Der
Schnitt
Nun
haben wir schon Mitte Oktober 2012 und die Zeit rast auf ein mir noch
unbekanntes Ende zu - ein Ende, das immer greifbarer wird. Im nächsten
Jahr werde ich 69 Jahre alt. Was sind 10 oder 15 Jahre, die mir vielleicht
noch bleiben!?
Da macht man sich so langsam Gedanken, wie es
weitergehen wird und wo die lohnens- werten Singe des Lebens sind. Noch immer bin ich voller Tatendrang, aber auch bis
obenhin zu mit Arbeit. Seitdem meine Frau eine schwere
Hüftgelenks-Operation hinter sich brachte, bin ich zusätzlich wesentlich
stärker in den Haushalt eingebunden als mir lieb ist. Hinzu kommen jeden
zweiten Tag die Besuche im Pflegeheim, in dem ich meine Mutter füttere.
Es gibt Tage, an denen einfach keine Freude mehr in mir aufkommen will.
Freude benötige ich jedoch als Ausgleich.
Bei
allerlei Aktivitäten in unterschiedlichsten Regelkreisen war das bisher
der Fall, und ich hatte das Gefühl, dass es neben den
eintönigen Pflichtaufgaben auch noch Dinge gibt, die mich fordern. Den
Herausforderungen gerecht zu werden, brachte Zufriedenheit mit sich, die
den Ausgleich schuf. Nun komme ich
allerdings an einen Punkt, an dem ich zunehmend mit meiner Kondition
haushalten muss. Arbeit belastet mich nach wie vor kaum. Es sind mehr die psychischen Komponenten, die mir immer öfter Kräfte rauben. Dazu gehören
auch Disharmonien und Streitereien. Herumgezicke und Kritik um der Kritik
willen ist so ziemlich das
Letzte, was ich vertrage. Ein Schnitt ist jetzt unausweichlich!
Vor
einem Jahr fasste ich aus gleichem Grund bereits den Entschluss, meine Auftritte im lokalen
Kabarett MIKROKOSMOS einzustellen.
Das hatte ich danach zwar um ein Jahr verschoben, meine diesjährigen
Auftritte werden jedoch definitiv die letzten Auftritte vor Publikum sein.
Vielleicht werde ich weiterhin Sketche für MIKROKOSMOS schreiben und
zur Umsetzung zur
Verfügung stellen, wenn dies gewünscht ist.
Einige meiner
Sketche fand die
Kabarett-Gruppe in diesem Jahr allerdings zu gewagt und sie wurden infolge
des Überangebots zusammen mit anderen Sketchen nicht umgesetzt. Ein
Programm sollte natürlich 120 Minuten nicht überschreiten. Das ist aber
kein Muss! Bei der Auswahl
der zu streichenden Sketche ging nach meinem Empfinden Qualität verloren. Es
bestand jedoch auch die Gefahr, das das Programm überfrachtet worden
wäre, wenn leichtere Sketche dafür hätten weichen müssen. Dennoch ist
es schade um die verhinderten Sketche.
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Einer
der Sketche befasste sich mit dem Tod
eines Bischofsheimer Ruhestörers, der von der Polizei mit 9 Schüssen
niedergestreckt wurde. Der Sketch wäre mir wichtig gewesen, weil er neben der
Aktualität etwas über polizeiliche Selbstherrlichkeit, über Zivilcourage
und nachbarschaftliche Verhaltensweisen aussagt.
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Ein weiterer Sketch sollte
einen fiktiven Prüfbericht der
Stiftung Warentest zu Tests mit 5 Dildos thematisieren. Das wäre eine
absolute Herausforderung für die Akteure und ein Spiel mit
verklemmten Befindlichkeiten konservativen Bürgertums geworden. Schade!
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Ein anderer Sketch
ging auf die Probleme ein, warum Maintal nicht zusammen- wachsen kann und
gab satirisch einen Einblick in die Denke
von Consultern, wie sie von der Stadt Maintal immer wieder eingesetzt
werden. Die Umsetzung des Sketches scheiterte leider an der optimalen Besetzung, die einer Gruppendynamik folgend
personell mehrheitlich nicht gewünscht war. Auf der Strecke blieb
damit natürlich auch dieser Sketch.
Das
bestärkt mich in der Annahme, wesentlich experimenteller und mutiger veranlagt
zu sein, als die Gruppe es inzwischen zulässt und dass persönliche
Dissonanzen zwischen Mitgliedern des Ensembles fahrlässig zu
Substanzverlust im Programm führen. Mich stimmt das bis zu einem
gewissen Grad traurig, denn das für das Publikum Ungewöhnliche und eine
zum kritischen Nachdenken anreizende Inszenierung halte ich für ein
wichtiges Element investigativen Kabaretts.
Im 8. Jahr haben wir
offensichtlich Grenzen erreicht, die Teile des Ensembles nicht mehr überschreiten wollen. Es gelingt
mir nun nicht mehr, der Mehrheit den Sinn, die angestrebte Wirkung meiner Texte und den Kern meiner Gedanken
zu
vermitteln. Die Gruppe schwenkt stärker auf die vermeintlichen Befindlichkeiten des Publikums
ein. Das befriedigt mich natürlich ganz und gar nicht. Den Höhepunkt
des lokalen Kabaretts konservieren zu wollen, ist einfach zu kurz gedacht.
Der
Schnitt wäre an dieser Stelle für mich jetzt ohnehin die Konsequenz gewesen,
wenn mein Entschluss nicht bereits festgestanden hätte.
Die
Veranstaltungen dieses Jahres werde ich noch einmal genießen und
hoffentlich viel Emotionen herüberbringen, damit die Publikumsnähe noch
spürbarer wird. Dazu sind die Rollen bestens geeignet. Die letzte
Veranstaltung wird mich jedoch mit Wehmut erfüllen, dessen bin ich
sicher. Hier überwiegt aber das Empfinden, in Zukunft stressfreier leben
zu können.
Mit
was wird sich das entstehende Vakuum füllen?
Die Maintaler Seniorenzeitung
und meine satirische Homepage werden die
letzten noch verbleibenden geistig-schöpferischen Aktivitäten bleiben,
denen
ich mich weiterhin voll und ganz widme. Alle meine Vereins-Aktivitäten
werde ich ab 2013 endgültig einstellen.
Während
der Auflösung des Haushalts meiner Eltern dachte ich über meinen eigenen
Hausstand nach und kam zu der Erkenntnis, diesen innerhalb das nächsten
Jahres deutlich reduzieren zu müssen. Auch müssen einige Dinge
wesentlich schlanker organisiert werden. Das wird mich voll und ganz
fordern. Es sind zudem eine Menge Dinge zu regeln, die man in meinem Alter
bereits geregelt haben sollte. Letztendlich werde ich mit meiner Frau nach deren
Genesung endlich wieder häufiger reisen.
Dazu
müssen meine restlichen Verpflichtungen überschaubarer werden und
dürfen mich zeitlich nur bis zu einem gewissen Grad einengen. Mein recht
großer Garten soll erhalten bleiben, weil ich ihn für meinen Ausgleich
und die Fitness brauche. Meine Entschlüsse fasse
ich in dem Bewusstsein, bereits mehr als genug für meinen Verein getan zu haben. Es ist jetzt einfach mal genug!
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