis hier her waren wir 2 Tage
unterwegs. Wir mussten fahren Polozk - Dunaburg - Wilna
- Minsk. In Wilna waren wir am Sonntag. Hatte dort einen
ganzen Nachmittag Aufenthalt. Haben uns die Stadt angesehen und dabei noch
Bier im Soldatenheim getrunken.
Hier
bei der Untersuchung musste ich schon beim ersten Teil ausscheiden. Und
zwar wurde festgestellt, dass ich einen leichten Herzfehler habe und daher
für Höhenflüge vollkommen ungeeignet bin. Also Schlussergebnis:
Wehrfluguntauglich.
Der
Arzt sagte aber, dass dies weiter nicht schlimm sei und ich trotz allem
noch sehr alt werden könne.
Da
kann man nichts dran ändern. Lassen wir uns auch darüber keine grauen
Haare wachsen. Wer weiß, für was es gut ist.
Morgen
fahren wir wieder zurück. Damit für heute genug.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Polozk
Witebsk
|
18.05.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
18.05.44
Liebe
Eltern!
Habe
gestern, als ich von Minsk zurück kam, Euren lieben Brief vom 4.
d.M. erhalten, wofür meine allerbesten Dank. Es freut mich, dass bis
jetzt alle Briefe gut angekommen sind.
Liebe
Eltern!
In
Minsk haben wir 2 schöne Tage verlebt. Wir waren wieder einmal
nach sehr langer Zeit in einem anständigen Kino, Theater und
Soldatenheim. Dass ich nicht für das fliegende Personal infrage komme,
habe ich Euch ja schon im letzten Brief mitgeteilt. Bleiben wir eben bei
der Feldwerft. Hoffentlich ist der Krieg bald zuende.
Ihr
wundert euch, dass wir schon wieder verlegt haben. Na da werdet Ihr Euch
auch nicht wundern, wenn ich Euch schon wieder schreibe, dass wir in den
nächsten Tagen verlegen. Und zwar wieder ca. 120 km zurück (westwärts).
Ja hier in diesem Abschnitt wird in nächster Zeit schwer was los sein. Wohin
wir verlegen, werde ich euch später einmal mitteilen.
Es
freut mich, wenn sich Papa einmal wegen meiner Gehaltsfrage bei der
Sparkasse erkundigt. Aber gebe acht, dass kein Fehler unterläuft, denn
bei anderen haben sie schon oft einen Monat übersprungen.
Schön
ist es von Mama, dass sie mir wieder einmal nach längerer zeit einen
Kuchen gebacken hat. Dass es in Frankfurt furchtbar aussieht, weiß ich
genau. Hoffentlich passiert bei uns zu Hause nichts mehr.
Aber
nun etwas ganz anderes:
Papa,
erkundige Dich bitte einmal, wie es ist mit dem Beginn eines Studiums im
Herbst. Wenn es auch nicht in Frankfurt geht, so dann vielleicht in
Friedberg. Ob es aber mit Studienurlaub so einfach geht, weiß ich nicht,
denn es soll, wie ich etwas gehört habe, für das erste Semester kein
Urlaub gewährt werden. Aber man kann es ja mal versuchen. Mehr wie
abgelehnt werden, kann es ja nicht. Damit für heute genug.
Mir
geht es noch gut, hoffentlich Euch auch.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Lublin
Polen
|
25.05.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
25.05.44
Liebe
Eltern!
Heute
ist G.K. wieder vom Urlaub zurück gekommen. Von ihm habe ich das schöne
Päckchen von Euch erhalten. Es sind ja sehr viel gute Sachen drin. Meinen
allerbesten Dank. Den Kuchen werde ich mir in den nächsten Tagen bei
Kaffee gut schmecken lassen.
Liebe
Eltern! Wir wurden wieder einmal
verlegt. Und zwar sind wir jetzt im ehemaligen Polen und zwar in Lublin.
Wir haben hier prima Unterkünfte mitten im Ort. Hier sieht es
schon ganz anders aus. Die Häuser sind besser gebaut und vor allem ist es
hier viel sicherer. Wie es hier im großen und ganzen ist, müssen wir
erst selber feststellen.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
bei
Lublin
Polen
|
Im
Frühjahr 1944 mussten die Deutschen Truppen immer stärker
zurückweichen, so dass die Flugzeuginstandsetzungseinheiten immer mehr
nach Südwesten verlegt werden mussten.
So ging die Rückverlegung Zug um
Zug von Smolensk bis nach Lublin, wobei wegen der
Kampfhandlungen gewaltige Umwege in Kauf genommen werden mussten.
Wo
die Deutschen Truppen zurückwichen, hinterließen sie nur
verbrannte Erde. Wo dies nicht der Fall war, fuhren sie durch die
Spuren, die sie auf dem Vormarsch hinterlassen hatten.
|
bei
Lublin
Polen
|
27.05.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
27.05.44
Liebe
Eltern! Heute erhielt ich Eure beiden Briefe Nr. 18 und 19 vom 11. und 15.
Mai. Meinen allerbesten Dank. Im 22. Jahr bin ich schon und schon fast 3
½ Jahre von zuhause weg. Wie lange wird dieser Krieg noch dauern?
Hoffentlich hast Du recht, dass es dieses Jahr zu einem guten Ende kommt.
Aber wie dies so schnell zustande kommen soll, kann ich mir nicht denken.
Wenn nur wenigstens einmal der Luftterror ein Ende hätte, dann wäre uns
schon viel geholfen. Aber wir können nichts ändern, können nur das Beste
hoffen.
Aber
mit Onkel Christian ist es auf einmal sehr schnell gegangen. Es war aber
auch so für ihn und alle Anderen gut. Wie steht es eigentlich mit unserer
Großmutter?
Dass
Karlheinz Bennecker auf Urlaub kommt, weiß ich von ihm. Aber, dass er
sich an Pfingsten verloben will, davon hat er mir noch nichts geschrieben.
Mit wem beabsichtigt er denn, sein Glück zu machen??
Der
Walter Klee hat Glück gehabt, wie man es nimmt. Und kann dadurch auf
Schule weiter gehen. Aber lieber will ich auf ein oder zwei Jahre beim
Militär sein und dann gesund abgehen, als so.
Herbert
Prasse? Habt Ihr von ihm wieder einmal etwas gehört?
Dass
die Frankfurter Ingenieursschule wieder auf dem schnellsten Weg
hergestellt werden soll, ist sehr schön. Aber hoffentlich glückt es mir
auch, dass ich im Herbst auf Schule gehen kann.
Dass
ich das Paket von Gerhard Rohloff erhalten habe, habe ich Euch schon
berichtet. Nur bitte ich Euch, mir jetzt im Sommer keine Birnenmarmelade
mehr zu schicken, denn diese ist vollkommen schlecht geworden. Aber die
übrigen Sachen sind gut angekommen. Das Paket war bis zu Gerhard 14 Tage
unterwegs. Er erhielt es am zweitletzten Urlaubstag.
Wenn
zur Zeit keine Fliegerangriffe auf Frankfurt sind, so seid froh, ich bin
es auch. Fliegeralarm ist ja schließlich nicht so schlimm.
Dass
die Innenstadt furchtbar aussieht, weiß ich genau. Ich bin mal gespannt,
wenn ich nach hause komme, was überhaupt noch übrig geblieben ist.
Alfred
ist zur Zeit in Warschau. Macht dort einen Einweisungslehrgang mit. Dieser
dauert 14 Tage.
Über
meine Gehaltsüberweisung werde ich in den nächsten Tagen mit meinem
Abteilungsführer sprechen.
Was
wollen sie denn mit einem alten Knaben, wie mit Onkel Reinhardt anfangen?
Wenn
jetzt wieder ein Teil der Straßenbahnen in der Stadt fährt, so ist es
doch schon wieder etwas besser. Hoffentlich wird nicht wieder alles kaputt
geworfen. So, nun komme ich zum Schluss.
Bei
uns wird das Wetter allmählich wieder besser und wärmer. Na, es muss ja
doch einmal Sommer werden. Mir geht es recht gut, hoffentlich Euch auch.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer Walter
|
|
Zwischen
Juni und August 1944 kamen die Russen soweit voran, dass sie Ostpreußen
erreichten. Die Feldwerft wurde immer weiter zurückgezogen, war
zwischenzeitlich sogar in Lublin stationiert. Kurzzeitig setzte man
die Feldwerft aber nochmals in Sluzk bei Minsk ein, als
kurzzeitig noch einmal Hoffnung aufkam. Am
7.7.1944 kam die Einheit dann in Sudauen an, nachdem die Offensive
wieder an Stärke zunahm. Das Ende war damit zwar eingeläutet, aber die
Soldaten konnten noch einmal durchatmen, weil der Russe vor Ostpreußen
zunächst Halt machte.
|
bei
Lublin
Polen
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02.06.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen
Russland,
02.06.44
Liebe
Eltern!
Heute erhielt ich Euren Brief Nr. 20 vom 20.5.. Meinen allerbesten
Dank. Dieser Brief war, obwohl er per Luftpost geschickt worden ist, sehr
lange unterwegs. Es ist einfach komisch mit der Post. Heute erhielt ich
außerdem noch einen Brief aus Hamm. Dieser war vom 27.5. und noch dazu
mit normaler Post. Also nur 6 Tage und Euer Brief war dagegen 12 Tage
unterwegs. Daraus könnt Ihr mal sehen, wie unregelmäßig die Post
hierher geht.
Nun
zu Eurem Brief:
Geschenke kann man heute leider überhaupt nicht mehr
senden. Auch ich konnte Mama leider nichts schicken. Zwar haben wir an
Ostern auch einmal eine Tafel Schokolade bekommen, aber diese habe ich
nach langer Zeit selbst einmal gegessen. Dass es mit dem Paket ein Irrtum
war, ist nicht schlimm. Ja, es beruhigt mich wenigstens, dass nichts
verloren ging.
Übrigens,
da fällt mir gerade ein, dass ich Euch ein Päckchen (eigentlich in der
Hauptsache für Papa) geschickt habe. Ich weiß nur nicht, ob ich Euch das
schon mitgeteilt habe. Und zwar habe ich dies am 27.5. abgeschickt. Es
befindet sich darin: 2 Päckchen Tabak, 25 R6, 3 Tuben Zahnpasta,
Rasierklingen und Feinseife. Noch ein Päckchen Mahorka - russischer
Tabak., kein Tee, wie verschiedene Frauen schon geglaubt haben. Diesen
habe ich als Marketenderware bekommen und Papa einmal geschickt zum
Versuchen, da er in meinem letzten Urlaub so neugierig darauf war. Wir
sagen zu dem Zeug: "Ein Mann raucht, 3 Mann fallen um!" Daraus
könnt Ihr schon ersehen, dass es ein furchtbares Kraut ist. Ich rate
Papa, diesen nicht in der Stube zu rauchen, denn sonst stinkt die ganze
Stube danach und Mama fängt furchtbar an zu schimpfen.
So
- über das Ergebnis der Untersuchung könnt Ihr jetzt beruhigt sein. Aber
das eine kann ich Euch sagen, mir gefällt das überhaupt nicht. Ich bin
vollkommen geschlagen gewesen, als der Arzt sagte, dass ich einen
Herzfehler habe, denn ich fühlte mich doch kerngesund. Und dies glaubte
ich dadurch noch besonders sicher, da mir noch niemand vor der
Untersuchung etwas gesagt hatte, und ich auch tropen- dienstfähig war. Der
Arzt sagte mir, der Herzfehler sei nicht schlimm, ich könnte damit trotz
allem sehr alt werden. Aber zum Fliegen sei ich vollkommen ungeeignet,
denn auf Höhen über 6-Tausend Meter würde ich sofort versagen. Und wenn
ich dazu käme, würde ich das nur zwei Jahre mitmachen und dann wäre ich
fertig. Daher bleibt mir nichts mehr anderes übrig, als bei der Feldwerft
zu bleiben.
Dass
die Mutter wieder in Ordnung ist, freut mich. Aber sagt mal, was macht die
Bandsäge von Papa? Ist die wieder heil?
Damit möchte ich für heute
schließen.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer Walter
|
bei
Sluzk
Russland
|
12.06.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen Nähe Sluzk
Russland,
12.06.44
Liebe
Eltern!
Gestern
beim Ausladen an unserem neuen Ziel, erhielt ich Euren Brief vom 3. d.M..
Meinen allerbesten Dank dafür.
Ja,
Ihr werdet staunen, dass wir schon wieder verlegt haben. Die Zeit in
Lublin war schön, aber nur kurz. Keine Arbeit. Nur etwas die
Kraftfahrzeuge in Ordnung gebracht. Es war wie eine Sommerfrische in
Polen. Aber jetzt sind wir wieder in Russland. Ca. 100 km südlich Minsk.
Hier werden wir wieder viel Arbeit haben, denn dies ist hier ein
Einsatzhafen. Unsere Unterkunft ist auch gut. Wir leben alle in einer
großen Baracke.
Dass
Ihr an den Feiertagen keine Ruhe gehabt habt, ist für euch weniger schön
gewesen. Aber glücklicherweise seid Ihr auch gut darüber hinweg
gekommen. Dass Ihr mit Benneckers am 1. Feiertag einige gemütliche
Stunden verbracht habt, freut mich. Über die plötzliche Verlobung von
Karlheinz bin ich direkt überrascht gewesen. Übrigens, wann ist sein
Urlaub zu Ende?
Mit
dem Wetter ist es dieses Jahr eine reine Katastrophe. Es wird überhaupt
nicht richtig warm. Und dazu immer noch der eisige Wind hier in R. Damit
genug für heute.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer Walter
|
bei
Sluzk
Russland
|
19.06.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen Nähe Sluzk
Russland,
19.06.44
Liebe
Eltern!
Heute erhielt ich euren Brief vom 9. d.M., wofür meinen
allerbesten Dank. Ja, mit der Post ist es furchtbar. Einmal geht es
schnell, das andere mal dauert es wieder sehr lange.
Am
Kanal spitzt sich die Lage immer mehr zu. Durch die Anwendung der neuen
Waffen hat man ja wieder etwas mehr Hoffnung bekommen. Hoffentlich ist
England bald soweit, dass es den Geist aufgibt.
Mit
der Großmutter scheint es ja immer mehr aufwärts zu gehen. Obwohl, es
kann schon noch eine ganze Zeit lang dauern.
Herbert
Prasse hat ja Pech gehabt. Ja, der Junge hat sich sein späteres Leben
auch bestimmt anders vorgestellt. Na er kann froh sein, wenn sein Fuß
wieder in Ordnung kommt.
Zwecks
Studienurlaub habe ich noch nichts unternommen.. auch hat es keinen Zweck,
denn Urlaub bekomme ich keinen. Urlaub ist bis auf weiteres gänzlich
gesperrt.
Die
Schlechtwetterperiode hatten wir hier auch. Ich glaube, dieses Jahr will
es überhaupt keinen Sommer werden. Wir haben noch sehr viel bedeckten
Himmel, Wind und nachts noch sehr kühl.
Zu
dem Fall Oskar Kusnis kann ich nur sagen, er hat sich sicher nicht
geändert. Sein Maul ist bestimmt immer noch sehr lose. Aber eines muss
ich doch dazu sagen: Wenn er 10 Wochen bekommen hat, ist er dann noch beim
fliegenden Personal oder ist er schon abgelöst? Hat er seine alten
Dienstgrad noch behalten?
Mit
Karlheinz ist es eine Vorausverfügung. Wenn wir erfahren, wo wir liegen,
dann sind wir schon längst woanders. So ist es auch jetzt wieder. Sicher
ist er nur einen Luftsprung von mir entfernt. Wenn wir uns einmal treffen,
ist es ein reiner Zufall.
Nun
hätte ich noch eine Bitte an Euch. Lasst doch, und erlaubt wenigstens die
Taschenuhr reparieren zu lassen. Denn es ist ja furchtbar ohne Uhr. Und
Dienstuhren bekommen wir nicht mehr. Wenn sie dann heil ist, müsst Ihr
sie dann auf irgend einem Weg schicken, wenn bis dahin kein Urlauber
fährt. Damit genug für heute.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer Walter
|
bei
Sluzk
Russland
|
30.06.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen Nähe Sluzk
Russland,
30.06.44
Liebe
Eltern!
Heute erhielt ich Euren Brief vom 26. Mai. Meinen allerbesten Dank
hierfür.
Wie
ich aus Euren Zeilen ersehe, seid Ihr über das Ereignis von Minsk etwas
beruhigt. Vielleicht auch gut so. Na, der Krieg ist ja sowieso bald aus.
Aber, dass Kirchner irgend einen Einfluss auf das Ereignis hatte, halte
ich für ausgeschlossen. Das wäre für ihn viel zu gewagt. Übrigens ist
heute Gerhard Rohloff von der Untersuchung in Minsk zurückgekehrt. Er ist
auch untauglich und hat auch einen Herzfehler.
Unter
Kameraden (Walter Michel in der Mitte)
In
unserem augenblicklichen Aufenthaltsort gefällt es uns ganz gut. Vor
allen dingen ist es hier sehr sauber. Die Bevölkerung ist hier sehr
fromm. Hier gehen sie noch viel mehr in die Kirche als bei uns zuhause.
Der hiesige Ort hat eine große Kirche. Hat zwei Pfarrer. Sehr viel Vieh
gibt es hier. Uns geht es hier verpflegungsmäßig sehr gut. Arbeit haben
wir hier fast keine, das heißt, an Maschinen. Wir bringen unsere
Kraftfahrzeuge in Ordnung. Ich habe natürlich auch wieder so einen
Schlitten in Ordnung zu bringen.
Aber,
wie es immer ist, wenn es einem an einem Ort gefällt, dann ist man nicht
lange da. So ist es auch bei uns. Wir werden schon wieder in nächster
Zeit verlegen. Wohin ist noch nicht ganz klar. Aber eines steht fest, aus
dem Osten kommen wir nicht raus.
Wegen
meiner Gehaltsüberweisung warte ich noch einig Zeit, weil es oft 6-7
Monate dauert. Netto-Gehalt beträgt 75 RM.
Na,
was sagt Ihr zum Kampf am Kanal? Endlich ist es los gegangen. Dies wird
bestimmt die Entscheidung geben. Hoffentlich geht es zu einem kurzen,
schnellen Ende. Wollen wir erst mal abwarten, was uns die nächsten Wochen
bringen. Himmlisch wäre, wenn Weihnachten 44 Frieden wäre. Damit genug
für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer Walter
|
Nähe
Lublin
Polen
|
07.07.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen Nähe Lublin
Russland,
07.07.44
Liebe
Eltern!
Nach langer Zeit ist es mir wieder einmal möglich an Euch zu
schreiben. Was hier im Osten los ist, darüber werdet Ihr ja durch den
Wehrmachtsbericht unterrichtet sein. Viel möchte ich euch nicht
schreiben. Ich will euch das lieber einmal erzählen, wenn wir beisammen
sind. Das eine kann ich Euch aber nur sagen, es waren schwere Tage für
uns. Aber jetzt sind wir Gott sei Dank aus dem Dreck raus. Wir befinden
uns jetzt bei Gr.... im Generalgouvernement.
Habe hier z.Zt. keine Arbeit.
Wohnen mitten im Walde. Schlafen in Zelten. 100 km weg fließt die Memel.
Man fühlt sich hier wie in einer Sommerfrische. Die schlechte Schrift
müsst Ihr entschuldigen, denn Tisch und Stuhl gibt es bei uns nicht mehr.
Aber macht Euch keine Sorgen, mir geht es noch sehr gut. Hoffentlich Euch
auch.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer Walter
|
in
Sudauen
Südostpreußen
|
12.07.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen Sudauen
Sudauen,
12.07.44
Liebe
Eltern!
Heute, nachdem wir uns schon einige Tage auf deutschem
Reichsgebiet befinden, möchte ich Euch Euch wieder einmal einmal einige
Zeilen zukommen lassen. Wir befinden uns jetzt in Südostpreußen. Und
zwar in Sudauen . S. ist eine Kleinstadt, die erst am 1.1.40 zu
Deutschland gekommen ist. Die Bevölkerung spricht noch durchweg polnisch.
Wir sind in einem kleinen Dorf in der Nähe der Stadt untergebracht. Auch
hier wohnen wir in Zelten. Die Bevölkerung ist sehr freundlich. Ich wohne
mit Rohloff und noch einem Kameraden auf einem Hofe. Von den Bauern
bekommen wir morgens und abends jeder kostenlos 1 l Milch. Ferner hat er
uns bis jetzt jeden Abend Schinken und Speck gebracht. Auch die Stadt
liegt ganz gegenüber uns.
Auf
dem Platz fehlt es aber auch nicht an Arbeit. Es gibt noch für jetzt viel
neues und interessantes. Und zwar haben wir hier neue Maschinen.
Wie
sieht es zuhause aus. Ihr müsst dort in der letzten Zeit viel Alarm
haben. Hoffentlich geht zuhause alles gut. Wie es hier im Osten ausgeht,
bin ich einmal gespannt. Für heute möchte ich nun schließen.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer Walter
|
in
Sudauen
Südostpreußen
|
20.07.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen Sudauen
Sudauen,
20.07.44
Liebe
Eltern!
Heute, nachdem ich Euch schon wieder 8 Tage nicht geschrieben
habe, möchte ich Euch wieder einige Zeilen zukommen lassen. Hierher kommt
leider keine Post. Wir haben seit dem 25.6. keine Post mehr erhalten. Na
hoffentlich bekommt Ihr wenigstens meine Post. Ich habe allerdings nicht
viel Zeit zum Schreiben, denn wir müssen zur Zeit sehr schwer arbeiten.
Von morgens 4 Uhr bis abends 9 bis 10 Uhr. Es ist sehr anstrengend. Aber
trotz allem geht es mir noch sehr gut, was ich von Euch auch hoffe.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer Walter
|
in
Sudauen
Südostpreußen
|
23.07.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen Sudauen
Sudauen,
23.07.44
Liebe
Eltern!
Heute möchte ich Euch wieder einmal einige Zeilen zukommen
lassen. Mit der Post ist es hier eine fürchterliche Sache. Wie ich euch
schon im letzten Brief geschrieben habe, haben wir jetzt schon einen
ganzen Monat keine Post mehr erhalten. Ich konnte zwar einmal 14 Tage
nicht schreiben, da hier keine Post mehr angenommen wurde. Aber das ist ja
schließlich alles nicht schlimm, die Hauptsache ist, dass wir überall
gut durchgekommen sind. Mir geht es noch sehr gut, hoffentlich Euch auch.
Wie
steht es in der letzten Zeit mit Alarm? Ihr habt scheinbar sehr viel
gehabt. Hoffentlich hat der Tommy Frankfurt nicht zu sehr aufs Maß
genommen. Was sagt Ihr denn zu dem verbrecherischen Akt der
Offiziersclique?
Das
kann man sich weder hier im Osten, wie nach Süden und Westen erklären.
Hoffentlich geht noch alles gut für uns aus.
Wie
ist bei euch das Wetter? Hier haben wir zur Zeit eine fürchterliche
Hitze. Von morgens bis abends haben wir nur die Sporthose an. Zum Glück
gibt's hier genug zu trinken. Für heute genug.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer Walter
|
in
Sudauen
Südostpreußen
|
30.07.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen Lötzen
Sudauen,
30.07.44
Liebe
Eltern!
Heute erhielten wir endlich nach einer langen Zeit von 5 Wochen
wieder einmal Post. Die Freude darüber war sehr groß. Von euch erhielt
ich 3 Briefe und zwar Nr. 26 vom 29.6., Nr. 38 vom 12.7. und 29 vom 20,7,
. Für alle drei Briefe meinen allerbesten Dank.
Das
Paket von Karlheinz habe ich erhalten. Und zwar gerade am letzten Tage in
Poswitsche (60 km v. Minsk). Glück gehabt. Es ist sehr gut angekommen.
Nochmal meinen besten Dank. Euch
kann ich leider z. Zeit nichts schicken, denn die Post ist jetzt nicht
sicher. Und es wäre sehr schade, wenn ein wertvolles Paket verloren
ginge.
Dass
wir in der Offensivengegend stecken, stimmt. Über Arbeitsmangel kann ich
auch nicht klagen. Wir arbeiten von morgens 4 Uhr bis zum Dunkelwerden.
Wie lange wir dies durchhalten, ist eine zweite Frage. Ich hatte mich auch
heute krank gemeldet und bin vom Arzt zu Bettruhe verurteilt.
Krankheitsgrund ist Durchfall und magen- und Kopfschmerzen. Es ist auf
eine starke Erkältung zurück zu führen. Auch mag das unregelmäßige
Essen eine Rolle mit spielen. Nachdem ich mich heute schon einmal richtig
ausgeschlafen habe, ist es mir schon um 50% wohler.
Aber
bei Euch zuhause scheint es nicht viel besser zu sein. Arbeiten und
Arbeiten, bis es nicht mehr geht. Wollen wir hoffen, dass es wenigstens
einen Zweck hat und der furchtbare Krieg bald zu einem guten Ende kommt.
Ich glaube, bis ich in Urlaub komme, kannst Du noch eine zeitlang warten.
Ich glaube, dass es in diesem Krieg keinen Urlaub mehr gibt.
Zur
Zeit stehen wir mit dem Krieg in einer furchtbaren Krise. Ich bin bloß
einmal gespannt, wo und wann wir den Russen zum Stehen kriegen, denn das
kann nicht mehr so weiter gehen. Aber es ist ja schließlich schwer, wenn
einmal etwas versaut ist, dies wieder gut zu machen.
Der
Brief über meine Gehaltsangaben habe ich erhalten. Habt Ihr die Antwort
darauf nicht erhalten? Schade, dass ich bei der Obsternte nicht daheim
sein kann. Wie gern würde ich jetzt einmal in einen Apfel oder eine Birne
beißen. So ist es ja gerade nicht, dass wir alles verloren haben, wir
haben immer noch unser Werkzeug zum Arbeiten. Bis jetzt fehlen mir 2 Briefe
von euch. Damit für heute genug.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer Walter
|
in
Lötzen
Ostpreußen
|
03.08.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen Lötzen
Lötzen,
03.08.44
Liebe
Eltern,
Nach meiner dreiwöchentlichen Gastspielzeit in
Sudauen mussten
wir wieder einmal woanders hin, um dort wieder neue Vorstellungen zu
geben. Diesmal führte es uns 120 km nordwestlich. Und zwar, wie oben
schon steht, nach Lötzen in Ostpreußen. Die Stadt liegt am größten See
in den Masuren, dem Spirdingsee. Die Stadt hat eine wunderbare Lage. Hier
diese Gegend gehört zu den schönsten Teilen Ostpreußens. Wir sind teils
sehr froh, aber auch teils sehr traurig, dass wir bis hierher gekommen
sind. Und zwar wollten wir ja nicht unter solchen Umständen nach
Deutschland kommen. Das, was uns hier nur freut, ist, dass hier wenigstens
Deutsch gesprochen wird. Man kann wenigstens jeden hier fragen und sich
mit jedem unterhalten. Es ist etwas ganz anders, als wenn man jemand fragt
und bekommt zur Antwort: "Nix panimaisch" (nicht verstanden).
Und vor allem, was man erwähnen muss, es ist überall sehr sauber. Nicht
so dreckig und mistig wie in dem verfluchten Russland.
Untergebracht
sind wir in der Nähe des Flugplatzes, in einem kleinen Dorf. Und zwar
teils in der Schule, teils in einer Gastwirtschaft und teils in Privat.
Ich liege mit 3 Mann zusammen in privat und zwar beim Schustermeister. Wir
haben hier ein schönes kleines Zimmer. Unsere Wirtsleute sind ein
älteres Ehepaar. Sehr freundliche Leute, wie alle hier in dem Ort. Die
Frau ist schätzungsweise 60, wogegen ich den Mann auf 65 schätze. Von
ihnen ist selber ein Sohn beim Militär. Er ist auch schon 5 Jahre Soldat.
In der Bewirtung bringt sich die alte Dame fast um. Sie glaubt immer, wir
bekommen nicht genug zu essen und bringt uns daher alles mögliche. Auf
der anderen Seite natürlich lehnen die Beiden auch nicht ein Glas guten
Wein, Sekt und Schnaps ab. Ferner raucht der alte Herr auch ganz gern mal
eine gute Zigarre. So wäscht eine Hand die andere.
Wir
halten es hier bis Kriegsende gut aus. Hoffentlich bleiben wir hier
wenigstens einmal längere Zeit.
Wie
es hier mit der Arbeit steht, ist noch nicht ganz zu übersehen. Werft
noch wenig. Aber wenn hier viel Einsatz geflogen wird, was der Fall ist,
dann werden wir auch viel Arbeit bekommen. Aber das ist nicht schlimm,
wollen wir gern machen, denn die Hauptsache ist, dass der Russe nicht ins
Reich kommt.
Nun
noch etwas ganz anders: Ich bitte euch, mir jetzt meine neue Uhr, entweder
meine Armbanduhr oder wenn meine Taschenuhr wieder in Ordnung ist, diese
zu schicken. Auch könnt Ihr, wenn es möglich ist, ein Päckchen mit Obst
oder einen kleinen Kuchen schicken. Aber dies nicht auf Feldpost, sondern
auf privat. Und zwar an meine Hauswirt
Herrn
Franz Kratzat
5b Schwiddern
Lötzen-Land (Ostpreußen)
Für
wen? Bekommen wir vom Absender.
Auf
diese Art und Weise kann ich doch einmal etwas schnell und sicher
bekommen. Papa werde ich auch in den nächsten Tagen etwas schicken. Damit
für heute genug.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer Walter
|
in
Lötzen
Ostpreußen
|
10.08.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen Lötzen
Lötzen,
10.08.44
Liebe
Eltern!
Heute erhielt ich wieder zwei Briefe von Euch. Und zwar die Briefe
vom 5.7. und 27.7. , wofür meinen allerbesten Dank. Der Brief vom 5.7.
ist natürlich schon weit überholt. Haben Benneckers wie Post von
Karlheinz erhalten?
Wie
ich aus dem Brief vom 27.7. erfuhr, ist Großmutter gestorben. Nun, ich
wünsche ihr auch eine angenehme Ruhe. Ich glaube, wir erreichen ein solch
hohes Alter nicht, denn dazu ist unser Leben viel zu aufregend und
nervenaufreibend.
Das
von Alfred habe ich zur Kenntnis genommen. Sehr bedauerlich.
Heute habe
ich einen dienstfreien Tag erhalten. Da werde ich einmal in die Stadt
gehen und diese mir einmal genau ansehen. Mit Alarm haben wir hier Ruhe.
In dieser Beziehung direkt Erholung.
Ich
glaube, Ihr wärt Gott auch dankbar, wenn Ihr eine solche Ruhe hättet.
Damit für heute genug.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer Walter
|
in
Lötzen
Ostpreußen
|
12.08.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen Lötzen
Lötzen,
12.08.44
Liebe
Eltern!
Habe heute Euren Brief vom 3. d.M. erhalten, wofür meinen
allerbesten Dank.
Seid
bitte nicht gleich immer besorgt, wenn Ihr mal einige Tage keine Post von
mir erhaltet. Ich bin schließlich jetzt in Deutschland und dazu noch ein
schönes Stück hinter der Front. Zum Schreiben habe ich nicht immer Zeit.
Teils muss man sehr lange arbeiten, teils hat man abends auch mal etwas
anderes vor. Aber alle 6 - 7 Tage schreibe ich Euch bestimmt. Und das
dürfte doch reichen.
Mit
der totalen Paket- und Päckchensperre bin ich nicht ganz einverstanden.
Ich hatte für Euch schon vor einiger Zeit 2 Päckchen fertig gemacht und
wurde sie an der Post nicht los, weil keine Waggons vorhanden waren. Und
jetzt nimmt mir die Post überhaupt keine mehr ab. Das eine enthielt
Seifenpulver und Seife, das andere war mit 5 Päckchen Tabak gefüllt.
Nichts zu ändern, muss ich sie eben mitschleppen.
Über
Alarm hatten wir Gott sei Dank nicht zu klagen. Hoffentlich herrscht bei Euch auch bald so eine göttliche Ruhe. Da wir zur Zeit wenig
Arbeit
haben, machen wir teil Erntehilfe. Ich bin heute bei einem Gut von 500
Morgen gewesen, mit 4 Mann zusammen. Wir haben dort Roggen aufgestellt.
Die Arbeit ist auch eine schöne Abwechslung. Übers Essen braucht man
sich nicht zu beklagen. Wir haben dort vor Arbeitsbeginn erst jeder 2
Butterbrote gegessen und Milch getrunken. Milch (Melkmilch) kann man hier
so viel trinken, wie man will. Dort sind nur 25 Kühe, 25 Rinder, 16
große Schweine, 26 kleine und ca. 60 Gänse und ein Haufen Hühner. Zum
Frühstück gab es Schinkenbrot mit Milch. Zum Mittag Schweinebraten mit
Salzkartoffeln.(eine volle Portion Fleisch pro Mann). Zum Vesper
Butterbrot mit Milchkaffee. Und zum Abend Bratkartoffeln mit Rühreier und
Tee (wir bestellten uns allerdings Tee). Ich habe heute ca. 2,5 l Milch
getrunken, schmeckt prima. Bei einer solchen Verpflegung hält man es
schon gut aus. Damit genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer Walter
|
Nähe
Tilsit
Ostpreußen
|
19.08.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen Tilsit
Tilsit,
19.8.44
Liebe
Eltern!
Heute erhielt ich Euren Brief vom 8. d.M., wofür meinen
allerbesten Dank.
Wir
haben schon wieder verlegt, wie Ihr feststellen müsst. Und zwar jetzt in
die Nähe von Tilsit (ca. 30 Km). Hier wohnen wir wieder in Privat. Haben
sehr gute Unterkunft. Mit zwei Mann, möbiliertes Zimmer. Gerhard Rohlofff
hat es wieder mal wunderbar getroffen. Seine Schwester wohnt von hier nur
5 km von hier weg. Er gehe jeden natürlich jeden Abend hin und er
schläft auch dort. Sie ist hier mit einem ....... verheiratet. Dieser
verwaltet ein Gut von 5000 Morgen. Ich war schon dort und werde noch
öfter hingehen, denn dort kann man noch friedensmäßig essen.
Damit
genug für heute.
Es grüßt Euch recht herzlich
Euer Walter
|
Nähe
Tilsit
Ostpreußen
|
21.08.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen Tilsit
Tilsit,
21.08.44
Liebe
Eltern!
Da ich heute am Sonntag Bereitschaft habe und wir augenblicklich
nichts zu tun haben, möchte ich Euch wieder ein paar Zeilen zukommen
lassen.
Da
wir jetzt, wie Euch schon gestern geschrieben, ganz in der Nähe von
Rohloffs Schwester waren, möchte ich Euch ihre Anschrift mitteilen, damit
die Briefe nicht zu lang unterwegs sind. Die Anschrift lautet:
Herr
Fritz Fachtner
5 b Gorslinden (Ostpreußen)
Post Neusiedel
Denn
die Briefe auf dem Feldpostweg sind auch hier über 10 Tage unterwegs.
Hier
in der Gegend gefällt es uns auch allen sehr gut. Dadurch, dass wir alle
in Privat wohnen, fühlt man sich viel wohler. Wir wohnen alle ganz
verstreut. Vom Feldflugplatz teils 2 km entfernt. Ich wohne 1,5 km weg.
UvD gibt es bei uns nicht. Um wie viel Uhr morgens antreten ist, wird am
Abend vorher bekannt gegeben. Wecken lassen wir uns von unserer
Hauswirtin. So lässt es sich aushalten.
Nun
jetzt etwas ganz anders: Da Großmutter gestorben ist, ist doch eine
Teilung des Zurückgebliebenen eines Tages nötig. Hierzu möchte ich
einen Vorschlag machen. Und zwar Papa, wenn es möglich ist, das Haus zu
bekommen, nehme es. Über die Bezahlung denke ich folgendermaßen. Und
zwar von meinem und Eurem Sparkassenbuch den größten Teil zu nehmen. Den
restlichen Teil von einer Bank zu leihen und damit die Anderen
auszuzahlen. Auf diese Art würde wenigstens das Haus unser und unser Geld
gut und sicher angelegt.
Wie
ich gerade erfahren habe, sind wir auch hier schon wieder die längste Zeit
gewesen. Wir sollen in den nächsten Tagen schon wieder verlegen. Wohin,
weiß ich noch nicht. Demzufolge hat es keine Zweck, etwas nach
Großlinden zu schicken. Damit genug.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer Walter
|
|
Verlegungen
der Feldwerft zwischen dem 25.5. und 23.8.1944
|
Nähe
Trakehnen
Ostpreußen
|
23.08.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Posen Trakehnen
Trakehnen,
23.08.44
Liebe
Eltern!
Gestern haben wir schon wieder verlegt. Und zwar nach
Trakehnen.
Das liegt ca. 25 km von der Grenze entfernt. Und 15 km von Gumbinnen.
Diese Verlegung sagte uns überhaupt nicht zu. Dies hier ist eine ganz
blöde Gegend. Häuser gibt es hier nur ganz wenig. Hier gibt es nur ein
größeres Gestüt. Wir wohnen hier in einem Raum. Ich schlafe allerdings
im Skoda, da es mir in meinem Wagen besser gefällt als im Horch. Vor
allen Dingen liege ich auf den Polstern genau so weich und noch viel
sauberer. Aber, was wir hier sollen, ist uns nicht ganz klar. Denn hier
auf dem Platz sind bereits schon Werkstattzüge. Wir rechnen daher mit
einer baldigen Verlegung. Damit genug für heute.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer Walter
|
Nähe
Trakehnen
Ostpreußen
|
27.08.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg Trakehnen
Trakehnen,
27.08.44
Liebe
Eltern!
Heute am Sonntag erhielten wir wieder einmal Post nach langer
Zeit. Von Euch bekam ich 3 Briefe. Ferner noch 2 Pakete. Und zwar ist
heute unser Nachkommando aus Lützen angekommen. Dies brachte mir die
Pakete mit. Die Pakete sind natürlich gut angekommen. Am allermeisten
freut es mich, dass ich jetzt wieder eine Uhr besitze. Man lebt ja sonst
wie auf dem Mond. Der Kuchen und die Äpfel kamen auch sehr gut an. Aber
die ....... waren leider nicht mehr genießbar. Nicht zu ändern. Sind
eben zu lange unterwegs gewesen. Meinen allerbesten Dank für die beiden
Pakete. Besonders für die Uhr. Hoffentlich hält sie sehr lange. Ein
Paket mit Seife und Seifenpulver habe ich Rohloffs Schwester gegeben,
diese wird versuchen, es Euch zu schicken.
Nun
zu den 3 Briefen:
Und zwar sind diese Nr. 25 vom 22.6., Nr. 33 vom 13.8.
und Nr. 34 vom 17.8.
Der
erste Brief Nr. 25 ist bereits sehr überholt, sodass nicht mehr viel dazu
zu sagen ist. Nur dies, Urlaubssperre ist aufgehoben. Aber!! Man muss erst
12 Monate = 1 Jahr voll haben. Also könnt Ihr Euch ausrechnen, wann ich
an Urlaub denken kann.
Dass
ich dieses Jahr wieder nicht an der Obsternte teilnehmen kann, ist Pech.
Nicht zu ändern, hoffentlich nächstes Jahr.
Wie
Du schon schreibst über die neuen Kriegsverordnungen, werden noch mache
arbeiten müssen, die nicht damit gerechnet haben oder es nicht nötig
hatten. Hoffentlich wird auch richtig durchgegriffen, dass sich nicht
wieder verschiedene aus den sogenannten besseren Kreisen vor der Arbeit
drücken. Unter die Arbeitspflicht werden auch diesmal fallen: Elfi
Glaser, H. Ewald, Diefenbach und andere. Wie alt ist eigentlich Frau
Bennecker? Doch schon 50?
Dass
Papa nicht damit nicht zu rechnen braucht, glaube ich. Es ist auch
bestimmt besser.
Dass Karlheinz bereits schon wieder in Litauen ist, habe
ich schon durch einen Brief von ihm erfahren. Er hat es nicht lange auf
deutschem Boden ausgehalten. Wie lange wir noch in Deutschland
(Ostpreußen) sind, wissen wir noch nicht. Aber wir hoffen, noch recht
lang da zu bleiben, wo Deutsch gesprochen wird.
Wenn
wir verlegen oder wenn ein größerer Luftangriff in unserer Nähe war
oder ist, werde ich euch sofort davon unterrichten. Seitdem wir in
Ostpreußen sind, haben wir keinen Angriff gehabt. Der Iwan überfliegt
nur in ganz großer Höhe täglich unser Gebiet. Aber daran stören wir
uns überhaupt nicht mehr.
Das
3. Paket habe ich bis jetzt noch nicht erhalten, aber ich hoffe, dass
unser Ing. K. dies noch mitbringt, denn er siegt noch dort im Raume. Damit
genug für heute.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer Walter
Lg.Pa,
Königsberg jetzt wieder schreiben
|
Nähe
Trakehnen
Ostpreußen
|
01.09.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg Trakehnen
Trakehnen,
01.09.44
Liebe
Eltern!
Gestern erhielt ich Euren lieben Brief vom 25.8., wofür meinen
allerbesten Dank.
Wie
ich aus euren Zeilen ersehe, herrscht zuhause große Trockenheit. Einfach
furchtbar. Hier ist es nicht so schlimm gewesen. Sehr oft Gewitterregen.
Über
Eure abgeschickten Pakete habe ich euch schon im letzten Brief
geschrieben.
Hier
in Trakehnen haben wir augenblicklich keine Arbeit. Kraftfahrer und
Beifahrer müssen die Fahrzeuge wieder in Ordnung bringen. Die Übrigen
helfen bei der Ernte mit. Wie immer, bin ich auch jetzt wieder bei den
Fahrzeugen. Aber bei der Arbeit hat man sehr viel Abwechslung, denn die
Kinder des ganzen Dorfes sind den ganzen Tag dabei. Manchmal wird es
einigen ja zu viel, denn die Bälge können einen verrückt machen. Aber,
dann hat man auch seinen Spaß dabei.
Über
die militärische Lage seid Ihr ja genau so gut orientiert, wie wir. Damit
für heute genug.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer Walter
|
Nähe
Trakehnen
Ostpreußen
|
06.09.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg Trakehnen
Trakehnen,
06.09.44
Liebe
Eltern!
Heute erhielt ich Euren lieben Brief vom 30.8., meinen allerbesten
Dank.
Bevor
ich Euch diesen Brief beantworte, möchte ich Euch erst einmal über den
Erhalt des 3. Paketes unterrichten. Leider war das Obst nicht mehr
genießbar. Es ist eben zu lange unterwegs gewesen. Schade, aber nichts zu
ändern!
Unsere
häufigen Verlegungen sagen uns keinesfalls zu. Aber ich denke, dass wir
bald wieder einen festen Platz haben.
Nun
zur Teilung: Wenn Ihr es vorerst zusammen behalten wollt, so ist es auch
nicht schlecht. Das Andere, das Du im Auge hast, ist auch nicht schlecht.
Vor allen Dingen könnte man dadurch auch einen guten Bauplatz erwerben.
Ich hatte ja nur den Vorschlag gemacht, dass Du mein Geld möglichst gut
und friedensmäßig betrachtet, sicher anlegst. Sollte dir eine besonders
gute Sache in die Finger kommen, so greife zu ohne lange zu fragen.
Ich
staune, dass Karlheinz nur wenige km (ca. 42-44 km) von mir entfernt ist.
Aber, ob wir uns einmal sehen, ist fraglich.
Die
Vermisstenmeldung von Theo Beck habe ich zur Kenntnis genommen. Sehr
bedauerlich! Wo war er? Doch sicher in Russland. Leider Glaube ich, dass
jetzt noch mehr Vermisstenmeldungen ankommen. Und sind dies alle von den
Rückzügen. Wir haben dabei wenigstens Glück gehabt. Von unserem Verband
sind auch zwar welche aus Russland nicht rausgekommen. Von er einen Werft
sind nur 6 Mann umgekommen. Von der anderen fehlt jede Spur. Da bei einem
solchen Rückzug, wie dieser war, muss man Glück haben und vor allen
Dingen einen sehr guten und umsichtigen Zug- und Einheitsführer haben.
Dies war bei uns der Fall und dadurch sind wir überall so gut
durchgekommen. Aber das alles kann ich Euch einmal besser erzählen. Damit
für heute genug.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer Walter
|
Nähe
Trakehnen
Ostpreußen
|
13.09.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg Trakehnen
Trakehnen,
13.09.44
Liebe
Eltern!
Heute nach 7 Tagen möchte ich Euch wieder einmal schreiben. Wir
haben zwar zur Zeit nicht viel zu tun, aber wenn man sehr wenig Post
bekommt, vergisst man bald, zu schreiben, zumal man oft nicht weiß, was
man schreiben soll.
Wie
ich durch den Rudi erfahren habe, ist Frankfurt durch den Tommy wieder
heimgesucht worden. Einfach furchtbar. Hoffentlich seid auch Ihr diesmal
wieder gut durchgekommen.
Heute
habe ich für euch ein Paket fertig gemacht, das ich in den nächsten
Tagen als Expressgut abschicken werde. Hoffentlich kommt es gut an. Es
sind darin folgende Sachen enthalten: 1. Backhefe, 2. 1 Paar Strümpfe, 3.
1 Taschenlampe, 4. 1 Büchse Fleisch 5. 1 Pfund Käse 6. 7 Päckchen Tabak
7. 35 Zigaretten 8. 1 Kiste Zigarren, Zahnpasta u.s.w.
Habt
Ihr das letzte Paket erhalten? Damit genug für heute.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer Walter
|
Nähe
Trakehnen
Ostpreußen
|
16.09.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg Trakehnen
Trakehnen,
16.09.44
Liebe
Eltern!
Heute erhielt ich Euren lieben Brief vom 3. d.M., meinen
allerbesten Dank dafür.
Wie
ich aus Euren Zeilen feststellen muss, scheint die Ortsgruppe Wesl
überhaupt nicht mit der Zeit zu gehen. Die sind ja sehr gut über die
Einzelnen orientiert.
Das
angekündigte Paket habe ich noch nicht abgeschickt. Ich hatte bis jetzt
dazu noch keine Gelegenheit, es zum Bahnhof zu bringen. Werde aber in den
nächsten Tagen alles versuchen, es dorthin zu bringen.
Wir
hier haben zur Zeit keine Arbeit. Wir bringen zum Teil unsere Fahrzeuge in
Ordnung. Zum Teil helfen wir auch in der Landwirtschaft.
Über
die jetzige Kriegslage kann ich nicht viel schreiben. Ihr seht es ja
selber. Vielleicht noch besser, als wir. Hoffentlich geht dies noch zu
einem guten Ende.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer Walter
|
Nähe
Trakehnen
Ostpreußen
|
18.09.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg Trakehnen
Trakehnen,
18.09.44
Liebe
Eltern!
Heute erhielt ich Euren lieben Brief vom 8. d.M., meinen
allerbesten Dank dafür.
Es
freut mich, dass jetzt das Paket mit Seife gut angekommen ist. Aber ganz
besonders freut es mich, dass Ihr Euch über die Sendung sehr gefreut habt
und es gut gebrauchen könnt.
Die
Lage im Westen spitzt sich jetzt von Tag zu Tag zu. Man will eben von
Feindseite aus mit aller Gewalt den Krieg vor dem Winter beenden.
Hoffentlich können wir ihn an der Grenze halten, denn sonst wären die
Folgen furchtbar für uns.
Von
uns wurden auch verschieden Leute versetzt und zwar zur kämpfenden Truppe
(Infanterie). Unter anderem auch Walter Hampel. Wohin sie kommen, ist uns
bis jetzt noch unbekannt. Ich rechne vorerst mit einer solchen Versetzung
nicht, denn es werden ja immer erst solche abgeschoben, die nicht
gebraucht wurden, nichts leisten oder verschiedenes haben.
Dass
auch von Frankfurt Leute zum Stellungsbau weg sind, wundert mich
keinesfalls. Auch nicht über Onkel Karl. Hier im Osten müssten vor
einiger Zeit auch alle Männer weg zum Stellungsbau.
Von
Karlheinz habe ich auch schon längere Zeit keine Post erhalten. Wundere
mich daher, dass er schon wieder im Frontgebiet ist.
Dass
Alfred Euch immer wieder von Zeit zu Zeit schreibt, wundert mich direkt.
Wir
müssen jetzt auch an der Kartoffelernte teilnehmen. Allerdings ist es
nicht toll, denn es war im Sommer einfach zu trocken. Wie steht es bei
euch mit der Ernte? Das Einzige, was hier gut war, war die Getreideernte.
Damit genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer Walter
|
Nähe
Trakehnen
Ostpreußen
|
21.09.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg Trakehnen
Trakehnen,
21.09.44
Lieber
Papa,
Ich
möchte Dir hiermit zu Deinem 59. Geburtstag recht herzlich gratulieren
und Dir weiterhin alles Gute wünschen.
Dein
Geburtstagsgeschenk wird allerdings einige Zeit später ankommen. Aber die
Hauptsache ist, es kommt an.
Mir
geht es gut, was ich auch von Dir und Mama erhoffe.
Es
grüßt Dich und Mama recht herzlich
Dein
Walter
|
Nähe
Trakehnen
Ostpreußen
|
25.09.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Trakehnen
Trakehnen,
25.09.44
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich Euren lieben Brief vom 13. d.M., meinen allerbesten Dank
hierfür.
Eure
Zeilen haben mich sichtlich erleichtert und beruhigt. Auch dieses Mal habt
Ihr Gott sei Dank wieder Glück gehabt und seid bei dem schweren Angriff
verschont geblieben. Hoffentlich geht es auch weiterhin gut ab.
Wir
hier haben glücklicherweise nichts zu tun. Hier merkt man kaum etwas vom
Krieg. Wenn erst einmal wieder bei Euch zu Hause wieder eine solche Ruhe
herrscht, dann ist es bestimmt besser.
Anbei
2 Bilder. Von was? Seht Ihr ja deutlich genug. Damit genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Nähe
Trakehnen
Ostpreußen
|
30.09.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Trakehnen
Trakehnen,
30.09.44
Liebe
Eltern!
Ich
möchte Euch heute wieder einmal einige Zeilen zukommen lassen. Post
bekommen wir erst wieder am Montag, da erst heute unser Kurier weggefahren
ist.
Am
meisten interessiert die Frage, was ist in Frankfurt los? Wie geht es
Euch? Hoffentlich noch gut.
Das
Paket an Euch ist am 28. d.M. abgegangen. Und zwar als Dienstpost. (Kommt
also mit der Post). Hoffentlich kommt die Kiste gut an.
Anbei
noch einige Bilder von der 2000. Maschine. Damit genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Nähe
Trakehnen
Ostpreußen
|
01.10.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Trakehnen
Trakehnen,
01.10.44
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich Euer Schreiben vom 20. d.M., meinen allerbesten Dank dafür.
Das, was Ihr angenommen habt, ist bis jetzt noch nicht zugetroffen. Wir
sind noch immer hier in Trakehnen, haben uns auch jetzt hier sehr
gut eingelebt. Im übrigen kommen wir als technische Einheit für einen
solchen Fall nur in den äußersten Fällen erst infrage. Letzten Endes
sind wir dafür ja gar nicht ausgebildet.
Da
jetzt hier der größte Teil der Bevölkerung rückwärtig gekommen ist,
haben wir gute Unterkünfte bekommen. Ich wohne mit 4 Mann zusammen in
einer schönen Zweizimmerwohnung, nur sehr einfach ist es jetzt hier. Im
Übrigen ist hier die Front ruhig. Wie lange noch, ist allerdings nur eine
Frage der Zeit.
Mit
Alarm und Angriffen ist es ja in Eurer Ecke furchtbar und hoffentlich geht
alles gut aus.
Wie
ich feststellen musste, hat Dein altes Leiden schon wieder begonnen. So
schone Dich etwas.
Dass
Onkel Karl nicht lange fort ist, habe ich mir gleich gedacht, denn so ein
so Vorsichtiger hält es bei einer solchen Einheit nicht lange aus.
Von
G. zur Kenntnis genommen. Über Heinz Arnold wundere ich mich. Schon
verheiratet! Ist er immer noch so viel zu Hause?
Ich
staune, dass Frau Bennecker ausgerechnet bei Wörner arbeitet. Wie
gefällt es ihr dort? Sie kann mal meine alten Bekannten grüßen
(Wörner, Rheul, Maisch, u.s.w.) Damit genug für heute.
Es
grüßt euch recht herzlich und Papa wünsche ich baldige Gesundheit
Euer
Walter
|
Nähe
Trakehnen
Ostpreußen
|
06.10.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Trakehnen
Trakehnen,
06.10.44
Liebe
Eltern!
Da
wir nun schon über 8 Tage keine Post bekommen haben, möchte ich Euch
wieder einmal einige Zeilen zukommen lassen.
Mir
geht es noch sehr gut, was ich von Euch auch erhoffe. Um dem Übel mit der
Post abzuhelfen, bitte ich Euch, mir die Post wieder auf Privat zu
schicken.
Und
zwar an:
Herrn
Spielmann Schreifershof
(5b)
Post Trakehnen / Kreis Eberrode
Ferner
bitte ich Euch, mir ein Paket mit Marmelade oder Gelee und vielleicht
etwas haltbares Obst zu schicken. Ferner bitte ich Euch, mir meinen
braunen ärmellosen Pullover zu schicken. Sonst werde ich nichts an
Wintersachen benötigen.
Ich
bitte Euch aber, das Paket sofort abzuschicken. Anbei noch die Urkunden
vom KVK II.Kl. - bitte gut aufheben. Habt Ihr mein Paket schon erhalten?
Damit genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Nähe
Trakehnen
Ostpreußen
|
09.10.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Trakehnen
Trakehenen,
09.10.44
Liebe
Eltern!
Heute
kam plötzlich ein Verlegungsbefehl. Und heute fahren wir schon ab. Es hat
daher keinen Zweck, etwas auf Privat zu schicken.
Wir
haben wieder auf den letzten Platz in die Nähe von Rohloffs Schwester
verlegt. Damit für heute genug.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Nähe
Tilsit
|
11.10.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
nähe Tilsit
O.M.,
11.10.44
Lieben
Eltern!
Wie
ihr schon aus dem letzten Brief entnommen habt, haben wir schon wieder
einmal verlegt. Wir sind jetzt wieder auf dem Platz, auf dem wir 7 Wochen
waren. Also wieder ganz in der Nähe von Rohloffs Schwester. Geben ganz
gutes Quartier. Nur zum Teil kein elektrisches Licht. Dies kennt man hier
in Ostpreußen stellenweise noch nicht.
Hier
auf dem Platz haben wir wieder einmal viel Arbeit, denn der Flugbetrieb
ist hier beiderseits sehr lebhaft. Damit für heute genug.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Nähe
Tilsit
|
15.10.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
nähe Tilsit
O.M.,
15.10.44
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich von Euch wieder zwei Briefe. Und zwar die Briefe Nr. 41 vom
27.9. und Nr. 42 vom 3. d.M., für beide Schreiben meinen allerbesten
Dank.
Ich
bin wirklich froh, dass Ihr bei den letzten Großangriffen gut
durchgekommen seid. Hoffentlich geht es auch weiterhin so gut ab.
Das
glaube ich gern, dass ein fremder Mann nie so gefühlvoll Obst abmacht als
man selber. Na, vielleicht kann ich nächstes Jahr das Zeug selber
abmachen.
Mir
geht es gut. Hoffentlich Papa auch bald wieder.
Hier
auf dem Platz haben wir wieder sehr viel Arbeit. Damit für heute genug.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Nähe
Tilsit
|
19.10.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
nähe Tilsit
O.M.,
19.10.44
Liebe
Eltern!
Gestern
erhielt ich Euren lieben Brief vom 9. d.M., wofür meinen allerbesten
Dank.
Wie
ich aus diesem Schreiben ersehe, ist Papa leider immer noch krank, was ich
sehr bedauere. Na ich wünsche Dir alles Gute. Hoffentlich bist Du bald
wieder gesund. Sehr bedauerlich sind die dauernden Einflüge. Hoffentlich
hat dies bald ein Ende. Hoffentlich geht dies alles noch gut.
Euren
Brief vom 3. d.M. konnte ich leider noch nicht beantworten, da wir
arbeitsmäßig zu sehr überlastet sind. Wir fangen morgens um 4 Uhr an
und arbeiten bis spät in die Nacht hinein. Ihr müsst daher meine kurzen
Briefe entschuldigen. Zum Schluss möchte ich nun noch Mama zu ihrem
kommenden Geburtstag gratulieren und ihr weiterhin alles Gute wünschen.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
Papa
wünsche ich noch eine recht baldige Gesundung.
Papa,
schreibe mir doch bitte einmal, wo Du jetzt arbeitest. (Straße, Haus,
Nr.)
|
Insterburg
|
21.10.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Insterburg
Insterburg,
21.10.44
Liebe
Eltern!
Nachdem
wir wieder einmal eine Verlegung hinter uns haben, möchte ich Euch einige
Zeilen zukommen lassen.
Ja,
wir mussten mal wieder verlegen. Aber seid unbesorgt, wir kommen immer gut
durch. Denn was hier im Augenblick los ist, kann man kaum begreifen.
Hoffentlich bekommen wir den Russen recht bald zum Stoppen. Es ist ja
fürchterlich, was uns sonst alles verloren geht. Na, vielleicht können
wir uns einmal während der nächsten Monate darüber aussprechen. Einen
großen Zoo haben wir mitgebracht. Ich selber besitze 3 Gänse. Davon sind
zwei für Euch bestimmt. Bei der passenden Gelegenheit werde ich sie Euch
dann schicken. Aber bis dahin werde ich sie noch erheblich füttern. Damit
genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich und wünscht Euch alles Gute, besonders dass
Papa recht bald wieder gesund ist
Euer
Walter
|
Gumbinnen
|
01.11.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Gumbinnen
Gumbinnen,
01.11.44
Liebe
Mama!
Heute
erhielt ich Deinen lieben Brief vom 24. d.M., wofür meinen allerbesten
Dank. Wie aus Deinen Zeilen bedauerlich ersehen muss, ist Papa doch so
sehr schwer krank, dass er ins Krankenhaus gehen musste. Hoffentlich geht
alles gut ab, sodass er recht bald wieder gesund ist. Achte bitte in
Zukunft darauf, dass er sich an die ärztlichen Vorschriften hält und
etwas mehr auf seine Gesundheit achtet als auf andere Sachen. Den Brief
von Papa habe ich bis jetzt noch nicht erhalten. Dass ich das Paket
bekomme, das Du an mich abgeschickt hast, glaube ich kaum. Nichts zu
ändern. Hoffentlich kommt aber noch mein Paket an. Ich würde mich sonst
furchtbar sorgen. In unserem Abschnitt ist zur Zeit Ruhe. Die Front ist
auch noch ziemlich weit weg. Arbeit haben wir laufend. Anbei noch zwei
Bilder vom 20. April. Damit genug für heute.
Es
grüßt Dich recht herzlich und wünscht Papa alles Gute und baldige
Gesundung
Dein
Walter
|
Gumbinnen
|
06.11.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Gumbinnen
Gumbinnen,
6.11.44
Liebe
Mutter!
Ich
will Dir wieder einmal einige kurze Zeilen zukommen lassen. Post haben wir
in den letzten Tagen keine erhalten. Es ist bei uns einfach furchtbar
schlecht mit der Post. Bei uns ist noch alles in bester Ordnung. Mir geht
es noch gut.
Wie
geht es Papa? Wird es bei ihm besser? Richte ihm bitte die besten Grüße
aus. Ich wünsche ihm alles, alles Gute. Und hoffentlich wird er bald
wieder gesund. Damit für heute genug, denn mir fehlt die Post zum
Schreiben.
Es
grüßt dich recht herzlich und wünscht nochmals alles Gute Dir und Papa
Dein
Walter
|
Gumbinnen
|
12.11.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Gumbinnen
Gumbinnen,
12.11.44
Liebe
Eltern!
Mit
unserer Post ist es einfach ein Jammer. Gestern war ein Ing. vom Stab bei
uns und hat es noch nicht einmal für nötig gehalten, für uns Post
mitzubringen. Was ich schreiben soll, weiß ich einfach nicht mehr.
Mir
geht es noch gut. Hoffentlich geht es auch Euch noch gut. Wie geht es
überhaupt Papa?
Anbei
noch die Paketmarken. Grün je 1 Kg, braun je 100 g.
Es
grüßt euch recht herzlich und wünscht Euch, besonders Papa alles Gute.
Euer
Walter
|
Gumbinnen
|
15.11.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Gumbinnen
Gumbinnen,
15.11.44
Liebe
Eltern!
Heute
erhielten wir mal wieder nach langer Zeit Post. Von Euch hatte ich gleich
drei Briefe auf einmal. Und zwar die Briefe vom 18.10., 30.10. und vom
31.10. . für alle drei Briefe meinen allerbesten Dank. Wie ich aus den
Briefen ersehe, ist mein Paket immer noch nicht angekommen. Es würde mich
wirklich ärgern, wenn es überhaupt nicht ankommt. Ich werde auch nie
mehr ein Paket schicken.
Ebenso
schade ist es, wenn das Paket von Euch verloren geht. Aber von Rechts
wegen müsste das Paket, wenn es nicht Spielmann erreicht,
zurückgeschickt werden. Trakehnen ist noch immer in deutscher
Hand.
Wie
ich aus Deinen Zeilen ersehe, vom Krankenhaus, ist Deine Krankheit zwar
nicht so einfach, aber auch diese Sache wirst Du schon wieder machen und
bald wieder gesund sein.
Die
Leute aus den Gebieten, wie z.B. Rohloffs Schwester waren, sind alle
zurück gekommen. Das Getreide und Korn wurde dann von Kommandos zurück
transportiert. Aber leider kommt bei solchen Sachen auch sehr viel um. Auf
dem Hof von Rohloffs Schwester mussten allein 12.000 Zentner
ausgedroschenes Getreide abtransportiert werden. Damit genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich und wünscht Euch alles Gute
Euer
Walter
|
Gumbinnen
|
18.11.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Gumbinnen
Gumbinnen,
18.11.44
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich Eure beiden Briefe, den von Mama vom 6.d.M. und von Papa vom
4. d.M. . Für beide Schreiben meinen allerbesten Dank
Wie
ich aus beiden Schreiben ersehe, ist mein Paket endlich angekommen. Um die
Büchse Fleisch ist es ja schade, denn auch die hätte Mama gut gebrauchen
können. Aber die Hauptsache ist, dass die Kiste auch gut angekommen ist.
Wenn
auch Papa die Kaufsachen im Augenblick nicht gebraucht, so wird er es nach
seiner Genesung doppelt schätzen. Aber eines sage ich ihm im voraus, dass
er sparsam umgehen muss, denn auch wir bekommen hier in Deutschland nicht
mehr so viel, als wir in Russland bekommen haben.
In
unserem Abschnitt herrscht somit z.Z. Ruhe. Aber man befürchtet, dass das
nur die Ruhe vor dem Sturm ist. Hoffentlich halten wir den Russen
weiterhin.
Die
Anschrift von Papas Büro habe ich im letzten Brief bereits erhalten. Die
Gänse werde ich weiterhin halten, bis es erst richtig kalt ist und Euch
dann schicken.
Wie
ich aus dem Brief von Mama bedauerlich feststellen musste, ist wieder ein
Terrorangriff auf Frankfurt gewesen. Zum Glück ist zuhause nichts
passiert.
Dass
es Papa schon bedeutend besser geht, freut mich. Aber ich habe das
Gefühl, dass sich die Sache in die Länge zieht. Na, die Hauptsache ist,
er wird wieder richtig gesund.
Unser
Ing. Kirchner ist auch noch immer krank. Er ist im Lazarett, hat
Nierenbluten.
Es
grüßt euch recht herzlich und wünscht Papa alles Gute
Euer
Walter
|
Gumbinnen
|
26.11.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Gumbinnen
Gumbinnen,
26.11.44
Liebe
Eltern!
Ich
möchte Euch heute wieder einmal einige Zeilen zukommen lassen. Ich habe
ja leider in den letzten 8 Tagen keine Post erhalten und weiß daher auch
nicht mehr, was ich schreiben soll.
Wie
geht es Papa? Bist Du immer noch im Krankenhaus? Mir geht es noch gut,
hoffentlich Euch auch.
Es
grüßt Euch recht herzlich und wünscht Papa alles Gute
Euer
Walter
|
Gumbinnen
|
27.11.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Gumbinnen
O.M.,
27.11.44
Liebe
Eltern!
Schicke
Euch hiermit ein Paket mit einer der versprochenen Gänse. Ferner eine
kleine Flasche Branntwein, ein kl. Fläschchen 4711 für Mama zu
Weihnachten, KVK und Resierklingen.
Lasst
Euch den Branntwein gut schmecken. Papa wird ja bis dahin wieder gesund
sein.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Gumbinnen
|
29.11.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Gumbinnen
Gumbinnen,
29.11.44
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich den Brief von Mama, wofür meinen allerbesten Dank. Wie ich
daraus feststellen muss, ist Papa leider immer noch nicht hergestellt.
Hoffentlich kommt es noch in der nächsten Zeit in die Reihe.
Ich
habe Euch heute ein Paket abgeschickt und zwar das mit dem versprochenen
Braten. Allerdings muss ich Euch etwas mitteilen. Und zwar kann ich Euch
nur eine Gans schicken, da ich die 2. vor einigen Tagen aus Futtermangel
schlachten musste. Ich hoffe aber, dass Ihr mir das nicht übel nehmt. Mir
hat sie auf alle Fälle gut geschmeckt. Hoffentlich schmeckt Euch das
genauso gut. In dem Paket sind enthalten: Eine Gans, ein 3/10 l Flasche
Branntwein, ein Fläschchen 4711 und KVK.
Die
Gans ist ausgenommen und einige Tage im Kalten gehangen. Hoffentlich kommt
sie gut an und ist nicht so lange unterwegs, als das letzte Paket. Damit
genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich und wünscht euch alles Gute
Euer
Walter
|
Gumbinnen
|
03.12.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Gumbinnen
Gumbinnen,
03.12.44
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euren Brief vom 20.11. erhalten, wofür meinen allerbesten Dank. Wie
ich aus Euren Zeilen ersehen muss, ist Papa jetzt aus dem Krankenhaus
Köppern entlassen und in das Städtische Krankenhaus gegangen.
Hoffentlich wird er dort jetzt endlich wieder hergestellt.
Ferner
freute es mich, dass sich Papa über die übersandten Rauchsachen gefreut
hat. Hoffentlich kommt das Paket mit der Gans gut und schnell an. Und wenn
Ihr die kleine Flasche Branntwein dann in gemeinsam leert, könnt Ihr sehr
gut schlafen. Damit für heute genug.
Es
grüßt Euch recht herzlich und wünscht Euch alles Gute
Euer
Walter
|
Gumbinnen
|
14.12.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Gumbinnen
Gumbinnen,
14.12.44
Liebe
Eltern!
Habe
heute Euren Brief vom 5.d.M. erhalten, wofür meinen allerbesten Dank.
Ferner erhielt ich die Weihnachtspäckchen. Hierfür auch meinen
allerbesten Dank. Sind alle hier sehr gut angekommen. Hoffentlich kommt
mein Paket auch sehr gut an. Dann werdet Ihr ebenso große Freude daran
haben, wie ich an den vier Päckchen.
Zu
der Frage nach Urlaub muss ich Euch leider enttäuschen, denn Urlaub ist
zur Zeit gänzlich gesperrt. Es besteht daher keine Möglichkeit, dass wir
Weihnachten zusammen sein können. Ich hatte zwar einmal gehofft, durch
Einweisung nach Hause zu kommen, aber daraus ist nichts geworden. Über
den verhältnismäßig guten Ausgang von Papas Krankheit bin ich beruhigt
und teilweise befriedigt. Aber lieber wäre es mir, wenn er wieder
kerngesund wäre. Hoffentlich rauchst Du weiterhin nicht mehr so viel
Zigaretten.
Zur
Zeit arbeite ich hier in der Stadt. Und zwar überhole ich einen Wagen mit
2 Mann hart in einem größeren Reparaturwerk. Es ist mal eine kleine
Abwechslung. Damit genug für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich und wünscht Euch alles Gute. Ferner wünsche
ich Euch recht frohe Weihnachten. Und lasst Euch Euren Braten gut
schmecken. Leider kann ich nicht dabei sein.
Euer
Walter
|
Posen
|
20.12.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Posen
Posen,
20.12.44
Liebe
Eltern!
Wir
sind zur Zeit hier in Posen. Und zwar zu einem Einweisungslehrgang
kommandiert. Dieser dauert vom 20.12. bis 08.01.45. Ich bin daher auch
leider an Weihnachten nicht bei meinem Haufen. Wie ich hier die Feiertage
verlebe, weiß ich noch nicht. Auf alle Fälle werde ich nach Posen rein
gehen.
Meine
Anschrift ist:
Obergefreiter
.....
Posen
6 Postamt 15
Werftabteilung
18/I Nord
Luftpost
soll zirka 3-5 Tage unterwegs sein. Da es offene Anschrift ist, kann man
auch Pakete schicken. Diese sollen nach Angaben von Kameraden 4 - 10 Tage
dauern. Damit für heute genug.
Es
grüßt Euch recht herzlich und wünscht Euch alles Gute und "Frohe
Weihnachten"
Euer
Walter
|
Posen
|
26.12.1944
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Posen
Posen,
26.12.44
Liebe
Eltern!
Heute
am zweiten Feiertag möchte ich Euch wieder einmal einige Zeilen zukommen
lassen. Die Weihnachten sind sozusagen zuende. Aber nach Weihnachten war
es mit diesmal nicht zu mute. Ich muss sagen, dass ich in diesem Jahr die
schlechtesten Weihnachten verlebt habe. Erstens einmal bei einem ganz
faulen Haufen, zweitens keinen Radio auf der Stube und drittens nichts zu
rauchen. Ich bin wirklich froh, wenn ich nach Gumbinnen zurück fahren
kann.
Und
wie habt Ihr die Feiertage verlebt? Hoffentlich etwas gemütlicher! Und
hoffentlich können wir im nächsten Jahr Weihnachten zusammen feiern. In
dieser Hoffnung möchte ich für heute schließen.
Es
grüßt Euch recht herzlich und wünscht Euch ein glückliches
"Neujahr"
Euer
Walter
|
|
1945
Am
12. Januar 1945 begann die Rote Armee vom Baranow-Brückenkopf aus mit
einer breit angelegten Großoffensive. Die Wehrmacht war zu diesem
Zeitpunkt zusätzlich geschwächt, weil bedeutende Kräfte für die
Ardennen-Offensive nach Westen abgezogen waren.
Die
Rote Armee stieß von Warschau (Befreiung am 17. Januar) aus nach Norden
vor und schnitt damit Ostpreußen vom Rest des Reiches ab. Die deutsche
Bevölkerung floh in Scharen, verbreiteten die Rotarmisten durch
Plünderungen, Morde, Brandschatzungen und Vergewaltigungen Angst und
Schrecken unter den Zivilisten. Insgesamt gelangten über 2 Millionen
Flüchtlinge über das Meer nach Westen. Das KdF-Schiff Wilhelm
Gustloff,
das Flüchtlinge und deutsche Soldaten aus Ostpreußen evakuierte, wurde
von sowjetischen Torpedos versenkt. Bis zum Kriegsende kamen Menschen
über die Ostsee nach Westen: Der letzte Evakuierungskonvoi von der
Halbinsel Hela (die bis zum Kriegsende von deutschen Truppen gehalten
wurde) nach Dänemark mit insgesamt über 40.000 Menschen dauerte vom 5.
bis zum 9. Mai 1945.
Die
4. Armee, die Ostpreußen verteidigen sollte, wurde bis Ende März
vernichtend geschlagen. Irgendwo
im Raum Groß Hoppenbruch verliert sich im März 1945 die Spur von Walter
Michel, der nur 23 Jahre alt wurde und davon 5 Jahre seines Lebens als
Soldat verbrachte.
Königsberg wurde am 30. Januar eingekesselt,
kurzzeitig von deutschen Einheiten entsetzt, fiel aber am 9. April
endgültig an die Sowjets.
Am
27. Januar erreichte die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, das aber von der SS zuvor schon aufgegeben worden war.
Am selben Tag erreichten erste sowjetische Einheiten Küstrin und damit
die Oder.
Nach
der sowjetischen Winteroffensive stand die Rote Armee Ende Januar 1945
entlang der Oder und Neiße von Stettin bis Görlitz knapp 80 Kilometer
vor Berlin. Im Februar und März brachten die Sowjets rund 2,5 Millionen
Soldaten mit über 6.000 Panzern sowie 7.500 Flugzeugen für den Angriff
auf Berlin in Stellung. Ihnen gegenüber standen rund eine Million
deutsche Soldaten mit knapp 800 Panzern sowie Verbände der Wlassow-Armee.
Die
Hauptangriffsrichtung aus vorbereiteten Brückenköpfen folgte der
Reichsstraße 1 (heute Bundesstraße 1) über Seelow direkt nach Berlin.
Die Höhen von Seelow bildeten dabei ein steil aufsteigendes, natürliches
Hindernis, und um diese Höhen wurde eine der größten Schlachten des 2.
Weltkrieges geschlagen. Die Schlacht um die Seelower Höhen begann am 16.
April mit einem der stärksten Artilleriebombardements der Geschichte:
rund 18.000 Artilleriegeschütze und Raketenwerfer konzentrierten ihr
Feuer auf gerade einmal 4 km Frontlinie. Im Laufe des 18. April errang die
zahlenmäßig weit überlegene Rote Armee die Oberhand und entschied nach
gewaltigen Verlusten die Schlacht für sich.
Unterdessen
wurde im Süden der sowjetische Belagerungsring um Breslau am 15. Februar
geschlossen, welches allerdings erst am 6. Mai in die Hände der Roten
Armee fiel. Am 6. März versuchte die 6. SS-Panzerarmee einen Gegenstoß
in Ungarn, wurde aber zurückgeschlagen. Am 16. März begann die
sowjetische Gegenoffensive, die bis zum 4. April ganz Ungarn eroberte.
Wien fiel am 13. April in die Hände der Sowjets, die von Osten aus auch
Niederösterreich, das Burgenland und die Steiermark eroberten. Am 8. Mai
erreichte die Rote Armee Graz.
Am
25. April schloss sich der Belagerungsring um Berlin und in Torgau
begegneten sich erstmals sowjetische und US-amerikanische Kampfeinheiten.
Auf deutscher Seite kämpfte neben Einheiten der Wehrmacht und der
Waffen-SS auch der Volkssturm und Einheiten der Hitler-Jugend. Am Morgen
des 26. April fand der letzte größere und erfolgreiche deutsche
Panzerangriff statt, Bautzen wurde zurückerobert (Schlacht um
Bautzen).
Am 28. April scheiterte der Versuch der 12. Armee unter General Walther
Wenck, die Hauptstadt zu entsetzen, am 30. April tötete Adolf Hitler sich
selbst im Bunker unter der Reichskanzlei. Am 2. Mai kapitulierten die
letzten Verteidiger von Berlin vor der Roten Armee.
Am
8. Mai, dem Tag der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht,
besetzte die Rote Armee Dresden, am 10. Mai rückten sowjetische Einheiten
auch in Prag ein.
|
Brüsterort
östlich
Königsberg
|
27.01.1945
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
O.M.,
27.01.45
Liebe
Eltern!
Ich
möchte Euch heute, nach den letzten aufregenden Tagen wieder einmal
schreiben. Von Gumbinnen sind wir abgehauen und östlich
Königsberg. Dort mussten wir gestern wieder weiter. Also macht Euch keine
Sorgen, mir geht es noch gut. Hoffentlich Euch auch.
Über
die Lage hier in Ostpreußen brauche ich Euch ja nichts zu schreiben, den
dies wisst Ihr noch besser durch den Wehrmachtsbericht.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Brüsterort
östlich
Königsberg
|
01.02.1945
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
O.M.,
01.02.45
Liebe
Eltern!
Heute
möchte ich Euch wieder einmal einige Zeilen zukommen lassen. Das
Abschicken der Post ist hier immer mit Schwierigkeiten verbunden, denn die
Post kann man nur einer Ju mitgeben. Aber dies ist ja nicht das
schlimmste. Viel schlimmer ist dies, was wir in den letzten Tagen
mitgemacht bzw. gesehen haben. Das kann man aber gar nicht schreiben. Das
kann ich Euch nur einmal erzählen. Hoffentlich hat das bald ein Ende und
die Front ist wieder stabil.
Nun
etwas anders: Gestern hatte ich sehr großes Glück im Unglück. Und zwar
wurde ich bei einem Tiefangriff russischer Schlachtflieger leicht
verwundet. Und zwar an der linken Seite des Hinterkopfes durch einen
Streifschuss oder Splitter eines Explosivgeschosses.
Das
geschah, als ich an einer Ju 52 arbeitete. Als wir die Maschine hörten
und sahen, rannten wir ganz deckungslos. Aber die Zeit war zu kurz. Mein
Kamerad, der unter der Maschine arbeitete, hatte einen Vorsprung und
erreichte das schützende Loch. Aber ich schaffte es nicht mehr und musste
mich ganze 5 Meter vorher hinwerfen, da mir 3 Maschinen schon zu dicht
ankamen. Im Hinwerfen sah ich noch, wie es in den Maschinen aufblitzte.
Und schon krachte und blitzte es um mich, dass es furchtbar war. Ich
merkte daher zwar einen Schlag, aber da auch Holz, Eis und Erde herum
flog, dachte ich noch an nichts. Ich konnte aber nicht gleich
weiterlaufen, da schon wieder 3 Maschinen herankamen. Als der Angriff
vorbei war, merkte ich erst, dass ich blutete. Ich begab mich sofort mit
einem Kameraden zu unserem Sanitäter, der mich dann nach Untersuchung des
Arztes der Staffel verband.
Da
es hier draußen kein Revier mehr gibt, bin ich nach wie vor bei der
Einheit, mache aber keinen Dienst. Fühle mich ganz wohl. Außer leichten
Kopfschmerzen habe ich keine Beschwerden. Als ich beim Arzt war, gab es
schon wieder einen Tiefangriff und traf die Maschine dann so, dass sie
restlos verbrannte.
Und
wie geht es Euch? Hoffentlich noch gut. Und gebt acht, dass Ihr nicht noch
etwas auf den Kopf geworfen bekommt. Es ist eine verdammt unangenehme
Angelegenheit. Damit für heute genug.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Brüsterort
östlich
Königsberg
|
07.02.1945
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
O.M.,
07.02.45
Liebe
Eltern!
Da
heute hier vermutlich eine Ju wegfliegt, will ich Euch schnell noch ein
paar Zeilen schreiben. Viel weiß ich allerdings nicht zu berichten.
Wir
befinden uns z.Z., wie ich Euch schon im letzten Brief geschrieben habe,
in Brüsterort in der äußersten Ecke Samlands, direkt an der
Küste. Hier haben wir eine hohe Steilküste, an die Wellen der Ostsee
schlagen. Eine sehr schöne Landschaft.
Mir
geht es noch gut. Die Wunde am Kopf ist bald wieder zu. Habe damit Glück,
heilt sehr gut und schnell.
Ich
bin einmal gespannt, wann ich wieder Post von Euch bekomme. Vorerst ist
überhaupt nicht daran zu denken. Wie die Front hier oben im Samland
steht, werdet Ihr ja schon im Radio gehört haben. Ihr werdet erstaunt
sein, dass dieser Brief mit einer Maschine geschrieben ist. Ja, ich habe
jetzt eine kleine Reiseschreibmaschine und lerne darauf für meinen Bedarf
Maschinenschreiben.
In
der Hoffnung, dass es Euch noch gut geht, schließe ich für heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Pillau
bei
Königsberg
|
15.02.1945
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Pillau
O.M.,
15.02.45
Liebe
Eltern!
Heute
möchte ich Euch wieder einmal einige Zeilen zukommen lassen. Wir haben
wieder einmal verlegt. Aus Samland sind wir jetzt weg und befinden uns
hier in Pillau. Wir arbeiten hier in der Werft. Mir geht es noch
ganz gut. Bin wieder voll und ganz gesund. Hoffentlich Ihr auch.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Pillau
bei
Königsberg
|
24.02.1945
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg
Pillau
O.M.,
24.02.45
Liebe
Eltern!
Heute
möchte ich Euch wieder einmal einige Zeilen zukommen lassen. Die Lage hat
sich hier in der letzten Zeit wesentlich gebessert, denn wie es heute im
Wehrmachtsbericht durchkam, ist der Angriff auf Pillau zurück
geschlagen worden. Wieder hatten wir einmal schweres Glück. Man hat zwar
schon vor kurzem nicht mehr mit uns gerechnet und war daher überrascht,
als wir in Pillau auftauchten. Hier haben wir sehr sehr viel
Arbeit. Es geht Tag und Nacht durch. Wollen wir auch gern tun, die
Hauptsache ist, dass der Russe zurückgeschlagen wird.
In
der Hoffnung, das es Euch noch gut geht, schließe ich für heute.
Es
grüßt euch recht herzlich und wünscht euch alles Gute
Euer
Walter
|
Pillau
bei
Königsberg
|
02.03.1945
Feldpost-Nr. L 15987 (A) L.G.P.A.: Königsberg Pillau
O.M.,
02.03.45
Liebe
Eltern!
Heute
möchte ich Euch wieder einmal ein paar Zeilen zukommen lassen.
Jetzt
sind mittlerweile schon 7 Wochen vergangen, dass wir keine Post erhalten
haben. Es ist einfach furchtbar, dass wir hierher keine Post bekommen.
Hoffentlich geht es Euch noch gut. Wir haben hier in Pillau immer
noch sehr sehr viel Arbeit. Wir arbeiten von 6 Uhr 30 bis 20 Uhr. Die
Front ist jetzt wider etwas weiter weggerückt. Den Kriegslärm hört man
glücklicherweise nicht mehr. Hoffentlich gelingt es uns, die Front zu
halten und zurückzudrängen.
In
der Hoffnung, dass es Euch noch so gut geht wie mir, schließe ich für
heute.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Pillau
bei
Königsberg
|
03.03.1945
Feldpost-Nr. L 19146 (A) L.G.P.A.: Berlin Pillau
O.M.,
03.03.45
Liebe
Eltern!
Da
es zu schwierig ist, auf unserer alten Feldpostnummer Post zu bekommen,
haben wir eine andere Nummer angenommen. Ja, unser Stab befindet sich in
der Nähe von Lublin und da könnt Ihr Euch auch denken, dass es
mit der Post nicht hinhaut. Es ist allerdings eine Nummer von einem
anderen Werkstattzug.
Die
Nr. lautet L 19146(A) Lg.Pa. Berlin.
Ich
hoffe, dass ich dadurch in Kürze einmal Nachricht von Euch bekomme.
Es
grüßt euch recht herzlich
Euer
Walter
|
Pillau
bei
Königsberg
|
10.03.1945
Feldpost-Nr. L 19146 (A) L.G.P.A.: Berlin Pillau
Letzter
Brief von Walter Michel
O.M.,
10.03.45
Liebe
Eltern!
Heute
erhielt ich nach langer Zeit wieder mal einen Brief von Euch. Und zwar vom
07.01. Vielen Dank hierfür. Der Brief ist zwar schon sehr veraltet, aber
ich hoffe, in Kürze auch die Post auf der neuen Nummer zu erhalten.
Ja,
ich hatte sehr großes Glück, aus Posen zu kommen, denn heute ist Posen
weit zurück.
Dass
das Paket nach Trakehnen wieder zurück gekommen ist, freut mich.
Ihr braucht Euch auch keine Sorgen zu machen, dass ich gefroren hätte.
Dann hätte ich mir das Nötige besorgt. Für die kalte Zeit hatte ich
eine Flieger-Pelzkappe. Ferner habe ich zwei Flieger-Pullover,
Flieger-Stiefel und Trainingsanzug.
Heute
habe ich mit Bedauern schon wieder im Wehrmachtsbericht vernommen, dass
Frankfurt das Ziel der Tommies war. Einfach furchtbar. Hoffentlich ist bei
Euch noch alles in Ordnung.
In
der Hoffnung, dass es Euch noch so gut geht wie mir, schließe ich für
heute.
Es
grüßt Euch recht herzlich
Euer
Walter
|
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SPURENSUCHE
Situation
nach dem 10. März 1945 im Bereich südwestlich von Königsberg
In
der Endphase des Kampfes um Ostpreußen bildete sich der Kessel von
Heiligenbeil. Hier wurden die Reste der 4. Armee und anderer Einheiten
zusammengedrängt und waren dem konzentrierten Feuer der 3.
Weißrussischen Armee ausgesetzt. Noch heute gelten weite Bereiche um
Heiligenbeil als militärisches Sperrgebiet, das nur mit besonderer
Genehmigung betreten werden kann. Hier wurde vor einiger Zeit unter
Unmengen von verschüttetem Kriegsschrott der Tresor der 4. Armee mit
allen Aufzeichnungen der Einheit gefunden. Aus gutem Grund ist das Gebiet
vor Militaria-Schatzgräbern geschützt. Auch heute noch liegen unzählige
gefallene Soldaten im Boden, die nie geborgen wurden. Um einen Eindruck
vom Kriegsmaterial zu bekommen, das auf dem schmalen Landstreifen entlang
des Frischen Haffs zusammengezogen war, sei ein Blick in die
militärhistorischen Aufzeichnungen der russischen Armee gestattet:
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RIA
Novosti Archiv
26.
März 1945
On
March 26, the 3rd Belarussian Front forces finished mopping up the
enemy on the Frisches Haff Bay coast, southwest of the city of Königsberg
and took the settlements of Gross Hoppenbruch, Reinschenhof, and
Deutsch Bahnau and the Rosenberg port and flung the remainder of the
defeated enemy back to Cape Kahlholzer Haken.
According
to preliminary reports, the Front's troops captured more than 21,000
prisoners in the area on March 26.
On
March 26, our forces captured eight aircraft, 113 tanks, 66 armored
personnel carriers, 594 field guns, 350 mortars, 1,100 machineguns,
30 radios, 200 tractors and prime movers...
Am
26. März beendeten 3. weißrussischen Frontkräfte die
Säuberungsaktionen auf der Frischen Haffs Küste,
südwestlich von der Stadt Königsberg und nahm die Siedlungen Gross
Hoppenbruch, Reinschenhof und English Bahnau und den
Hafen von Rosenberg und warf den Rest der besiegten Feinde
zurück nach Cape Kahlholzer Haken.
Nach
vorläufigen Berichten machten die Front Truppen am 26. März
mehr als 21.000 Gefangene in der Gegend.
Am
26. März eroberten unsere Kräfte acht Flugzeuge, 113 Panzer, 66
gepanzerte Mannschaftswagen, 594 Geschütze, 350 Granatwerfer, 1100
Maschinengewehre, 30 Radios, 200 Traktoren und Zugmaschinen ...
27.
März 1945
March
27th, 1945 27. März 1945 On March 27, the 3rd Belarussian Front
troops were mopping up the enemy southwest of Konigsberg in the
vicinity of the cape and took the settlements of Wolittnick,
Schnakenberg, Follendorf and Lindenberg.
On
March 27, the Front's forces captured 222 field guns, 223 mortars,
430 machineguns, 22 armored personnel carriers, 35 radios and 1,500
wheeled vehicles.
Am
27. März führten die 3. weißrussischen Fronttruppen die
Säuberungsaktionen südwestlich von Königsberg in der Nähe des
Kaps durch und nahm die Siedlungen Wolittnick, Schnakenberg,
Follendorf und Lindenberg.
Am
27. März eroberten die Fronttruppen 222 Geschütze, 223
Granatwerfer, 430 Maschinengewehre, 22 gepanzerte Mannschaftswagen,
35 Radios und 1.500 Radfahrzeuge.
28.
März 1945
On
March 28, the 3rd Belarussian Front troops continued mopping up the
remainder of the defeated enemy in the vicinity of Cape Kalholzer
Haken southwest of Konigsberg.
Am
28. März setzten 3. weißrussischen Front-Truppen die Säuberung
der Reste des besiegten Feindes in der Nähe von Cape Kalholzer
Haken südwestlich von Königsberg fort.
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Mitte
Juni 2010 hatte ich Kontakt zu Hermann Lohmann, Jahrgang
1925, der exakt am vermutlichen
Todestag in unmittelbarer Nähe von Walter Michel Nahe Gut Groß
Hoppenbruch war. Seine Schilderungen im Internet geben einen Eindruck
wieder, in welche Situation sich Walter Michel befand. Mit
seiner freundlichen Genehmigung habe ich die Textpassagen übernommen.
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Kämpfe
bei Balga am Frischen Haff 1945
von
Hermann Lohmann (*1925) aus Deutsch Evern, Februar
2010:
Unsere
"Panzer-Division Hermann Göring" hatte noch zu
Jahresbeginn 1945 Einsätze in Ostpreußen, wo bald eine sowjetische
Großoffensive begann. Am 14.1.1945 schrieb ich denn schon:
|
Liebe
Eltern!
Ihr
meint, dass ich vielleicht in Kürze Urlaub bekomme. Nein,
daran glaube ich nicht mehr, denn gestern hat der Iwan wieder
4 Std. getrommelt (Artillerietrommelfeuer) und wer weiß, ob
es ihm doch noch gelingt durchzubrechen. Dann ist wieder
Urlaubssperre.
|
|
Und
fünf Tage später:
|
....Urlaub
werde ich wohl sobald nicht bekommen, denn der Iwan greift von
allen Seiten an und wer weiß ob er uns nicht noch eines Tages
abschneidet, denn wir liegen gerade in einem Sack.
|
|
Zu
diesem Zeitpunkt waren die russischen Armeen bereits im Norden bei Schloßberg
und im Süden bei Goldap durchgebrochen und hatten die mit
Waffen sehr gut ausgerüstete 2. Division des Fallschirmpanzerkorps
H.G. einfach liegen lassen, um sie einzuschließen und so kampflos
zum Rückzug zu zwingen. Das war eine kluge Taktik der Russen.
Mein
Brief an meine Eltern vom 1.2.1945 lässt dann, wenn auch mehr
zwischen den Zeilen, auf katastrophale Zustände in Ostpreußen
schließen. Ich erinnere mich an das Flüchtlingselend auf den
schneeverwehten, eisglatten Straßen bei bis zu 30° Kälte. Ich
schrieb:
|
Liebe
Eltern!
Heute
ist endlich mal wieder Gelegenheit, dass ich Euch eine
Nachricht von mir senden kann. Es muss ziemlich schnell gehen,
denn um 9 Uhr geht die Post mit dem Sanitätsflugzeug weg und
das ist die einzige Gelegenheit. Hier ist jetzt allerhand los,
wie Ihr Euch wohl vorstellen könnt, wenn Ihr den
Wehrmachtsbericht gehört habt. Ihr wisst wohl sicher, dass
wir hier eingeschlossen sind, jedenfalls so fast bis auf einen
kleinen Küstenstreifen. Mit dem Essen ist es noch immer recht
gut. Nur das Brot wird etwas knapper, aber sitzt nicht zu
Hause und macht Euch Sorgen, denn mir geht es immer noch sehr
gut. Mit dem Wetter geht es auch sehr gut. Vor ein paar Tagen
hatten wir fast 30° Kälte, dann gewaltiges Schneetreiben, so
dass man schon gar nichts mehr sehen konnte und heute, am 1.
Februar fängt es an zu tauen. Hoffentlich gibt es
Matschwetter, dann kann der Iwan nicht so schnell voran.
Nun
wünsche ich Euch alles, alles erdenklich Gute und bleibt alle
gesund und munter.
Herzliche
Grüße Euer Sohn Hermann.
Gott sei mit uns in aller Not und
Gefahr!
|
|
Dieser
Brief war damals wohl eine Art Abschiedsbrief, denn wir befanden uns
an der Front in Ostpreußen in einer sehr gefährlichen Lage. Wir
waren in Schneesturm und Kälte auf vereisten Straßen auf dem
Rückzug. Unser Lkw wurden wegen Benzinmangels zu mehreren
hintereinander gehängt und so von Dieselfahrzeugen
weitergeschleppt. So bewegten wir uns mühsam in Richtung Zinten.
Wir wussten damals nicht, welches Schicksal uns erwarten würde.
Unterwegs
irgendwo in Ostpreußen auf einer verschneiten, eisglatten Straße
entdeckte Fritz Speckmann aus Schulzenhof bei
Insterburg in einem Flüchtlingstreck plötzlich seinen Vater.
Er zog in dem Elendszug bei Schneetreiben und Eiseskälte einen
Kinderschlitten hinter sich her, auf dem er seine letzte Habe
verstaut hatte. Es war wirklich ein Wunder, dass der Sohn seinen
Vater in diesem winterlichen Chaos zigtausender von Flüchtlingen,
die sich in riesigen Trecks in Richtung Küste des Frischen Haffs
und Ostsee bewegten, zufällig gefunden hat. Die Familie war bereits
früher geflüchtet. Der Vater musste noch beim Volkssturm bleiben
und war dadurch ganz alleine auf der Flucht. Dem Sohn Fritz gelang
es nun, seinen Vater erst einmal bei uns aufzunehmen. Als an der
Front etwas Ruhe eintrat, konnte Fritz seinen Vater, nachdem
Tauwetter eingesetzt hatte, an der Küste auf ein Schiff bringen.
Die gesamte Familie konnte sich retten.
Am
21.2.45 schrieb ich an meine Eltern eine so genannte "Ostpreußen-Feldpost"-Karte:
Muster
einer Ostpreußen-Feldpostkarte
|
Liebe
Eltern!
Gestern
bekamen wir diese Karten, um Euch in der Heimat möglichst
schnell ein Lebenszeichen zu senden. Ihr braucht Euch um mich
keine Sorgen zu machen, denn es geht mir sehr gut!
Herzliche
Grüße
Euer
Sohn Hermann.
|
|
Diese
Karte mit einem markigen Spruch von Hitler und der Parole
"Tapfer und Treu!" wird wohl besonders meine Mutter sehr
traurig gemacht haben. Meine Mutter wird bitterlich geweint haben,
als sie die Karte erhielt. Die Tränenspuren sind heute noch zu
erkennen.
In
Folge der Großoffensive der Russen am 13. März 1945 und der
gewaltigen Übermacht des Gegners an Menschen (fast 1:10) und
Material wurden wir immer weiter in Richtung Frisches Haff und
Ostsee zurückgedrängt. Ich kann mich daran erinnern, dass wir im
Bereich Ludwigsort lagen und uns dort aus Baumstämmen einen
Bunker gebaut haben. In diesem Bunker bekamen wir alle vorbeugend
eine Tetanusspritze gegen Wundstarrkrampf.
Ich
sah irgendwann vom Haffufer aus die Elendszüge der
Flüchtlingstrecks über das trügerische Eis des Frischen Haffs
ziehen. Jeden Tag und auch nachts kamen russische Flugzeuge und
warfen Bomben auf die Zivilbevölkerung und beschossen sie mit
Bordwaffen. Auf dem Eis waren die Menschen den Angriffen schutzlos
ausgeliefert. Das Eis war übersät mit toten Menschen, toten
Pferden, zerbombten Fluchtwagen und verstreutem Hausrat. Es war ein
furchtbarer Anblick.
Irgendwann
im März 1945 taute das Eis auf dem Haff plötzlich auf und eines
Morgens war das ganze schreckliche Elend verschwunden. Die Fluten
des Haffs deckten es "gnädig" zu. Das Wasser des Haffs
vermittelte fast einen friedlichen Anblick. Wenn wir nicht mit
Grauen hätten daran denken müssen, was darunter verborgen
war.
Aus
dem Raum Ludwigsort kamen wir irgendwann innerhalb des
Kessels nach Heiligenbeil. Dort auf dem Flughafen haben wir
uns eingegraben. Von Heiligenbeil aus haben wir uns damals
über Gr. Hoppenbruch schließlich nach Balga
zurückgezogen. Das war unsere letzte Frontstellung in Ostpreußen.
Links und rechts eines Hohlweges zum Frischen Haff südlich Balga
lag unsere Einheit. Schnell gruben wir uns ein, um uns vor dem
dauernden Beschuss durch Artillerie und Stalinorgeln
(Raketengeschosse) sowie den Bomben der russischen Schlachtflieger
zu schützen.
Die
sowjetische Artillerie war in der Lage, Punktfeuer auf jedes
einzelne Ziel zu richten. Die Straße von Gr. Hoppenbruch und
Keimkallen war bei Tage überhaupt nicht mehr passierbar und
war ständig mit Wehrmachtsfahrzeugen verstopft. Der Frontverlauf
war etwa folgender:
Am
24. und 25. März 1945 drangen die sowjetischen Truppen von Heiligenbeil
bis nach Rosenberg vor, und besetzten die Haffküste bis nach
Follendorf. Der Küstenstreifen von Balga bis Kahlholz
blieb zunächst noch in deutscher Hand. Die Zerstörung von Balga
begann am 24. März 1945 nachmittags. Durch den Beschuss mit
Brandgranaten und Phosphorbomben gerieten alle Gebäude in Brand,
den der starke Weststurm zu einer Riesenfeuersbrunst anfachte. Was
noch stehen blieb, wurde am 25.März 1945 durch Flieger- und
Artilleriebeschuss vernichtet.
Am
26. März schwieg die feindliche Artillerie, dafür griffen den
ganze Tag Bomberverbände unsere Stellungen an und verwandelten den
letzten kleinen, von uns besetzten Geländestreifen in eine
Mondlandschaft. Als der Abend nahte, gab es keine organisierte
Abwehr mehr. Es gab keine Einheit, nur noch Überlebende, die
versuchten ein Deckungsloch zu finden oder zu graben.
Mit
der Dunkelheit kamen die Nachtflugzeuge, die Rollbahnkrähen, wie
sie genannt wurden und belegten mit gut gezielten Bomben die
Haffküste. Als ich mein Deckungsloch westlich von Gr.
Hoppenbruch verließ, um in Richtung Balga nach etwaigen
Überlebenden der 14. Pionier-Kompanie HG zu suchen, rauscht eine
Lawine von Granaten heran (Stalinorgel) und ließ die Erde wie bei
einem Erdbeben erzittern. Ein schwarzgelber Qualm, in dem für
Sekunden taumelnde Menschen sichtbar wurden. Vier der taumelnden
Menschen kamen auf mich zu, ich schnellte hoch und zerrte sie zu mir
in die Deckung. Es waren Flüchtlinge aus Zinten, die mich mit
leeren Augen anstarrten, unverständliche Worte murmelten und ehe
ich es verhindern konnte, aufsprangen und in Richtung Balga davonliefen.
Sie hatten die nervliche Belastung nicht ausgehalten. Die ganze
Gegend am Haff, die von den russischen Batterien wie auf einem
Übungsgelände unter genaues Feuer genommen werden konnte, wurde
zum Massengrab. Die vielen Toten sie wirkten wie Steine und niemand
dachte an eine Bestattung.
Ich
habe mein Deckungsloch damals rechts des Hohlweges unmittelbar an
der oberen Kante des Steilufers gegraben. Ich hatte mir damals trotz
aller Hektik überlegt, dass ich dort am sichersten wäre. Alle
Artilleriegeschosse und Bomben, die unmittelbar links von mir oder
direkt vor mir einschlagen würden, könnten mir nicht gefährlich
werden, denn sie würden vor der Explosion die Steilhänge
hinabstürzen. Nur unmittelbar hinter mir auf etwa 70° des
Umkreises, also knapp ¼ des umgebenden Geländes konnten mir
Artilleriegranaten, Stalinorgelgeschosse und Fliegerbomben
gefährlich werden. Die von See her anfliegenden russischen
Schlachtflieger konnte ich rechtzeitig sehen und vor den Bordwaffen
schnell in Deckung gehen. Dieser strategisch gut gelegene Punkt im
Gelände hat mir sicherlich geholfen, mein Leben zu retten.
Reminiszenzen
Am
7.7.1996 habe ich mein altes Deckungsloch am Frischen Haff in
Nordostpreußen noch einmal aufgesucht. Es war aufgrund der
strategisch einmaligen Lage schnell gefunden. Es ist zwar
zugewachsen und etwas zusammengefallen, aber es existiert noch und
war noch 50 Jahren etwa knietief.
Ein
weiterer Besuch meines Deckungsloches erfolgte am 22.8.2000
gemeinsam mit dem Redakteur des Deutschlandfunks Herrn Dr. Henning
von Löwis of Menar nach der Einweihung des Deutschen
Soldatenfriedhofes in Pillau. Darüber erschien im November 2000 ein
Bericht im "Rheinischen Merkur" (Siehe auch das Hörbuch:
"Der weite Weg zurück nach Balga).
Besuch
im Kessel von Heiligenbeil
65
Jahre nach Kriegsende
von
links nach rechts:
Hermann
Lohmann
Dr.
Henning von Löwis of Menar (DLF)
Karl
Heinz Schmeelke |
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Am
25.3.1945 wurde durch die Heeresführung endlich erlaubt, den
völlig sinnlos gewordenen Kampf gegen die riesige Übermacht des
russischen Gegners in Balga aufzugeben. Es wurde die Rettung
über das Frische Haff erlaubt. Es hieß schließlich: "Rette
sich wer kann!"
In
der Nacht vom 27. auf den 28.3.1945 gelang es mir, mich über das
Haff zu retten. Es herrschte totales Chaos am Strand. Der Russe
schoss mit allem was ihm an Artillerie und Stalinorgeln zur
Verfügung stand in die Menschenmassen am Strand hinein und auf die
über das Haff mittels Booten und Flößen flüchtenden Soldaten.
Verwundete schrieen überall. Sie wurden kaum oder gar nicht mehr
versorgt. Ich dachte in diesem furchtbaren nächtlichen Chaos nur:
Hoffentlich wirst du nicht verwundet, hoffentlich bist du gleich
tot, wenn es dich treffen sollte.
Am
27.3.1945, es war eine dunkle, mondlose, aber sternklare Nacht,
gespenstisch erleuchtet vom Feuer der Granateinschläge und der
Brände am Haffufer. Das Krachen, Bersten und Heulen der Geschosse,
das Schreien der Menschen, das Angstgewieher der Pferde war grausam
- es war die Hölle. Trotz allem gelang es mir, auf einem Floß dem
Inferno zu entkommen.
Als
es dunkel wurde, stiegen wir auf ein selbstgebautes Floß, welches
aus einer Scheunentür bestand. Darunter waren leere Benzinkanister
mittels Telefondrähten und Nägeln befestigt. Als wir mit etwa zehn
Mann und unseren Gewehren und Rucksäcken auf dem Floß standen,
sprang vom flachen Strand noch ein junger Soldat einer fremden
Einheit auf unser Floß. Das Floß trug uns nicht. Es ging am Strand
unter. Als wir alles Gepäck weggeworfen hatten, trug das Floß noch
immer nicht. Ein Mann musste von Bord gehen. Der junge fremde Soldat
wurde aufgefordert zu gehen und als er nicht freiwillig ging, vom
Floß gestoßen. Ich sehe ihn noch heute durch das seichte Wasser
zum Strand zurückwaten. Er schrie: "Mama, hilf mir doch, hilf
mir."
Das
Floß hielt uns nur mühsam über Wasser. Auch mich wären die sich
auf dem Floß befindenden Unteroffiziere und Wachmeister wohl am
liebsten noch los gewesen. Aber sie hatten wohl Angst, sich alleine
nicht orientieren zu können. Ich erklärte ihnen jedenfalls sehr
schnell anhand der Sterne, die in dieser dunklen, mondlosen Nacht
gut zu sehen waren, wo der Polarstern stehe und wo deshalb Norden
sei. Ich weiß bis heute nicht, ob sich wirklich keiner auf dem
Floß am Sternenhimmel auskannte. Ich blieb jedenfalls auf dem
Floß. Vielleicht hat mir ja die in der Schule und als Hobbyastronom
erworbene Kenntnis des Sternhimmels damals das Leben gerettet.
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|
Im
Gespräch mit Hermann Lohmann wurde deutlich, wie grausam
die Kämpfe waren. Wer verletzt wurde, war sich selbst überlassen.
Verwundete wurden von russischen Soldaten "erlöst", indem man
sie erschoss oder mit einem Flammenwerfer umbrachte. Im Feuer der
Artillerie und der Raketenwerfer wurde der Boden immer wieder umgepflügt,
sodass viele Verletzte auch lebendig von den Erdmassen begraben wurden.
Eine
Chance hatte man nur, wenn man gesund und fronterfahren war und natürlich
die Portion Glück hatte, die man zum Überleben braucht.
Hermann
Lohmann stellte mir einen Bericht seines Kameraden Karl Heinz
Schmeelke zur Verfügung, der besonders drastisch schildert, was
im Kessel von Heiligenbeil in den letzten Tagen bis zur Räumung
geschah.
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Von
Panzern umringt
Als
nun feststand, dass der Hauptangriffs-Abschnitt der russischen 28.
Armee nur zwischen Gr. Hoppenbruch und Keimkallen
liegt und sich in Richtung Follendorf und Balga
fortsetzen könnte, wurden hier verstärkte
Verteidigungsvorbereitungen getroffen.
Gefreiter
K-H SchmeeIke, von der 14. Pionier-Kompanie der 2.
FschPzGrenDiv. HG, während der Kämpfe im Raum Gr.
Hoppenbruch-Keimkallen im März 1945, erinnert sich:
Der
Stab und eine weitere Kompanie lagen in dem nicht weit entfernten
Gutshof Rensegut, deren Einwohner zum größten Teil bereits
evakuiert waren. Ein kleines neben der Straße nach Balga
befindliches Bauernhaus, das auch schon Schäden durch
Feindeinwirkung trug und dessen Besitzer A. Rommel wahrscheinlich
geflüchtet war , hatte sich unsere Kompanie als Unterkunft für die
Trossstellung ausgesucht. Die Schützenpanzerwagen (SPW) wurden in
dem etwa 100 Meter entfernten Wald in Deckung gefahren. Mit jedem
noch vergehenden Tag hatte die Spannung vor dem erwarteten
Großangriff eine Atmosphäre erreicht, die bis auf den letzten
Grenadier übergesprungen war. In unermüdlichen Vorbereitungen und
Schanzarbeiten waren die paar Stunden im Angriffsraum Gr.
Hoppenbruch- Keimkallen schnell vergangen.
Wir
schrieben Donnerstag, den 22. März 1945. Schon längst war an
diesem lauen Frühlingstag die Sonne hinter den westlichen
Baumwipfeln verschwunden, als plötzlich alle Pioniere unserer
Kompanie zum Chef befohlen wurden. In der kleinen notdürftig
eingerichteten Schreibstube (Schule) standen wir nun alle
verSan1lnelt und warteten auf das Eintreffen unseres Kompaniechefs,
der von einer Lagebesprechung (Keimkallen) jeden Augenblick
zurückkommen musste. Es verging doch eine geraume Zeit, als der
Oberleutnant mit seinem VW-Kübelwagen ankam. Anschließend standen
wir in einem, von einigen Kerzen erhellten Rau im Halbkreis. In
kurzen Sätzen gab er uns einen Bericht über die derzeitige Lage.
Funkspruch
aufgefangen
"Dass
man einen Funkspruch des Feindes aufgefangen hatte, aus dem
hervorging, dass der Russe noch diese Nacht zum erwarteten Angriff
antreten werde." Dazu waren in der vordersten Linie manche dies
bestätigende Beobachtungen gemacht worden. Bei einem vorn am
Gutshof Ritterthal eingesetztem Grenadierbataillon seien in der
vergangenen Nacht zwei Gefangene eingebracht worden, deren Aussagen
ebenfalls bestätigten, dass mit dem russischen Angriff stündlich
gerechnet werden musste. Nach einigen besonderen Anweisungen an
unsere Kampfgruppe bemerkte der Chef abschließend: "Meine
Herren, Sie kennen nun die Lage, und ich hoffe von jedem Einzelnen
von Ihnen eiserne Disziplin und Pflichterfüllung, denn mit dem
Ausgang dieses Kampfes wird die Front hier stehen oder fallen.
Entweder es gelingt uns, den Russen noch einmal die Stirn zu bieten,
oder die deutsche Front hat hier au der Haffküste bei Balga
aufgehört zu bestehen."
Bei
den Kampftruppen befanden sich auch Zivilisten, die zwischen die
Fronten geraten waren, aber den sowjetischen Soldaten um keinen
Preis in die Hände fallen wollten. Unvergesslich sind bis heute die
Plakate, die überall hingen, darauf zwei Reihen von Namen, links
die wegen angeblicher Feigheit vor dem Feind zum Tode Verurteilten,
rechts die wegen besonderer Tapferkeit Ausgezeichneten. Unter den
zum Tode verurteilten waren auch zwei Soldaten unserer Kompanie,
dessen Vergehen darin bestand, dass sie russische Gefangene laufen
ließen. Die Verpflegungsstelle war die Schule. "Auf
dem Schulhof waren fünf Tote aufgereiht, an denen die Essenholer
vorbeigehen mussten, Männer, die aus nichtigen Gründen erschossen
worden waren. Überall lagen tote Menschen und tote Tiere, die
Straße nach Balga war fast unpassierbar. Überall türmten
sich zerschossene Fahrzeuge, Kriegsgerät, Pferdefuhrwerke und
Handwagen, dazwischen Leichen".
Als
wir uns im Jahr 1992 nach so langen Jahren noch einmal auf den Weg
nach Gr. Hoppenbruch und Keimkallen machten, waren wir
zunächst ganz gelassen gewesen. Das änderte sich am Bahnübergang
vor dem Dorf Gr. Hoppenbruch wo früher das Ortsschild stand.
Als wir das Dorf und die Wege wiedererkannten, sahen wir nur
Trümmerreste und Gerümpel der Russen, da hat es mich noch mal
richtig erwischt, da waren die Gefühle von damals alle wieder da.
Dennoch soll heute nach 60 Jahren noch einmal an diese Tage erinnert
werden. Geht man auf Spurensuche, dann gibt es nicht mehr viele
Zeitzeugen, und es ist aus jener Zeit nicht mehr viel zu finden.
Aber auf beiden Seiten der Bahnstrecke Berlin -Königsberg zeichnen
sich noch heute ehemalige Schützengräben und Stellungen ab, an der
Bahnlinie besonders deutlich.
Vom
22. bis zum 25. März 1945 lagen sich sowjetische Truppen mit
deutschen Verbänden gegenüber und lieferten sich immer wieder
Gefechte. Für vier Tage war hier die Hauptkampflinie. Es war
erstaunlich, dass verhältnismäßig schwache deutsche Einheiten
standgehalten und das Vordringen der Angreifer zum Haff verhindert
haben. Dadurch erreichten sowjetische Truppen erst am 28. März 1945
Balga.
Um
22.00 Uhr des 22. März 1945 begann ein unvorstellbares Trommelfeuer
bis 24.00 Uhr. Noch heute sind die dichten Granattrichter um das
Dorf herum zu erkennen. Dabei wurden auch Geschosswerfer (Katjuschas
bzw . Stalinorgeln) eingesetzt, die in alle Häuser Gr .
Hoppenbruch einschlugen. Am 23. März 1945 gab es noch ein
Trommelfeuer von einer Stunde, ehe um 4.14 Uhr der Großangriff der
sowjetischen Truppen erfolgte. Zu gleicher Zeit erfolgte ein
zweieinhalbstündiges Artilleriefeuer auf Keimkallen und auf
die hinteren deutschen Stellungen am Haff bei Follendorf, Balga
und Kahlholz. Fast jedes Haus wurde verteidigt. Gr .Hoppenbruch
war für uns eine unvorstellbare Trümmerwüste - es war ein
Geisterdorf. Auf dem Schlachtfeld in und um Gr. Hoppenbruch
sind 62 sowjetische Soldaten gefallen, darunter ein Major, ein
Hauptmann und vier Leutnants. Wie viele Tote es am Mühlenteich bei
der Mühle Hartmann gab, konnten ich nicht herausfinden.
Auf
deutscher Seite fielen über 100 Soldaten. Der Dorfkommandant ein
Oberstleutnant war schon bei einem Stoßtruppunternehmen gefallen.
Von den deutschen Soldaten unserer Einheit sind 51 bis heute
unbenannt geblieben. Es muss
dazu erklärt werden, dass die feindlichen Truppen deutsche Soldaten
nicht bestatteten oder registrierten, auch an der Haffküste von Follendorf,
Balga und KahlhoIz nicht. Sie
lagen zum Teil noch bis Ende September 1945 in den Schützengräben
und Unterständen und wurden dann erst auf Befehl des sowjetischen
Kommandanten von deutschen Zurückgekehrten oder Flüchtlingen
geborgen und bestattet.
Ursula
S. erinnert sich:
"Wir
mussten die toten Soldaten aus den Autos holen, manche mit
Kopfschuss. Die haben wir in Schützenlöchern begraben." Mit
Stahlhelmen seien die Gräber markiert worden. Es lagen ja genug
davon herum. Die Gegend lag voller Leichen, deutsche und russische
Soldaten, Volkssturmleute, Zivilisten".
Zum
Schluss wurden "Panzervernichtungstrupps" aufgestellt.
Fünf Jugendliche mit auf zwei Fahrrädern montierte Panzerfäusten,
alle wurden erschossen. Ende Mai 1945 mussten sich fünf Mädchen
beim örtlichen sowjetischen Kommandeur in Heiligenbeil
melden. "Der hat uns verhört, wollte wissen, wer im Ort Nazi
war und hat dabei immer Schnaps getrunken. Als er einschlief, sind
wir abgehauen." Ursula S. berichtete, dass die Sache damit
nicht ausgestanden war. Sie fand Unterschlupf in Rosenberg,
wo ein provisorisches Lazarett eingerichtet worden war. Etwa 150
Verwundete lagen dort auf Stroh, über das Säcke und Teppiche
gebreitet waren. Sehr viele starben. "Die Russen haben sich
nicht hineingetraut, ich weiß nicht warum". - Soweit der
Bericht von Ursula S., siebzehneinhalb Jahre alt als sie im März
1945 zusammen mit ihrer Mutter vor der anrückenden Front bis nach Heiligenbeil
kam. "Wir saßen im Keller und hatten Angst." Die ersten
Rotarmisten, die ankamen, haben die Frauen nicht belästigt sagt
Ursula S. - "Das mit den Vergewaltigungen ist erst später
passiert." Dann schweigt sie einen Moment, und wechselt das
Thema.
Das
Ende im Dorf Keimkallen
Der
Rückzug in die vor Balga liegenden Sümpfe wurde angeordnet
und in den Nachtstunden durchgeführt. Hierbei verloren die Reste
der FschPzGrenDiv. HG in dem Sumpfgelände alle Geschütze und die
Masse ihrer Fahrzeuge. Am 26. März drangen die sowjetischen Truppen
bis nach Keimkallen vor und besetzten die Haffküste bis FolIendorf.
Der Küstenstreifen von Balga bis Kahlholz blieb
zunächst noch in deutscher Hand. Nachts gab es nur geringe
Störfeuer und einige Störflüge. In zerrissenen Uniformen gehen
wir zurück. Kein Schuss Munition mehr!
Generäle
und Offiziere mit Karabiner und dem Arm rennen ohne Sinn umher. Nur
hier und da noch einige Tapferen hinter den MGs. Das sowjetische
Trommelfeuer steigert sich. Unsere MGs schweigen. Es gibt in diesem
Kessel eine einsamste Einsamkeit, wie können Menschen so etwas
aushalten? Mein Körper wird von den Stößen und vom Luftdruck hin
und her gerissen. Die Luft wird knapp, der Feind greift an, fast aus
dem Rücken, so klein ist der Brückenkopf bei Balga schon.
Karte
gezeichnet von Karl Heinz Schmeelke
Es
ist Mittag geworden. Grüngelbe Wolken liegen über dem
Schlachtfeld, das völlig von Trichtern und Kratern übersäte
Gelände ist buchstäblich verbrannt. Fahrzeuge und Gerät ganzer
Divisionen sind hier zusammengefahren und werden im Feuer der
sowjetischen Granaten zerschlagen. Leiber
und Körperfetzen werden in die Luft geschleudert. Entsetzlicher
Anblick. Menschen jagen hin und her, suchen Deckung, jede Granate,
jede Bombe findet ihr Ziel. Hier und dort ragt eine Hand oder ein
Fuß aus dem Sand. Zwischen Follendorf und Balga
gibt es keine Kampflinie mehr. Hinter einer Düne an der Mündung
des Mühlenfließ stehen noch einige Raketenwerfer. (DO-Werfer) die
ihre letzten Geschosse unter schaurigem Geheul auf kürzeste
Entfernung gegen den Feind verschießen. Ich sehe die Menschen
beten, andere fluchen. Noch 150 Meter bis zum Wasser, aber der
schmale Streifen ist wie ein Schmelzofen. Fünf Stunden hält nun
schon das Trommelfeuer an. Es ist entsetzlich.
Der
Kampf um Groß Hoppenbruch
Wenn
ich an Groß Hoppenbruch denke, dann tritt mir immer zuerst
das Grauen und Entsetzen entgegen von all den furchtbaren
Erlebnissen im Kessel von Heiligenbeil. Es kann uns Soldaten
noch nachträglich Angst und Bange werden, wenn man an all das
Schreckliche denkt: An die furchtbaren Züge der Trecks mit den
entsetzlichen Fliegerangriffen, an die grausigen Luftangriffe auf Gr
. Hoppenbruch und Rensegut, von den mehr als hundert
sowjetische Flugzeugen, an die vielen Todesnöte im Dorf Gr.
Hoppenbruch und an Vergewaltigungen und Misshandlungen bis zum
Zusammenbrechen im Dorf. Und all das viele Sterben der Flüchtlinge
und Kameraden. Man fühlt richtig - wie beim Schreiben der Berichte
- jetzt noch immer wieder das Herz aufschluchzt bei der Erinnerung.
Wie könnte man das je vergessen!
Man
schreibt es so hin, doch es ist auch heute noch schwer zu
beschreiben. Der Kreis Heiligenbeil ist wohl das zweite
Stalingrad gewesen. Sagt man! Zinten hat bis zum 25. Februar
1945 21 mal den Besitzer gewechselt, bis es am 25. Februar
1945 endgültig verloren ging. So ging Gr. Hoppenbruch in der
Nacht zum 26. März 1945 verloren. Ein Brief von Frau Krause
aus Gr. Hoppenbruch (Lehrerfrau in Balga):
|
...Will
Dir auch mal wieder schreiben, obwohl ich nicht weiß, ob ich
den Brief loswerden kann.
Gestern
hatten wir zwischen 14.00 und 16.00 Uhr einen schweren
Luftangriff. Groß Hoppenbruch sieht trostlos aus. Wieviel
Bomben gefallen sind, kann ich nicht sagen. Auf Rommels
Gehöft 7 Bomben, eine Scheune brannte ab und die Ställe sind
eingestürzt. Das Wohnhaus steht. Kahlfeld's Leiterhaus
gegenüber Müllers ist eingestürzt, die Leute (Bohl's ,
Lemkes und Gehrmanns)) konnten durch die Fenster raus. Gestern
war auf dem Sandberg die Bestattung. Es waren 36 Tote, 11
Zivilisten und 25 Soldaten.
Hauptmann
Stolpmann ist Ortskommandant von Gr. Hoppenbruch
geworden.
Letzter
Brief aus Gr .Hoppenbruch"
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Gestorben
wurde hauptsächlich nachts, denn nachts wurde attackiert, von hier
nach dort, von dort nach hier. Also starb es sich im Niemandsland
fürs Vaterland, fürs Mutterland, oder wie das aussah. Jedenfalls
konnten die Überlebenden an der Haffküste im Raum Balga, FolIendorf
jeweils am Morgen danach betrachten, wer noch da war, oder wer noch
im Niemandsland lag bis auch er tot war.
Mitunter
hatten wir mit den Russen abgemacht, bei den Vorbereitungen zu
nächtlichen Angriffen, unter sich und auf Zuruf so laut zu
sprechen, dass die jeweils andere Seite rechtzeitig gewarnt war. Man
musste sich immer zuvor versichernd, dass kein Offizier in der Nähe
mithören konnte. Das ging in Groß Hoppenbruch so lange gut,
bis wir abgelöst wurden, unsere Nachfolger wussten ja nichts von
den heimlichen Absprachen. Gefangene
wurden auf beiden Seiten ab ca. 20. März nicht mehr gemacht. Alle
die in Gefangenschaft gerieten bei Freund und Feind, konnten zu
ihrer Truppe zurück gehen, wie ich auch.
Es
gab auch Ausnahmen von dieser, nicht immer tödlichen Regel, das
waren die Offiziere in ihren sauber ausgeschanzten Höhlen - durch
Stahltüren geschützt, die einem gewissen Beschuss standhalten
würden. Doch bei Volltreffer im Graben half ihnen das nichts, da
teilten sie das Schicksal mit uns. Es war aber fast kein
Stabsoffizier mehr da! Wo waren sie denn? Auf der Frischen Nehrung
bei ihren Generälen? In sicheren Hauptquartieren im Raum Kahlberg,
in denen Tausende von Flüchtlingen keine Unterkunft hatten?
Es
waren die gleichen Generäle und Offiziere, die den Tod befohlen
hatten. Das gibt Sicherheit!
Kriegsmüde
Russen?
Gern
wurde die These verbreitet, wie kriegsmüde inzwischen die andere
Seite, "die Russen", waren, dass es nur noch eine Frage
der Zeit sein konnte, bis der Feind aufgeben würde? Das war ein
offizieller Bericht von der Front am 24. März 1945. Es war ein
typischer Frontbericht, in denen nichts weiter stand.
Doch
es gibt handfeste Beweise! Soldaten aller Nationen hatten trotz der
für alle geltende Verbote - wie ich - Kameras mitgenommen an die
Front und machten sich bei Gelegenheit ihr eigenes Bild vom Krieg.
In deutschen Blättern wurde die Apparate der "Franca Camera
Werke" in Bayreuth unter der fett gedruckten Zeile - "Mit
Bubi in den Krieg" - angepriesen. Hier richtete sich die
Aufforderung zum Kauf der "Bubi" genannten Fotoapparate
eher an Offiziere, denn der gemeine Soldat konnte sich bei der Höhe
seines Solds - fünfundzwanzig Mark pro Monat - eine Kamera für
neunzig Mark nicht leisten. Ich hatte meine Kamera eine Balda aus
Bünde (Westf) schon 1940 für Familienidylle und Urlaub.
Anfangs
beschränkte ich mich auf Fotografien in Uniform auf die so
genannten lustigen Seiten des Kampfes in der Etappe, beim Essen
fassen, beim Drill, beim siegreichen Vormarsch. Das änderte sich
nach den ersten Erfahrungen mit dem echtem Krieg. Denn den Bildern,
die uns per Zeitung an die Front geliefert wurden, traute bald
keiner mehr .Wir Soldaten hatten täglich ganz andere Bilder vor
Augen.
Die
unentwickelten Filme nahmen die Verwundeten mit, die nach Hause
fahren durften oder per Feldpost. Deutsche Zensoren, die Herren
Offiziere in ihren noch maßgeschneiderten Uniformen, konnten
allenfalls in Stichproben den Inhalt einzelner Briefe prüfen. es
waren täglich Tausende. Ich fotografierte noch 1943 fürs
Regimentsalbum, doch ab Oktober 1944 nicht nur die Lebenden. Fotos
von toten Soldaten in verlassenen Gräben, ein trauriges Bild. Der
Tod ist einsam. Solche Bilder haben die Soldaten an der Front
täglich vor Augen. Verschließen sie vor den Toten, sehen über sie
hinweg, aber bekommen sie nicht aus dem Kopf. Sie bleiben im
Bewusstsein derer, die es erlebt haben, aber da von denen so viele
nicht überlebten, verschwand die Erinnerung mehr und mehr im Dunkel
des tatsächlich stattfindenden Horrors, bis die Geschichte
vergessen wurde, und von ihr allenfalls noch Legende, als handele es
sich um eines der üblichen Märchen aus dem Krieg, die erzählt
wurde.
Verwundete
wurden mit dem Wundzettel ausgestattet
Vor allem Fotos aus
Lazaretten. Es war kaum zu ertragen, diesen "zerbrochenen Gesichtern" ins Gesicht zu sehen. Die
Menschen selbst hätten es nicht ertragen, sich anzuschauen. In den
Lazaretten gab es aus diesem Grund keine Spiegel.
Kommen
wir zum Krieg im Raum Balga zurück: Das System im Kampf sah
im Prinzip so aus: Beim ersten Morgengrauen standen die Kampftruppen
hier wie dort eine halbe Stunde lang wachsam Gewehr bei Fuß, um auf
einen eventuellen Angriff vorbereitet zu sein. Da alle von diesem
Ritual wussten und sich lauernd auf Hörweite gegenüber standen,
gab es in der Morgendämmerung selten einen Angriff. Der bei solchen
Attacken nötige Überraschungseffekt entfiel. Deshalb blieben alle
lieber da, wo sie waren. Hinter der vordersten Linie, lag im
Zickzackkurz der Versorgungsgraben durch die der Nachschub und die
Verpflegung geschleppt werden musste, um der Artillerie das
Zielfeuer zu erschweren, damit nicht bei Beschuss der ganze Graben
in die Luft flog, wie in Groß Hoppenbruch. Hier blieb nicht
nur warme dünne Graupensuppe auf der Strecke, sondern auch die
Träger. Ab Groß Hoppenbruch gab es jeden Morgen nur noch
einen Zählappell vor Anbruch der Dämmerung. Wer
sich nicht mehr meldete, hatte sich für immer abgemeldet.
Doch die dabei entstandenen Aufnahmen gingen leider verloren.
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Eine
umfangreiche Dokumentation von Karl-Heinz Schmeelke steht auf dieser Homepage zur Verfügung.
Mit ihr kann der Untergang Ostpreußens
und der der 4. Armee noch detaillierter nachvollzogen werden.
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Folgegeschehen
nach Informationen, die später bei den Eltern eintrafen
Die
Einheit wurde am 18.3.45 aufgelöst und einer Einheit zugeteilt,
die in Heiligenbeil den Kessel verteidigte. Dazu wurden sie in
Neutief auf Transportboote einer Pioniereinheit verladen und nach Rosenberg
gebracht - dem Hafen von Heiligenbeil. Die teilweise wieder
eisfreie Nehrung wird dabei einige Schwierigkeiten bereitet haben.
Im
Kessel von Heiligenbeil wurden mit ihm und seinen Kameraden
wahrscheinlich Einheiten aufgefüllt,
die völlig ausgeblutet waren. Dabei müssen die
völlig kampfunerprobten jungen Männer hoffnungslos überfordert gewesen
sein. Als der Kessel von Heiligenbeil zerschlagen wurde, bildete
sich ei neuer Kessel zwischen Groß Hoppenbruch und Balga.
In Groß Hoppenbruch nahe der Küste hatten sie mit 12 Mann
Stellung bezogen, als ein Angriff der Russen erfolgte. Augenzeugen zufolge
soll Walter Michel hierbei mehrfach von einer Salve getroffen worden sein.
Seine Kameraden mussten ihn verwundet zurück lassen. Danach verliert sich
die Spur von Walter Michel.... !
Fünfundsechzig
Jahre nach Kriegsende ist es mit Hilfe von Aufzeichnungen von Hermann
Lohmann und Karl Heinz Schmeelke sowie anderen
Quellen gelungen, das Geschehen der letzten Tage rund um das Ableben von Walter
Michel zu klären. Was lange Jahre völlig im Dunklen lag,
erscheint plötzlich nahezu glasklar und wird sehr greifbar. Aus diesem
Grund wage ich in der Annahme, dass Walter Michel an den
Folgen seiner schweren Verletzungen starb, den Versuch, ihm einen
Abschiedsbrief in den Mund zu legen, wie er ihn vermutlich seinen Eltern
geschrieben hätte, wenn es ihm in seinen letzten Stunden vergönnt
gewesen wäre. Möglicherweise hat er sogar einige Zeilen hinterlassen,
die aber nie zuhause ankamen. Ich verbinde damit die Hoffnung, dass ich
mit dem fiktiven Abschiedsbrief nicht zu weit gegangen bin.
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Fiktiver
Abschiedsbrief an die Eltern
(In
Anlehnung an authentische Schilderungen von Zeitzeugen)
Groß
Hoppenbruch, den 26. März 1945
Liebe
Eltern,
heute
heißt es, von Euch Abschied zu nehmen. Seit meinem letzten
Brief, als wir noch in Pillau waren, hat sich das Glück
gründlich von mir abgewandt. Heute, wo ich diesen Brief
schreibe, sitze ich in einer Deckung, die mir etwas Schutz vor
den herumfliegenden Granatsplittern, Steinen und Metallteilen
gibt. Das Heulen der Stalinorgeln und der Lärm der Geschütze
durchdringt den ganzen Körper. Viele Einschläge sitzen in
unmittelbarer Nähe. Ich wurde gestern Abend im Nahkampf
schwer verwundet und bin jetzt mutterseelenallein. Meine
Kameraden mussten sich zurückziehen. Niemand holt mich hier
heraus und meine Kräfte schwinden. Es wird mit mir zuende
gehen und es gäbe doch noch so viel zu sagen. Ich hoffe, dass
Euch irgendwann diese Zeilen erreichen, denn Ihr sollt wissen,
in welcher Hölle ich hier gelandet bin und warum ich nicht
mehr nach Hause kommen werde. Hoffentlich seid Ihr zuhause
davon gekommen. Alles erinnert an den Weltuntergang. Es bleibt
die Frage: Warum und für was das alles?
Ich
bemühe mich, einigermaßen zusammen zu fassen, was seit
meinen letzten Zeilen an Euch passierte, auch wenn es mir sehr
schwer fällt.
Der
Druck der Russen im Raum Königsberg wurde Mitte März immer
heftiger und wir hatten auf dem Flugplatz zum Schluss keinen
Tropfen Benzin mehr. Eine völlig überladene Ju 52 hob als
letztes Flugzeug am 16. März ab und Fl. Ing. Kirchner teilte
uns anschließend mit, dass wir alles zusammenpacken sollen.
Das war es nun - all die Jahre und die Arbeit, die wir diesem
Krieg opferten und nun so ein jämmerliches Ende.
Am
17. März kam der Befehl, dass die Einheit Zug um Zug zum
Erdkampf abkommandiert wird. Dabei hätten wir uns zusammen
mit den vielen Flüchtlingen und Teileinheiten übers Frische
Haff retten können.
Ich
war als einer der Jüngsten gleich bei der ersten Gruppe. Wir
wurden mit Infanteriewaffen ausgerüstet. Mitnehmen durften
wir nur militärisches Zeug und ich musste all meine privaten
Sachen gepackt zurücklassen und mit der Heimatadresse
versehen. Ich nehme an, sie stehen heute noch auf dem
Flugplatz.
2
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Nur
mit dem Notwendigsten ausgerüstet marschierten wir zur
Landungsbrücke von Neutief und mussten auf ein Landungsboot
umsteigen, das uns nach Rosenberg brachte. Dort waren bereits
Soldaten anderer versprengter Einheiten, mit denen wir nach
Heiligenbeil marschierten. Zunächst kam bei uns noch Hoffnung
auf, weil in Richtung Steindorf der Flugplatz von Heiligenbeil
lag. Wir wussten allerdings nicht, dass auch dort kein
Flugbetrieb mehr herrschte. Dadurch waren wir endgültig zum
Erdkampf verurteilt. Fl. Ing. Kirchner war jetzt unser
Zugführer.
Auf
den Straßen wimmelte es nur so von Flüchtlingen, die mit
ihren Pferdefuhrwerken und Handwagen in Richtung Haff
unterwegs waren, weil inzwischen die Landverbindung nach
Elbing in russischer Hand war. Viele Flüchtlinge, die erst
nach Königsberg und Pillau unterwegs waren, mussten vor den
Russen nach Süden ausweichen. Über die freien Flächen zogen
herrenlose Pferde und Kühe parallel zu den Flüchtlingen.
Wahrscheinlich spürten sie die kommende Gefahr besser als wir
Menschen. Fuhren unsere eigenen Panzerkolonnen zum Einsatz in
Richtung HKL, mussten die Flüchtlingskolonnen in den Graben
ausweichen. Überall herrschte ein großes Durcheinander und
die vielen toten Menschen und Tiere, die achtlos im Dreck und
im verdreckten Schnee lagen, waren ein grauenhafter Anblick.
Dazu das Sauwetter, das seit Tagen herrschte.
Überall
Schlamm und Matsch. Wir haben seitdem kein sauberes
Kleidungsstück mehr am Leib. Die Verpflegung kam in allen
möglichen Behältnissen in die vorderste Line und war kalt
und pappig. Kommissbrote sind in den letzten Tagen Mangelware
und wir freuten uns über jeden Bissen, den wir bekommen
konnten. Wer verwundet wird, kann nur noch notdürftig
versorgt werden. Für sie steht praktisch kein
Verbandsmaterial mehr zur Verfügung. Es wird mit jeder Art
von Stofffetzen verbunden, sogar mit Gardinen. Schmerzmittel
fehlen inzwischen ganz. Hinter den Linien lauern die
Kettenhunde von der Feldgendarmerie. Wer ohne Wundzettel oder
Marschbefehl angetroffen wird, muss mit dem Schlimmsten
rechnen. Sie reißen sogar Verbände ab, um Verletzungen zu
kontrollieren. Sie exekutieren ohne eine Verhandlung. Auch das
Recht hat uns verlassen. Immer wieder treffen wir Soldaten an,
die stumpfsinnig dasitzen und Fotos ihrer Lieben betrachten
oder wirr durch die Gegend laufen als wären sie in einer
anderen Welt. Ich glaube, viele haben den Verstand verloren.
Hier
sind starke Verbände der 4. Armee in einem immer kleiner
werdenden Kessel zusammengedrängt, dazwischen auch
Luftwaffeneinheiten mit Panzern. Pausenlos sind Stoßtrupps
unterwegs. Auch wir müssen immer wieder feindliche Stellungen
erkunden und Truppenpräsenz vortäuschen. Vor einigen
Einheiten haben die Russen gewaltigen Respekt. Seit dem 20.
März wurden auf beiden Seiten die Gefangenen wieder laufen
gelassen. Das geht natürlich nur, wenn keine Offiziere in der
Nähe sind. Die einfachen Soldaten haben nämlich die Nase vom
Krieg genauso voll wie wir und man weiß inzwischen nicht
mehr, für was der Wahnsinn noch gut sein soll. Das
willkürliche Morden ist so sinnlos.
3
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Am
21. März wurden wir nach Groß Hoppenbruch verlegt, weil dort
mit einem massiven Angriff gerechnet wurde. Die HKL befand
sich am Ortsrand südwestlich von Groß Hoppenbruch. Vor uns
lag Romansgut, das bereits in russischer Hand war.
Flg.
Ing. Kirchner hatte sich in den letzten Tagen total
verändert. War er früher eher besonnen und vorsichtig, so
war er jetzt genau das Gegenteil. Er war mit seinen Nerven am
Ende. Am 22. März wurde ein Gegenangriff befohlen und er
führte unseren Zug. Plötzlich verließ er alleine die
Deckung und rannte mit einer Maschinenpistole und
Handgrananten in Richtung Frontlinie. Dabei nutzte er einen
zerschossenen Panzerspähwagen als Deckung. Als er erneut
aufsprang, um einen weiteren Geländegewinn zu erzielen,
erfassten ihn Maschinengewehrgarben. Er schrie fürchterlich
auf und brach zusammen. Wir waren sehr erschrocken und hörten
seine Hilferufe. Doch keiner von uns kam ihm zu Hilfe, weil
wir wie gelähmt waren. Ich schäme mich dafür so sehr! Zwei
Tage mussten wir bei heftigem Beschuss in unserer Stellung
ausgehalten, bis wir uns nachts absetzen konnten. Kirchners
Rufe waren schon nach wenigen Stunden verstummt. Keine Ahnung,
was aus ihm wurde.
Wir
bezogen dann Stellung am Ortsausgang von Groß Hoppenbruch.
Hinter uns lag an der Küste Follendorf. Immer noch strömten
die Flüchtlingstransporte zum Haff, dessen Eisdecke
inzwischen wegen des Tauwetters nicht mehr trug. Sie ziehen in
Richtung Balga. Die Russen decken nun auch Balga mit ihren
Feuerwalzen ein, wo sich Einheiten und Flüchtlinge
zusammendrängen. Unsere Aufgabe war, soviel Widerstand zu
leisten, dass noch möglichst viele Menschen dem Terror
entkommen können.
Am
Horizont sah ich das brennende Heiligenbeil. Nun wurde auch
Groß Hoppenbruch zusammengeschossen. Die dortigen Einheiten
verschanzten sich in den Ruinen und lauerten mit
panzerbrechenden Waffen. Noch immer werden tagtäglich
russische Panzer abgeschossen. Die Besatzungen verbrennen
meistens jämmerlich in ihrem Stahlsarg, während die
Panzergranaten im Inneren explodieren. Aber auch unsere Panzer
und Geschütze sind nur noch Schrott. Im Keller der Schule von
Groß Hoppenbruch befand sich ein Verbandsplatz, der geräumt
werden sollte. Als die Verwundeten auf Wagen verladen wurden,
wurden sie von Tieffliegern zusammengeschossen.
Nirgendwo
ist man mehr sicher. Verwundete werden von den Russen nicht
mehr gefangen genommen, sondern sofort erschossen oder mit dem
Flammenwerfer umgebracht. Wir nennen das "Erlösen",
weil nur der Tod ein gnädiges Ende bringt.
Seit
einigen Tagen werden wir nachts von den Russen mit
Lautsprechern angesprochen, dass das Kämpfen keinen Sinn mehr
habe und wir uns ergeben sollen. Man würde uns sonst in den
nächsten Tag ins Meer zurückdrängen. Dahinter steht
angeblich ein "Nationalkomitee Freies Deutschland",
ein Bund deutscher Offiziere, die in Stalingrad gefangen
genommen wurden. Anschließend spielen sie immer das Lied
"Guten Abend, gute Nacht..." Das macht einem völlig
fertig.
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Heute
setzten sich einige Einheiten in Richtung Follendorf ab, um
über das Haff entkommen zu können. Eine HKL gibt es nicht
mehr. In einem Graben nahe den russischen Stellungen sollten
wir Bewegungen der Russen beobachten. Im Graben steht jetzt
ein halber Meter Wasser und die Kälte ist nicht auszuhalten.
Eine seltsame Ruhe lag über dem Land. Die brennenden
Ortschaften sahen am Horizont gespenstig aus.
Plötzlich
brach ein höllisches Inferno los und die Russen griffen
wieder an. Man sah sie durch die Gräben huschen, ehe sie mit
einem tierischen "Urääääh" nach vorne gingen..
So nahe waren mir die Russen noch nie gekommen und ich sehe
noch die weit aufgerissenen Augen des Russen, der plötzlich
aus dem Nichts auftauchte und wie wild auf mich schoss. Ein
brennender Schmerz durchfuhr zuerst meine Brust und dann das
Bein. Getroffen fiel ich ins Wasser des Grabens. Jetzt nur
ruhig verhalten, dachte ich. Als ich mich wieder aufrichtete,
war der Russe verschwunden. Ich habe mich in ein zerschossenes
Fahrzeug geschleppt und warte auf Rettung, die wahrscheinlich
nie kommen wird.
Die
Blutungen kann ich nicht stoppen. Mit was auch? Nun fließt
das Leben Tropfen für Tropfen aus meinem Körper!
Komischerweise habe ich gar keine Schmerzen.
Da
ich ein Stück Papier gefunden habe, versuche ich, Euch diese
Zeilen zu schreiben. Ihr müsst doch wissen, was passierte!
Ich bin doch Euer Sohn!
Wie
gern wäre ich jetzt bei Euch und wüsste Euch bei guter
Gesundheit.
Behaltet
mich in guter Erinnerung und seid versichert, dass ich alles
getan habe, um gesund nach Hause zu kommen. Es sollte aber
nicht sein! Lebt wohl!
In
Liebe
Euer
Walter
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Briefe
und Schriftwechsel
Nach
Ende des Krieges herrschte in vielen Familien große Ungewissheit
über den Verbleib ihrer Angehörigen. In den ausgebombten Städten
fehlte den Heimkehrern jeder Anhaltspunkt über den Verbleib der
Familienmitglieder. Diese befanden sich teilweise auf dem Land oder
in Unterkünften, die sie sich mit vielen Anderen teilen mussten.
Kinder ohne Familie kamen in Heime oder in Pflegestellen. Das Rote
Kreuz baute systematisch seinen Suchdienst auf. Es galt, versprengte
Menschen wieder zusammenzuführen.
Wilhelm
Michel (Bild rechts) schaltete natürlich ebenfalls
die Suchdienste ein, die jeden Heimkehrer befragten und mit
Bildmaterial konfrontierten. Parallel dazu schrieb er alle Kameraden
von Walter Michel an. Hier
nun die Schriftwechsel, die etwas Licht in die dunkle Phase der Ereignisse
bringen. Infolge der schwierigen Nachkriegsverhältnisse kamen die
Briefwechsel erst sehr verspätet zustande. |
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11.11.1945
Alfred
Gottschlich, 21 Herne, Roonstraße 19
Liebe
Familie Michel!
Die
besten Grüße aus Herne sendet Ihnen Alfred Gottschlich, sowie
Eltern und Schwester. Ja, lange Zeit war es uns nicht möglich,
Ihnen einige Zeilen zukommen zu lassen. Meine Schwester hat einmal
versucht, einen Brief an Sie durch einen Bekannten in Ihre Zone
mitzunehmen.
Ja
wie gerne möchte man doch wissen, wie es Ihnen eigentlich geht und
wie es um Walter steht, ob er überhaupt schon zuhause ist. Am
Liebsten würde ich Sie ja mal besuchen.
Ich
befinde mich schon seit einigen Monaten wieder bei meinen Eltern.
Ich war zuletzt in Österreich und bin dort auch aus einem
amerikanischen Lager entlassen worden. Nun arbeite ich wieder an
meinem alten Arbeitsplatz und stehe dort, wo ich vor vier Jahren
aufgehört habe - nur um einige Jahre älter.
In
der Hoffnung, dass Sie diese Zeilen erhalten und es Ihnen soweit
noch gut geht und Walter auch unter Ihnen weilt, grüßen Sie und
Walter recht herzlich
Alfred
Gottschlich, Eltern und Schwester
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18.11.1945
Alfred
Schuhmann, 15 Gotha (Thüringen), Menbachstraße 61
Sehr
geehrter Herr Michel und Frau!
Ihr
wertes Schreiben vom 30.10.45 dankend erhalten, muss Ihnen leider
mitteilen, dass wir keine genaue Auskunft geben können. Unser Sohn
Fritz wurde am 19.1.45 in Ostpreußen schwer verwundet und liegt
seit dem 2. Februar 45 im Lazarett Lübeck. Er wurde am 20. Februar
operiert und dann der Arm abgenommen, Bis heute liegt er noch in
Lübeck. Am 15.11.45 haben wir die letzte Post von ihm bekommen und
sein Befinden ist wieder der Zeit angemessen ganz gut.
Wir
erhielten am 6.3.45 einen Brief von Ihrem Sohn betreffs um Auskunft
über Verwundung und Lazarett über unseren Sohn Fritz. Wir haben
sofort alles an Ihren Sohn mitgeteilt und haben keine Nachricht
wieder erhalten. Sollten Sie aber von ihrem Sohn noch Nachricht
erhalten, so bitten wir doch um Bescheid. Wenn unser Sohn erst
wieder in unserer Mitte ist, so werden wir Ihnen nochmals etwas
mitteilen.
Inzwischen
senden wir herzlichst Grüße
Alfred
Schuhmann
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18.11.1945
Gerhard
Rohloff, 3 Rossin Post Ducherow, Vorpommern
Lieber
Herr Michel!
Da
ich vor zwo Tagen nach Hause gekommen bin, so kann ich Ihren Brief,
den Sie an meine Mutter geschrieben haben, selbst beantworten.
Ich
war in der englischen Gefangenschaft, habe mich dann über die
Grenze nach Hause geschmuggelt. Nun komme ich auf Ihren Brief
zurück.
Leider
kann ich Ihnen über Ihren Sohn und meine Kameraden nichts genaues
mitteilen. Ich werde Ihnen so ungefähr die Verhältnisse schreiben,
wie sie in Ostpreußen waren.
Wir
hatten bis zum März alles gut überstanden und waren in Pillau
gelandet. Hier haben wir unsere Arbeit wieder aufgenommen. Da begann
dann der Russe seine Angriffe. Der Kessel wurde immer kleiner. Da
kam zu uns der Befehl, dass wir die jüngsten Jahrgänge abgeben
müssten. Darunter befand sich auch Ihr Sohn. Es war am 17. März.
Allerdings musste unsere Einheit am 19. März geschlossen zum
Erdeinsatz nach Heiligenbeil. Leider haben wir unsere anderen
Kameraden nicht getroffen. Somit kann ich Ihnen auch nichts genaues
über Ihren Sohn mitteilen.
Ich
habe nach dem meinen Kameraden Hans Schult befragt. Der erzählte
mir, dass er mit Ihrem Sohn zusammen war. Nach dessen Erzählen muss
ich Ihnen dann die traurige Mitteilungen machen, dass Ihr Sohn
Walter am 27. März gefallen ist. (nehmen Sie die Herzlichsten)
Ich
teile Ihnen die Adresse von dem Kameraden mit: Herrn Hans Schult,
Harrisleefeld/ Flensburg, Süderstraße 63.
Ich
selbst glaube es nicht, denn Ihr Sohn war auch ruhig und besonnen,
somit glaube ich, dass Ihr Sohn raus gekommen ist. Flg. Ing.
Kirschner ist am 23. März bei dem Gute Stuschen gefallen. Wir
machten einen Angriff, da bekam der Flg. Ing. Kirschner mehrere
Kopf- und Bauchschüsse. Der Flg. Ing. war auf der Stelle tot. Aus
dem Einsatz sind wir mit zwei Mann rausgekommen. Es sind von den
lieben Kameraden etliche gefallen.
Nun
möchte ich Ihnen und Ihrer Frau unsere aufrichtige Anteilnahme an
dem Verlust Ihres Sohnes aussprechen.
Es
grüßt Sie vielmals Ihr
Gerhard
Rohloff
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21.11.1945
"Steckbrief" für die Vermisstensuche
Wilhelm
Michel schöpfte auf die vagen Zeilen des letztgenannten Briefes neue
Hoffnung und wandte sich mit der folgenden Beschreibung an den Suchdienst
des Roten Kreuzes:
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Der
Kriegsgefangene
Obergefreiter Walter Michel
Geb. 11.5.1922 zu Frankfurt
a.M.
war Motorenwart einer Flieger-Feldwarte in
Pillau/ Ostpreußen.
Letzte Post vom 10.03.1945 aus Pillau.
Die Einheit gehörte zum
Feldluftgau XXVII.
Feldpost-Nummer L.15987(A)
Wilhelm
Michel und Frau
Frankfurt a.M.-Fechenheim
Willmann-Straße 14
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27.11.1945
Brief an Hans Schult, Harrisleefeld bei Flensburg
Lieber
Herr Schult,
mein
Sohn, der Obergefr. Walter Michel, hatte zuhause die Adresse Eures
Kameraden Gerhard Rohloff aus Rossin, Post Ducherow hinterlegt. Am 26.
Oktober hatte ich bei der Mutter von Rohloff angefragt, ob ihr Sohn
bereits zuhause ist, oder ob sie etwas über den Verbleib ihres und meines
Sohnes bekannt sei.
Heute, am 27. November erhielt ich ein Schreiben von
Gerhard Rohloff, datiert vom 18. November, das besagte, dass er vor ein
paar Tagen aus englischer Gefangenschaft zurückgekehrt sei. In dem
Schreiben teilt er weiter mit, dass nach Ihren Angaben mein Sohn Walter am
27. März gefallen sei? Meine Frau und ich befinden uns in einer
begreiflichen Aufregung und können dies noch nicht fassen. Selbst Rohloff
hält es nicht für möglich, dass Walter nicht mehr leben soll.
Lieber
Herr Schult!
Ich bitte Sie inständig, uns doch eingehend nur
wahrheitsgetreu mitzuteilen, was Sie über unseren Sohn Walter wissen. Ist
er erschossen worden oder verwundet worden, oder ist er gefallen? Oder nur
wo und wann haben sie ihn zuletzt gesehen? Ist Ihnen gegebenenfalls
bekannt, wo er beerdigt liegt, weil wir ihn so bald als möglich heim
holen und beerdigen lassen wollen.
Wenn
Ihnen noch eine Adresse eines Kameraden bekannt ist, der mit Walter
zusammen war, geben Sie mir diese bitte an.
Dass
Sie und Rohloff diesen langen Krieg gut überstanden haben, wird Ihre
Angehörigen freuen und auch wir beglückwünschen Sie zu Ihrer Heimkehr.
Wenn
Ihnen Einzelheiten bekannt sind, wie Flg. Ing. Kirschner umgekommen ist,
geben Sie mir dies bitte an, damit ich das seiner Frau mitteilen kann.
Einer
recht baldigen Nachricht sehe ich höflichst entgegen.
Hochachtend
und mit Gruß
Wilhelm Michel
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17.12.1945
Brief von Hans Schult, Harrisleefeld bei Flensburg
Todesbeschreibung
Sehr
geehrte Familie Michel!
Heute
erhielt ich Ihren Brief, der mich wieder an die Tage erinnerte, an denen
ich mit Walter, Ihrem Sohn und seinen anderen Kameraden zusammen war.
Viele davon sind nicht mehr am Leben.
Walter
fiel am 25.3. abends bei einem Angriff russischer Verbände auf Groß
Hoppenbruch. Walter war auf einem vorgeschobenen Posten, als der Angriff
begann. Als unser Kampfführer erkannte, dass wir wenige, es waren nur
noch ein Dutzend Männer, den Mengen der Russen nicht gewachsen waren,
schickte er den Unteroffizier Gottlob Burckhard aus Neidlingen im Graben
nach vorne, die vorgeschobenen Posten zurück zu holen. Gerade als der
Unteroffizier Walter erreichte, kroch aus einem Loch, welches einige Meter
von Walter seinem entfernt war, ein Russe, der das Magazin seiner
Maschinenpistole auf Walter leer schoss. Ich konnte es in der Dämmerung
gerade noch erkennen, wie Walter zusammenbrach. Der Unteroffizier entkam
mit knapper Not dem Tode oder der Gefangenschaft. Er meldete dem
Kampfführer, dass Walter mehrfach und höchstwahrscheinlich tödlich
getroffen liegen bleiben musste. Ein Suchen nach ihm ging nicht an, da wir
in der selben Nacht eingeschlossen wurden.
Wir
haben uns dann im Morgengrauen einzeln aus der Umklammerung
durchgeschlagen, leider waren wir dann alle verstreut und wir haben uns
nicht mehr zusammengefunden bis zum Tag meiner Verwundung am 27. März an
der Küste in der Nähe von Balga, wo ich einen Kameraden, der auch mit
Walter zusammen war, wiedertraf. Er fuhr mit mir nach Winnemünde. Der
Name ist Kurt Afle aus Dresden.
Das
ist alles, was ich von Eurem Sohn Walter weiß und ich bedauere es tief,
dass ich Ihnen nicht eine andere Mitteilung machen kann. Ich spreche ihnen
hiermit mein herzlichstes Beileid aus, denn Walter war für mich - und ist
es immer noch - ein guter Kamerad. Mein Bruder ist auch auf diese Weise
gefallen, aber wir haben noch keinen Kameraden gefunden, der über den Tod
irgend etwas hat schreiben können.
Über
den Tod von Herrn Kirschner kann ich Ihnen nur das mitteilen, was ich von
den Kameraden weiß, die bei seinem Tode dabei waren. Es war bei einem
Gegenangriff auf eine feindliche Stellung. Weit vor den Anderen stürmte Flg. Ing. Kirschner
den feindlichen Stellungen entgegen. Er wollte einen
stark zerschossenen LKW als Deckung benutzen, als bei ihm eine feindliche
MG-Garbe entgegenschlug. Ing. Kirschner brach getroffen zusammen. Im
Augenblick brach der Angriff zusammen, unsere Leute mussten in die eigenen
Stellungen zurück, die dann auch 2 Tage unter dem großen feindlichen
Druck aufgegeben werden musste. Flg. Ing Kirschner blieb im Niemandsland
dicht unter der feindlichen Stellung liegen. Er konnte nicht geborgen
werden, da auf beiden Stellungen schweres Feuer lag. Es war in der Nähe
von Romansgut bei Hoppenbruch.
Weiter
weiß ich nun von alledem nicht zu berichten und es tut mir leid, dass ich
Ihnen dieses zum Weihnachtsfest mitteilen muss.
Hans
Schult
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18.12.1945
Gesuch an Oberst Memenko, Berlin, zuständig für
Kriegsgefangene in der SBZ
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Am
18. Dezember 1945 wandte sich Wilhelm Michel an den Leiter der
Abteilung für Kriegsgefangene beim Amt der Etappe der Sowjetischen
Besatzungsbehörde in Berlin - Oberst Memenko. Wie man
neben-stehendem Stempel entnehmen kann, durchlief das Schreiben
zunächst die ZENSUR in Offenbach, von wo aus es erst am 28.
Dezember weitergeleitet wurde. In Berlin wurde dann offensichtlich
die Annahme verweigert.
Aus
unerfindlichen Gründen kam der Brief aber erst am 22. August 1946
zurück. |
In
diesem Schreiben, das sowohl in Russisch als auch in Deutsch abgefasst
war, wurde um Aufklärung zum Verbleib ihres Sohnes nachgesucht und
Angaben zum letzten belegbaren Aufenthaltsort gemacht. Absolut ungeöffnet
kam dieser Brief zurück. Ein Beweis für die harte und kompromisslose
Haltung der Sowjets auch nach dem Ende des Krieges.
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17.02.1946
Brief
von Fritz Schuhmann, Gotha/Thüringen, Utenbacher Straße 61
Liebe
Familie Michel!
Da
ich nun auch zuhause angekommen bin, möchte ich Ihnen auch einige
Zeilen schreiben. Sie hatten ja schon bei meinen Eltern wegen Ihres
Sohnes Walter angefragt, aber sie konnten Ihnen keine Nachricht
geben.
Ich
wurde ja im Januar verwundet und weiß nicht, was dann aus der
Einheit geworden ist. Ich habe ja kurz vor Schluss den rechten Arm
verloren und ich hoffe, dass Sie meine Schrift lesen können. An
mich haben schon 2 Kameraden geschrieben und die habe ich auch
gefragt, ob sie etwas von Ihrem Sohn wüssten.
Nun
möchte ich für heute schließen und verbleibe mit den besten
Grüßen
Ihr
Fritz Schuhmann
Viele
Grüße auch von meinen Eltern!
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27.08.1947
Brief
von Fritz Schuhmann, Gotha/Thüringen, Utenbacher Straße 61
Werte
Familie Michel!
Eine
lange Zeit ist wieder vergangen, dass wir nichts voneinander gehört
haben. Ich möchte doch gern noch einmal anfragen, ob sie zur Zeit
irgend eine Nachricht von Walter erhalten haben. Da ich mit Ihrem
Sohn Walter über 3 Jahre zusammen war, so ist es hoffentlich nicht
unangenehm, dass ich anfrage, sondern möchte auch ich gern
Gewissheit über das Schicksal von Walter haben.
Lieber
Herr und Frau Michel,
ich
möchte mir hiermit erlauben einmal anzufragen, wie es Ihnen
persönlich geht. Ich hoffe, dass es nicht zuviel verlangt ist, wenn
ich Sie bitte, mir ein paar Zeilen zukommen zu lassen.
Es
grüßt Sie rech herzlichst
Ihr
Fritz Schuhmann
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15.09.1947
Brief
an Fritz Schuhmann, Gotha/Thüringen
Lieber
Herr Schuhmann,
Für
Ihr Schreiben recht herzlichen Dank. Über Ihre Nachfragen nach
Walter haben wir uns sehr gefreut. Leider muss ich Ihnen mitteilen,
dass wir noch keinste Lebenszeichen von Walter erhalten haben. Ich
weiß nicht mehr, ob ich Ihnen in dem Schreiben an Sie folgendes
mitgeteilt hatte:
Laut
Aussage von Gustav Rohloff, (3) Rossin, Post Ducherow, Vorpommern
teilte uns dieser mit, dass er in englischer Gefangenschaft war und
auf der Heimreise bei Hans Schult (24) Harrisleefeld bei Flensburg
war. Schult hat Rohloff erzählt, dass Walter am 25.3.45 bei
Heiligbeil in Ostpreußen gefallen sei. Rohloff konnte das jedoch
nicht glauben.
Wir
haben inzwischen alles versucht, über Caritas, Innere Mission,
Rotes Kreuz irgendwas zu erfahren, alles vergebens. Im März d.J.
bekamen wir folgende aufregende Nachricht: Ein angeblich aus einem
englischen Lazarett entlassener Kriegsgefangener hat im Frankfurter
Hauptbahnhof einem uns bekannten Heimkehrer Grüße an die Eltern
von Walter Michel ausrichten lassen. Der betreffende Michel soll
schwerstverwundet in einen engl. Lazarett liegen. Mit der Nachricht
konnten wir jedoch nichts anfangen, weil der Sanitäter weder den
Namen noch die Anschrift des Entlassenen wusste. Es bleibt uns
nichts anderes übrig, als zu warten.
n
den letzten Monaten sind hier vier verschiedene plötzlich
zurückgekommen, die nicht in der Lage waren, ein Lebenszeichen von
sich zu geben. Wir hoffen, dass dies hier bei uns eines Tages der
Fall sein wird. Sollten wir eine Nachricht bekommen, erhalten Sie
selbstverständlich bescheid. Wir sollten hoffen auf bessere Zeiten,
denn uns graut es vor dem Winter.
Bis
auf Weiteres recht viele herzliche Grüße auch an Ihre Eltern von
Ihrem
Wilhelm Michel und Frau
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10.11.1947
Brief
von Fritz Schuhmann, Gotha/Thüringen, Utenbacher Straße 61
Liebe
Familie Michel!
Ihren
lieben Brief vom 15.09.47 habe ich dankend und mit großer Freude
erhalten. Dass Sie von Ihrem Sohn Walter noch nichts gehört haben,
ist ja sehr bedauernswert. Ich selbst habe alles versucht, etwas
näheres zu erfahren, aber es war alles vergebens. Sie wissen ja
selbst, dass ich mit Walter sehr gut befreundet war und deshalb
liegt mir auch sehr viel daran. Wir wollen hoffen, dass eines Tages
auch Ihr Sohn zurück kommt, oder sie wenigstens eine Nachricht
bekommen, dass Sie wissen, was los ist und auch dann von der
Ungewissheit erlöst sind.
Lieber
Herr Michel!
Ich
hätte nun eine Bitte an sie und wahrscheinlich ist es Ihnen
möglich, mir diesen zu erfüllen. Ich habe in Fechenheim einen
Onkel wohnen, weiß aber leider nicht die Adresse. Der Name ist Otto
Schuhmann, Frankfuirt/Fechenheim. Wenn es Ihnen möglich ist, die
Adresse zu vervollständigen, dann wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Wenn ich einmal nach Frankfurt komme, werde ich auch Ihnen einen
Besuch abstatten.
Soweit
geht es mir soweit entsprechend gut, was ich auch von Ihnen allen
hoffe. Es könnte aber noch etwas besser werden. Sie wissen ja
selbst, wie es ist und ich glaube, im Westen ist es mit allem immer
noch etwas besser als hier.
Könnten
wir nicht ein kleines Austauschgeschäft machen mit Pullover oder
Westen?
Sonst
gibt es nichts neues und ich möchte nun Schluss machen und danke
schon im Voraus für Ihre Bemühungen.
Bis
auf Weiteres verbleibe ich mit den herzlichsten Grüßen
Ihr
Fritz Schuhmann
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12.12.1947
Brief
an Fritz Schuhmann, Gotha/Thüringen
Lieber
Herr Schuhmann!
Über
Ihre liebenswürdigen Zeilen vom 10.11.47 haben wir uns sehr
gefreut. Von Walter haben wir noch nichts gehört. 1940, das sind 7
Jahre her, haben wir Weihnachten das letzte mal zusammen gefeiert.
Nicht einmal war Walter einmal die Feiertage zuhause. Wir hoffen
weiter, dass wir eines Tages doch ein Lebenszeichen erhalten.
Doch
zu Ihren Zeilen: Ihr Onkel Otto Schuhmann ist bereits im Dezember
1942 verstorben. Seine Frau lebt noch und wohnt hier in der
Salmünsterer Straße 19. Ihre Kinder, 2 Söhne und 3 Töchter sind
sämtlich verheiratet und haben Nachkommen. Frau Schuhmann und
Kinder leben in gewohnten Verhältnissen. Wie Sie sich das kleine
Austauschgeschenk denken, müssen sie mir näher erläutern.
Wollsachen brauchen wir hier dringender, was benötigen Sie
hingegen? Mit Schwarzhandel gebe ich mich nicht ab, zumal ich
Städtischer Beamter bin. Bitte Sie um weitere Nachricht.
Wünsche
Ihnen und Ihren Eltern frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr
Noch viel Grüße von Wilhelm Michel und Frau
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21.11.1947
Brief
an den Suchdienst für vermisste Deutsche, Berlin
Wilhelm
Michel
den 21.11.1947
Architekt
(16)
Frankfurt a/M-Fechenheim
Willmannstraße
14
An
den Suchdienst für vermisste Deutsche
in
der russischen Sowjetzone und Sowjetunion
1
Berlin 8
Kannrainer
Straße 35
Unser
Sohn Walter Michel, Obergefreiter in einer Feldwerft im Osten wird
seit März 1945 vermisst. Die letzte Post vom 10.3.45 kam aus Pillau
/ Ostpreußen von dem dortigen Flugplatz. Nach Angaben von Kameraden
wurde die Einheit am 17.3.45 als Erdtruppe bei Heiligenbeil /
Ostpreußen eingesetzt. Gesehen wurde unser Sohn zuletzt am 25.3.45.
Personalangaben:
Walter
Michel, Obergefreiter Geboren am 11.5.1922 zu Frankfurt a/M
Truppenteil:
Flieger-Feldwerft im Osten Feldluftgau XXVII
Feldpost
Nr. 15987 (A) Luftgau Postamt Berlin
Zuletzt
eingesetzt südlich von Königsberg bei Heiligenbeil bei Infanterie
Zivilberuf:
Praktikant
im Maschinenbau
Ständiger
und letzter Wohnort:
Frankfurt
a/M-Fechenheim, Willmannstraße 14
Anschrift
der Eltern:
Wilhelm
Michel und Frau Frankfurt a/M-Fechenheim Willmannstraße 14
Für
eine Nachricht gleich welcher Art bin ich sehr dankbar. Mit gleicher
Post habe ich auf das Postscheckkonto Hamburger Straße 22244 RM
5,-- eingezahlt.
Mit
vorzüglicher Hochachtung
Wilhelm
Michel
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28.01.1948
Brief
von Alfred Gottschlich, Herne , Roonstraße 19
Liebe
Familie Michel!
Vor
einiger Zeit erhielt ich Ihren Brief, wofür ich Ihnen auf das
Herzlichste danken möchte.
Gewiss
werden Sie schon lange auf einen Brief von mir gewartet haben. Ja,
ich hatte schon mehr als einmal einen Brief angefangen, es soll
keine Entschuldigung sein. Ich schrieb den Brief nie zuende, weil
mir immer der Gedanke aufkam, ich würde in Ihnen nur unnötige
schmerzliche Erinnerungen aufkommen lassen.
Bis
zur Zeit Ihres Briefes vom 20.11.47 glaubte ich auch immer, dass man
jegliche Spur von Walter nur auf Seiten der russischen Front suchen
müsse. Aber nun stellt sich ein neues Problem vor einem auf. Die
Nachricht des Sanitäters vom Hauptbahnhof kann ja auch nicht aus
der Luft gegriffen sein. Nun hatte ich vor einigen Tagen
Gelegenheit, mit einem Heimkehrer zu sprechen, der als
Kriegsgefangener in englischen Lazaretten und Krankenhäusern als
Sanitätsgehilfe gearbeitet hat. Er erklärte mir, dass sämtliche
Schwerverwundete schon 1946 von England nach Deutschland gebracht
worden wären. Ich glaube nun schon, dass die Nachricht des
Heimkehrers aus der Gegend von Würzburg auf Wahrheit beruht.
Ist
es nicht möglich, dass der Soldat nicht den Mut aufringt, Ihnen zu
berichten, dass Walter an einer schweren Verwundung in einem
englischen Lazarett gestorben ist? Ja, es ist nicht leicht, diese
Ungewissheit zu ertragen, aber mögen wir doch Gott darum bitten,
dass er uns auch hierin volle Klarheit schenken möge. Ich werde
auch weiterhin jede Gelegenheit ausnutzen, irgend etwas zu erfahren.
Meine
Eltern und Schwester lassen Sie für die Grüße danken. Es geht
einem hier in Herne so einigermaßen. Ja, man ist doch schon sehr
bescheiden geworden, wenn ich so an all die Pläne denke, die man
hatte, wenn man einmal wider zuhause sein wird. Von all dem ist noch
nichts erfüllt. Man kann nur sagen, man ist eher zurück als
vorwärts gegangen. Zu kaufen gibt es hier nur Sachen gegen
Bergmannspunkte. Für uns, die wir nichts mit dem Bergbau zu tun
haben, gibt es nicht das Geringste. Wir leben eben in einer Zeit,
wie wir sie uns wohl nicht vorgestellt haben.
Im
stetigen Gedenken an Ihren lieben Sohn Walter grüßt Sie recht
herzlich
Alfred
Gottschlich
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27.07.1949
Brief
an das Schwedische Rote kreuz, Stockholm
An
das Schwedische Rote Kreuz
Stockholm
/ Schweden
Artillerie
Gatan 6
Betrifft:
Suche
nach dem vermissten Obergefreiten Walter Michel, geb. am 11.5.1922
aus Frankfurt a/M, Willmannstraße 14, Feldpostnummer L 15987 (A)
Unser
Sohn, der Obergefreite Walter Michel wird seit März 1945 vermisst.
Die Einheit - Feldwerft Luftwaffe - wurde Mitte März 45 bei
Heiligenbeil in Ostpreußen im Erdkampf eingesetzt. Die letzte Post
vom 10.3.45 kam aus Pillau in Ostpreußen.
Wir
sind seit 1945 in großer Sorge um unseren einzigen Sohn. Sollten
Sie über dessen Schicksal irgend etwas mitteilen können, sind wir
Ihnen äußerst dankbar. Für entstehende Unkosten - allerdings in
DM - kommen wir gern auf.
Mit
vorzüglicher Hochachtung
Walter
Michel
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Schmerzliche
Gewissheit nach der amtlichen Benachrichtigung
Nach
diesen Briefkontakten riss wahrscheinlich der gesamte Kontakt zu Personen
aus dem näheren Umfeld von Walter Michel ab. Auch die angeschriebenen
Behörden antworteten nicht auf die verzweifelten Hilfegesuche der Eltern,
die inzwischen sehr zurückgezogen lebten. Als naher Verwandter im Kindesalter
begriff ich damals nicht, warum meine Großtante Margarethe Michel so
seltsam war und man in ihrer Nähe keine Herzlichkeit spürte. Mein Vater
hatte stets das Gefühl, dass sie sich immer wieder fragte, warum er wohl
nach Hause kam, jedoch ihr Sohn nicht.
Wilhelm
Michel war lange Jahre wegen seines Lungenleidens in einer sehr schlechten gesundheitlichen
Verfassung. Ich erinnere mich noch gut an die Apfelernten, bei denen
mein Vater - als spät nach Hause gekommener Kriegsgefangener Jahrgang
1920 - helfen durfte. Es waren die Apfelernten, die Walter Michel immer
nach seiner Heimkehr erleben wollte. Auch den Birnbaum, der in den Briefen
eine Rolle spielte, erlebte ich noch und durfte die saftigen Birnen essen, die Walter nicht mehr genießen konnte.
Zu meinem Vater fühlte sich Wilhelm Michel hingezogen, weil
er ihn sehr an seinen Sohn erinnerte. Auch mich behandelte er im Gegensatz
zu seiner Frau sehr liebevoll.
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Beide
Elternteile warteten bis zu ihrem Tod auf ein Lebenszeichen ihres Sohnes und sprachen immer davon,
wie es wäre, wenn er
plötzlich wieder vor der Tür stünde.
Wilhelm
Michel verstarb im Jahr 1956,
ohne auch nur einen verlässlichen Hinweis über das Schicksal
seines Sohnes zu erhalten.
Am
21.10.1978 erhielt Margarethe Michel - 33 Jahre nach Kriegsende -
Post vom Deutschen Roten Kreuz und eine Vorladung, ein Gutachten
persönlich abzuholen. Dieses Gutachten, das am Ende der Dokumentation angefügt ist, galt zwar als offizielles Dokument, mit dessen
Hilfe man den Angehörigen ermöglichte, den Vermissten für tot
erklären zu lassen, eine zuverlässige Aussage über den Verbleib
von Walter Michel gibt es jedoch bis heute nicht.
Als
Margarethe Michel 1991 erblindet im Alter von 99 Jahren verstarb,
erhielt der Familiengrabstein auch eine Inschrift für Walter
Michel.
Es
wird Menschen geben, die diesen sinnlosen Tod und den Raub der
Jugend einer ganzen Generation mit "Schicksal"
erklären wollen. Dies war es nur im Sinne der Ohnmacht, die Bürger
aller Nationen ertragen müssen, wenn deren Regierende immer wieder
Menschen für Macht und Reichtum der Kriegsgewinnler hinmorden lassen. Man hätte
annehmen können, dass die Menschheit seit dem 2.
Weltkrieg dazugelernt hätte. Dagegen sprechen in der Folgezeit
jedoch der
Koreakrieg, der Vietnamkrieg, der erste und der zweite Golfkrieg,
der Krieg auf dem Balkan, in Afghanistan und andere Konflikte. |
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Nie
wieder Krieg - nie wieder Militär?
Die
Menschheit hat nichts dazu gelernt und es sind schon wieder neue Walter
Michels im Einsatz, die erneut für die
Macht der Politiker, für Wirtschaft und Reichtum geopfert werden.
Angesichts
der weltweit zirka 55 Millionen Kriegsopfer, der unzähligen
Kriegsversehrten, der Opfer des Holocaust, der vielen Vertriebenen,
der Witwen und Waisen, des verlorenen Hab und Gutes unzähliger
Menschen baute unser Volk Deutschland wieder auf und gab dem Land
eine demokratische Verfassung. Darin bekannten sich alle Politiker,
die am Grundgesetz mitwirkten, zur Abkehr vom Nationalsozialismus
und seinen totalitären Formen der Macht. Es bestand Konsens darin,
dass Deutschland nie mehr Militär aufstellt. Die aufgeladene Schuld
erforderte diese Konsequenz.
Am
5. Mai 1955 - zehn Jahre nach Kriegsende - waren diese Schwüre auf
einmal vergessen, als die westlichen Alliierten im Rahmen des kalten
Krieges Interesse an der Wiederbewaffnung unseres Volkes zeigten.
Die Bundeswehr wurde gegründet!
Zu
diesem Zeitpunkt befanden sich sogar noch deutsche Kriegsgefangene
in russischen Lagern. Die Aufstellung der Bundeswehr war aus gutem
Grund äußerst umstritten. 1958 stammten 12.900 Offiziere der
Bundeswehr aus der ehemaligen Wehrmacht. Die Bundeswehr sah sich
angeblich jedoch nicht in der Tradition der Wehrmacht. Man hatte
sich zuvor davon distanziert. Am 16. März 1951 war bereits
der paramilitärisch organisierte Bundesgrenzschutz gebildet worden,
nachdem der damalige Oberbefehlshaber der Nato-Streitkräfte Dwigth
D. Eisenhower am 23. Januar 1951 eine Ehrenerklärung
für die Soldaten der Wehrmacht abgegeben hatte.
Parallel
dazu stellte die damalige DDR die nationale Volksarmee auf, von der
1990 zirka 20.000 Soldaten in die Bundeswehr integriert wurden.
Heute
stehen unsere Soldaten wieder im Kosovo, in Afghanistan, am Horn von
Afrika und in anderen Krisengebieten - allerdings im Auftrag der
NATO. Die Kriegsgewinnler sind die gleichen Unternehmen wie in den
Kriegen davor. Und wieder sind deutsche Soldaten traumatisiert oder
werden in Leichensäcken zuhause abgeliefert. Es konnte kein Gras
über die Wunden des Krieges wachsen. Zu groß sind die
wirtschaftlichen Interessen an Kriegen. |
Im
Namen der Freiheit
Der
Schlussgedanke dieser Dokumentation soll der Freiheit jedes
einzelnen Menschen gelten, der in die Maschinerie des Krieges und
die Willkür der Gewalt geriet. Neben den Berufssoldaten, die sich
freiwillig dem Dienst mit der Waffe verschrieben, muss man die
große Menge der Einberufenen sehen, die quasi zum Dienst mit der
Waffe gezwungen wurden. Beide Gruppen gaben mit dem Eintritt in die
Wehrmacht, die Luftwaffe oder die Marine ihre Eigenständigkeit,
ihre Freiheit auf. Als Soldaten wurden sie nahezu entmündigt und
man verfügte über sie nach Belieben. Kriegsgerät, Munition,
Verpflegung und Ausrüstung spülten Milliarden in die Kassen der
Lieferanten des Militärs. Ohne Menschen gäbe es allerdings keinen
Verbrauch dieser Materialien. Man braucht Soldaten und Gegner
zum Verbrauch, ja sogar die schutzlose Bevölkerung des Feindes, um
die Fracht des Todes abzuladen. Das perfekte Mittel für diese Art
von "Konsum" sind Kriege. Und weil die Kriege wie
geschmiert liefen, wurden immer neue Ziele ausgewählt - Länder,
die man nach der Eroberung auch noch ausbeuten konnte. Partner für
die Ausbeutung waren wiederum Unternehmen, denen man fremde
Ausrüstungen und Zwangsarbeiter zur Verfügung stellte, um
kriegswichtiges Material zu produzieren. Das Schmiermittel dieses
Kreislaufs ist und war der Mensch, der gnadenlos als Soldat, als
Gefangener und als Opfer verbraucht wurde.
Militärische
Planungen waren stets mit kalkulierten Verlusten verbunden.
Militärs schätzten ab, wie viel Menschen zu opfern seien, um eine
Höhe XY, eine Flussüberquerung oder ein anderes strategisches Ziel
zu erreichen. Der Soldat war nur eine Nummer, ein Nichts, der zu
funktionieren hatte. Wer sich seiner unsinnigen Opferung
eigenmächtig entzog, bezahlte das ebenfalls mit seinem Leben. Viele
Soldaten gerieten in Situationen, in denen sie keine Wahl mehr
hatten und sich die Frage stellten: "Warum gerade ich, warum
gerade hier und für wen oder was muss ich jetzt sterben?" Sie
waren sämtlicher Grundrechte beraubt und starben verraten,
vergessen und verkauft. Diejenigen, denen sie ihr Schicksal zu
verdanken hatten, beriefen sich auf angeblich zwangsläufige
Abläufe, weil sie selbst Handlanger der Mächtigen waren.
Die
Feder des Krieges führen die, die daran verdienen und die Politik
bereitet ihnen den Weg. Damit opfert man die Freiheit des Einzelnen
- paradoxer Weise sogar im Namen der Freiheit! |
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