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Impressum

 

NEUES VOM KETZER

Tagebuch einer satirischen Kritik


Es gibt interessante Augenblicke im Leben, die muss man einfach festhalten, denn hinterher wird so viel hineininterpretiert, dass man nur noch den Kopf schütteln kann. Mit dieser kommentierten Dokumentation möchte ich lediglich die Eskalation verdeutlichen, die bei bestimmten Themen eintreten kann, wenn man arglos ein Tabuthema anspricht.

 

In diesem Fall ging es um einen Ökumenischen Segen, der in einem Konsumtempel verabreicht wurde. Was ich deswegen initiierte, sollte weder religiöse Gefühle verletzen noch eine massive Kritik am Glauben sein. Es richtete sich allein gegen die Verknüpfung von Kommerz und Kirche in einer Zeit, in der fast alles hemmungslos für Werbewecke instrumentalisiert wird. Ich möchte mit dieser Website kein weiteres Öl ins Feuer gießen und auch nicht einseitig nachkarten. Sie ist eine Möglichkeit für Interessierte, sich zu informieren.

 

Für etliche Maintaler Bürger bin ich jetzt eine Unperson. Damit kann ich ganz gut leben, denn Menschen, die mich wirklich kennen, wissen um meine Art und meine Beweggründe. Momentan sprechen die Reaktionen für sich und man muss die Meinung der Geistlichen strikt von der niederer christlicher Heerscharen trennen, die sich momentan echauffieren. Sie wollen etwas verteidigen, was überhaupt nicht angegriffen wurde. 

Sie zu überzeugen, ist fast unmöglich, sie werden es nicht verstehen.


 

Donnerstag, 1. Oktober 2009

 

 

Der Maintal TAGESANZEIGER berichtet zeitgleich über ein Musical, das Kinder unter Anleitung des Evangelischen Gemeindepfarrers aufführten und die Segnung eines tegut-Einkaufsmarktes in Maintal-Dörnigheim. Die Einweihung des Einkaufstempels war in großer PR-Aufmachung geplant und wurde auch so durchgeführt. Die neben stehende Collage erweckte den Eindruck, dass Glaube und Kommerz werbetechnisch verknüpft war.

 

Mir persönlich erschien die Botschaft, dass Jesus die Händler aus dem Tempel verjagte und nun Priester den Konsumtempel segnen, nicht ohne Ironie. Eine weitere Begebenheit aus früheren Jahren kam hinzu, denn ich erinnerte mich an die Segnung von Waffen während meiner Bundeswehrzeit, die auch in den beiden Weltkriegen bereits üblich war. Diese Bandbreite der Segnungen bis hin zum Kommerz war mir persönlich zu viel.

 

Bekanntermaßen bin ich kabarettistisch tätig und schreibe darüber hinaus Satiren, die einem großen Personenkreis bekannt sind. Was lag da näher, als einen satirischen Leserbrief mit provokanten Fragen zu schreiben, damit Mitmenschen wieder einmal nachdenken, wenn sie derartiges erleben. Eine Segnung ist schließlich kein attraktives PR-Event.

Ich konnte nicht ahnen, was ich mit meinem Leserbrief auslöste und wie viele Gläubige und Scheingläubige an der Diskussion teilnehmen.

 

 

Freitag, 2. Oktober 2009

 

Der Leserbrief ist in der Tageszeitung und in den Gemeinden beginnt es zu brodeln. Mich erreichen erste Anrufe und E-Mails, wobei man allerdings noch mehr darüber aufgebracht war, dass unser Bürgermeister sich in die Werbeaktion hat einspannen lassen. Die Geschäftsleitung des Marktes ziehe mit dem Einladen von Politikern und Vereinsvertreter und offensichtlich auch Vertretern der Kirchengemeinden alle PR-Register. Dabei waren aber auch erste Stimmen, die meinten, mein Leserbrief würde zu Ärger führen.

 

 

 

Montag, 5. und Dienstag, 6. Oktober 2009

 

Die beiden sich betroffenen gebenden Pfarrer beantworten im Grund genommen alle im Leserbrief gestellten Fragen und bewerteten sie kritisch aber standesgemäß höflich-verbindlich. Obwohl die satirisch aufgemachte Kritik in erster Linie gar nicht der Kirche sondern dem Kommerz galt, fühlten sich viele Kirchgänger und kirchlich organisierte Gruppen angegriffen und in ihrem Glauben verletzt. Bedauerlicherweise war die eher ironisch gemeinte Formulierung "geweiht" in dieser kirchlich außerordentlich beschlagenen Lesergruppe besonders aufgestoßen, weil die Kirche zwischen "Weihen" und "Segnen" strikt unterscheidet.

 

Diesen christlichen Hilfstruppen der Gemeinden stand ich dann am Montag während der Frauenbeiratssitzung gegenüber, die ich als Gast besucht hatte, weil genau diese Frauen kürzlich meine Satiren in der Seniorenzeitung unberechtigter Weise als extrem frauenfeindlich gebrandmarkt hatten. Beide Themen zusammengenommen führten zu einer sehr ablehnenden Haltung und einer fruchtlosen Diskussion, die beiden Themen nicht gerecht wurde. Erneut musste ich erkennen, dass viele Menschen beim Lesen nur das verstehen, was sie verstehen wollen.

 

 

Am Dienstag erscheinen zwei Leserbriefe, die zwar auch kritisch mit der Segnung umgingen, aber zumindest in einem Fall auch Öl ins Feuer gossen, um eigene Süppchen zu kochen.

 

 

Mittwoch, 7. Oktober 2009

 

Pfarrer im Ruhestand Hans-Joachim Uhde nahm das Thema noch einmal auseinander und ich hatte den Verdacht, dass er glaubte, es mit einem Atheisten oder Andersgläubigen zu tun zu haben. Im Grund genommen reagierte er nur auf Stimmungen in der Gemeinde und er wusste genau, was mit meinem Leserbrief gemeint war. Ich empfand das so, als gäbe man Affen Zucker, damit sie sich wieder beruhigen. Ein wirklich cleverer Theologe kennt ganz andere Diskussionen und Ansatzpunkte der Kritik als normale Gemeindemitglieder. Diese üben sich jedoch auch gern mal in der vermeintlichen Rettung des christlichen Abendlandes.

 

 

 

Donnerstag, 8. Oktober 2009

 

Nachdem ich erkannt hatte, dass der in meinem Leserbrief verwendete Ansatz für normale Gläubige zu intellektuell war und die Geistlichen neben ihrer sachlichen Aufklärung gar nicht auf den Tenor meines Leserbriefs eingegangen waren, hielt ich es für ratsam, die eifrigen Gläubigen zu besänftigen und ihnen mitzuteilen, dass sie Opfer einer Irritation waren. Auch wenn das jetzt nicht so aussieht, ich bedauere zutiefst, diese Menschen verletzt zu haben - wenn es sich nicht gerade um Scheinheilige gehandelt hatte. Ein  Solcher rief mich nämlich am gleichen Tag an und missbilligte meinen Leserbrief scharf, obwohl er selbst in früheren Zeiten nicht immer nach den 10 Geboten lebte. Solcherlei Kritik prallt dann doch an mir ab.

 

Den Vogel schoss FDP-Politikerin und ehrenamtliche Stadträtin Christa Hoppe in den nächsten Leserbriefen ab, die sich in die Formulierung verstieg, "Die Toleranz der Eigentümer geht sogar so weit, dass dort Menschen mit anderer Religionszugehörigkeit Arbeit gefunden haben..." Hier haben aber die Geistlichen und die eigene Partei noch viel Arbeit, wenn sie sich integrativ betätigen wollen. Wenn es jetzt schon von der christlichen Gnade abhängt, ob man als Andersgläubiger Arbeit bekommt und dass man als Nichtchrist dort einkaufen darf, dann ist das bedenklich.

 

Man könnte ja noch eins draufsetzen, weil der Besitzer des Marktes angeblich nur den katholischen Pfarrer angesprochen haben soll, der jedoch sofort seinen evangelischen Kollegen mit ins Boot nahm. Möglicherweise war diese Konzession gegenüber dem Auftraggeber bereits so grenzwertig, dass man jetzt nicht noch andere Konfessionen einbinden konnte. Die Pfarrer umschrieben ihren alle Glaubensrichtungen umfassenden Segen dann auch in den Leserbriefen wie eine Entschuldigung. So kann man es jedenfalls lesen.

 

 

 

Freitag, 9. Oktober 2009

 

So langsam haben alle Retter des christlichen Abendlands  ausgeschlafen. Nun werden auch noch ominöse "christliche Kernaussagen" in die Diskussion geworfen. Auch dieser Leser erkannte nicht, worum es eigentlich ging. Toleranz hat in dieser Diskussion nichts verloren, weil es die in der Religion nicht gibt. Das beweisen hohe Kirchenfürsten bis hin zum Pabst immer wieder.

 

Heute traf ich Pfarrer i.R. Hans-Joachim Uhde im tegut-Markt und wir führten ein freundliches und anregendes Gespräch. Die Irritation hinsichtlich der Segnung von Waffen war schnell beseitigt, denn die Tatsache ist ja nicht zu leugnen. Auch wurde klar, dass die Geistlichen sehr wohl den Ansatz meiner Kritik verstanden hatten. In völliger Unschuld hat man offensichtlich die Segnung vorgenommen, obwohl der PR-Rummel schon sehr deutlich war. Allerdings war Herr Uhde zur Segnung nicht anwesend gewesen. Herr Uhde zeigte sich erstaunt und erfreut darüber, dass in den Gemeinden doch noch lebhaft über Glaubensfragen diskutiert werde. Da hatte ja mein Leserbrief sogar noch etwas Gutes!

 

 

 

Samstag, 10. Oktober 2009

 

Das Thema ist immer noch nicht gegessen. Aus dem ersten Leserbrief des Tages spricht die warme Kuschelwelt, aus der heraus die böse Welt beobachtet wird und die Redaktion des Maintal TAGEANZEIGER wählte den richtigen Satz für die Überschrift. Wie lange braucht in einer Gemeinde eigentlich ein Leserbrief, bis er auch beim allerletzten Verteidiger des christlichen Abendlandes angekommen ist? Frau Rauch brauchte für ihren Leserbrief eine ganze Woche, um dann in der Kernaussage eine Werbung für den Einkaufsmarkt zu machen.

 

Der letzte direkt an mich gerichtete Absatz hat mich so richtig erheitert, denn ofensichtlich hat nach Ansicht Frau Rauch erst der Segen das Lächeln auf die Gesichter der Bediensteten gezaubert und ihre Freundlichkeit bewirkt. Als ich im tegut-Makt war, waren zwei Kassiererinnen und die in der Schlange stehenden Kunden äußerst genervt, weil die Kassen nicht richtig funktionierten. Womöglich bin ich jetzt daran schuld, weil ich den Segen nachträglich gestört habe. Wenn Frau Rauch kommt, ist das hoffentlich behoben - wegen ihres Weltbildes, meine ich.

 

 

Ganz anders motiviert ist der Leserbrief von Frau Loeki Häger-Hogerland. Sie steht zu ihrer Meinung und zeigt ebenfalls auf, was kritikwürdig ist. Besonders interessant ist die Frage, was denn nun eigentlich so heftige Gemütsausbrüche auslöst und die These, dass offensichtlich jede Religion ihren eigenen Gott hat. So falsch liegt sie gar nicht, wenn sie meint, dass jede Religion ihr eigenes Süppchen kocht.

 

Gott, der Erlöser und die Kirche(n)

 

Es ist doch interessant, dass im Grund genommen alle Menschen an Gott glauben, den Erlöser je nach Religion anders nennen, die Kirchen aber in jedem Kulturkreis das Bindeglied zwischen den Herrschenden und den Menschen sind, die in ihrem Kulturkreis leben. Sie erfüllen einen wichtigen Zweck und benötigen dazu den Glauben. Der Glaube an eine höhere Gerechtigkeit, an Barmherzigkeit, aber auch an Strafe bis hin zum Fegefeuer sollen die Triebe der Menschen im Zaum halten, damit die Ordnung aufrecht erhalten werden kann und ein Volk beherrschbar ist.

 

So haben die Päbste des Mittelalters sehr eng mit den Mächtigen Hand in Hand gearbeitet und dabei auch gemeinsam große Schätze angehäuft. Mit diesem Vermögen entstand die Größe und der Prunk der Gotteshäuser, der Klöster und der kirchlichen Residenzen, die das einfache Volk so ehrfürchtig hinauf blicken lassen. Als sich die katholische Kirche in mehrere Richtungen spaltete, führten die Kirchen gegen die kritischen Gläubigen des gleichen Gottes einen erbitterten Kampf, bei dem es nicht nur um religiöse Fragen ging. Es ging um Macht und Einfluss. Viele  Kriege, die Frau Häger-Hogerland anspricht, wurden im Namen der Kirche oder zur Rettung des christlichen Abendlandes geführt und man segnete die Waffen, damit sie gegen die Andersgläubigen scharf genug waren.

 

Diesen Teil der Religionsgeschichte hat man kunstvoll übertüncht und der Kirchenarbeit heute eine andere Zielrichtung gegeben. Die Geschichte holt die Kirchen aber immer wieder ein. So auch in Momenten, in denen der Glaube von Kirchenvertretern bewusst oder unbewusst mit anderen Interessen verwoben wird. Dies ist bei der Segnung des tegut-Marktes nun mal geschehen, wenn auch nur in einem verhältnismäßig provinziellen Rahmen.

 

Was treibt nun all die Leserbriefschreiber um ,

die vor lauter Rechtfertigung und Anklage triefen?

 

Ist es wirklich der Glaube oder eher die Angst davor, ihr kuscheliges Weltbild, in dem sie sich so gemütlich eingerichtet haben, könnte Risse bekommen? Vielleicht ist es die Einstellung "es ist nicht, was nicht sein darf" oder auch nur ein Gefühl der Solidarität gegenüber ihren Geistlichen. Darauf deutet zumindest der Stolz hin, den sie empfinden, wenn sie ihren Glaubensgenossen und -genossinnen mit ihren Taten gegenüber treten und Andere zusätzlich ermutigen. Für viele ist die Gemeinde ein schützendes Nest, das natürlich gegen Angriffe verteidigt wird.

 

Ich halte es da mehr mit Herrn Pfarrer i.R. Uhde, der meint, es müsse in den Gemeinden öfter wieder kritisch diskutiert werden. Zumindest würde sich dadurch die Streitkultur verbessern und nicht nur bissige Rundumschläge produziert werden.

 

 

Montag, 12. Oktober 2009

 

Die Aufregung legt sich langsam - zumindest in der Zeitung. Dafür erreichen mich nach wie vor Reaktionen vorwiegend aus Reihen der katholischen Kirche. Sie zeigen mir, dass meine Aktion von vielen Kirchgängern nicht verstanden wurde. Einige, die sich fragten, warum ich mich derart äußerte, meinten, ich sei Kommunist. Auch wenn ich kein Kommunist bin, so kann ich in einigen Grundthesen des Kommunismus durchaus starke christliche Werte erkennen und Jesus wäre möglicherweise dieser Weltanschauung (nicht der Politik) sehr nahe gewesen.

 

Interessant war, dass in der katholischen Kirche in Maintal die Frage diskutiert wird, ob der Pfarrer im tegut-Markt das weiße, prächtig geschmückte Gewandt hätte tragen dürfen, das anscheinend nur Gottesdiensten vorbehalten ist. Auch das Benutzen eines bestimmten Kreuzes, das er zu diesem Zweck aufstellte, scheint umstritten zu sein. Vielleicht war ja das Bedürfnis der guten Selbstdarstellung im gewaltigen inszenierten PR-Rummel übermächtig.

 

Kirche und Kommerz sind in anderen Ländern inzwischen längst gängige Praxis. In Manila auf den Philippinen finden Gottesdienste zum Beispiel mitten in einem Einkaufszentrum statt. Das spaltet die Gläubigen, denn viele finden die Intention des verantwortlichen Geistlichen sehr  grenzwertig. Die Tempelgeschichte spielt hier eine große Rolle. Vielleicht erleben wir nach der Premiere im Maintaler Konsumtempel demnächst auch ähnliche Events, denn es gäbe da durchaus einige Möglichkeiten, kirchliche Ereignisse an einen derartigen Ort inmitten einer so reichhaltigen Obst- und Gemüsekulisse zu verlegen.

 

Das Thema wird auch sehr rege an Stammtischen und in Gremien diskutiert, die von Politikern besucht werden. Die stellen fest, wie kritisch religiöse Themen sind und machen deshalb einen großen Bogen darum. Man trägt zum Zweck der Irreführung vieler Wähler ein "C" im Parteinamen und will es sich mit dieser Wählerschaft nicht verderben.

 

Mich persönlich ärgert, dass mein Leserbrief zu mehr indirekter Werbung für den tegut-Markt führte, als er ohne dieses Thema je bekommen hätte. Hier muss man aber klar sehen, dass nicht mein Leserbrief ursächlich ist, sondern die Verknüpfung von Kirche und Kommerz. So gesehen hat diese Kombination dem Besitzer des Marktes genutzt.

 

 Wenn Satiren nicht als solche gekennzeichnet sind...

 

Nachdem sich die Gemüter offensichtlich wieder beruhigt haben, versuche ich, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Seit vielen Jahren schreibe ich Satiren und Texte für das Kabarett und die dabei übliche Art der Aufbereitung kritischer Themen ist sogar Teil meines Sprechens geworden. Wer mich kennt, erkennt inzwischen genau, wenn es bei mir satirisch oder latent kabarettistisch wird. Das Problem ist, dass mich viele Menschen nicht kennen und auch mit dem Umgang derartiger Kommunikationsmöglichkeiten nicht vertraut sind. So entsteht eine Entrüstung, die völlig am Thema vorbeigeht und oft sogar in Feindseligkeit mündet.

 

Woran erkennt man Satiren?

 

Für Satiren gibt es keine Spielregeln und Formen. Die Art der Verpackung von Satiren ist bereits Teil der Satire, denn jede Zielgruppe erreicht man auf anderen Wegen. So kann eine fingierte Anzeige, ein ganz normaler Zeitungsartikel mit provozierender Schlagzeile, ein Lied, ein Gedicht, ein Leserbrief oder jede andere denkbare Verpackung ein Thema an die richtige Zielgruppe herantragen. Es ist dem Leser oder Zuhörer überlassen, ob und wann er "den Braten riecht". Ab diesem Moment entfaltet sich erst die positive Wirkung einer Satire.

 

Weniger geübte Leser oder Zuhörer sollten sofort eine Satire vermuten, wenn bereits die ersten Worte zu Erregungen führen. Jede darauf folgende Überzeichnung zielt nämlich darauf ab, die Satire endlich zu erkennen, damit der Denkprozess bezüglich des Hintergrundes  einsetzt. Dazu ist eine Grunderregung erforderlich, die mit der Satire erzeugt wird. Leider setzt dieser Prozess bei vielen Menschen nicht ein, der Text wird absolut wörtlich genommen und mit offener Empörung quittiert. Genau das ist mit der "Maintaler Segnungs-Satire" geschehen.

 

Satiren, Kabarett, Comedy

 

Wer Satiren versteht und sie grundsätzlich mag, ist auch ein Freund des Kabaretts. Dort werden nämlich Satiren zu Programmen verkettet. Das erklärt auch, warum Kabarett-Besucher permanent gefordert sind. In jedem Thema ist eine Botschaft zu finden und mit der eigenen Einstellung abzugleichen. Erst dann wird daraus Genuss oder manchmal auch eine Lektion.

 

Die Kabarettisten mischen ihre Programme mit humoristischen Sketchen oder Szenen, damit nach anspruchsvollen Programmpunkten eine Entspannung eintritt, die für die nächste Satire erforderlich ist. Das Wechselbad der Themen und Empfindungen macht letztendlich die Qualität eines Kabarett-Programms aus. Überwiegt der locker-unterhaltsame Teil solcher Programme, so spricht man von Comedy.

 

Wie kann man Satire- und Kabarettmuffeln erkennen und schützen?

 

Die einfachst Art wäre, Texte als Satiren zu kennzeichnen und vor ihrer Wirkung zu warnen. Das käme allerdings einer liebevollen Behütungsabsicht gleich. Es wäre so, als würde man einen Witz erklären, ehe man ihn erzählt. Ich empfehle, im direkten Kontakt mit Zielpersonen diesen in die Augen zu schauen. Inzwischen erkenne ich Satire- und Kabarettmuffel bereits am Blick. Dabei sind die Signale recht verschieden. Kritikrestente Emanzen und demonstrativ Religiöse senden andere Signale aus als engstirnige Hobbypolitiker oder Multikulti-Fanatiker. Dazu gehört etwas Übung und eine gelegentliche Diskussion. Hierbei entscheidet sich dann, wie hoffnungslos der jeweilige Fall ist.

 

Absolut machtlos ist man gegen Menschen, die stark gepolt sind und aus Satiren einen Skandal machen. Manches Kabarettprogramm wurde schon infolge einstweiliger Verfügungen vorübergehend verboten und die Interpreten der Stücke persönlich angegriffen.

 

Eigentlich spielt sich das Empörende nicht in den Köpfen ab, sondern im wahren Leben.

Das will mancher allerdings nicht wahrhaben.